Wiener Volks-Symphonie-Orchester-Verein
Ehemaliger Wiener
Orchesterverein. Zur Mitte des Jahres 1901 erschienen die ersten Zeitungsinserate, die von der geplanten „Gründung eines Wiener Symphonie-Orchesters, das volksthümliche Concerte, darunter auch für Schüler“ berichteten. Das neue Orchester sollte auch „Pflegstätte von Werken […] jüngerer Componisten sein“. Als erste Proponenten warben die Musikalienhändler Alois Lerche, Hans Burzer und Adolph Tandler sowie der Musikinstrumentenerzeuger Karl Richter und
W. Argauer um interessierte Mitglieder. Im September 1901 war ein Beitrittsaufruf u. a. von W. Argauer,
H. Bahr,
I. Brüll, Max Burkhardt,
R. Fuchs,
A. Girardi,
A. Grünfeld,
Th. Leschetitzky,
M. v. Lilienau unterzeichnet. Die Gründungsversammlung fand schließlich am 14.2.1902 in Gillys Restauration in Wien IX statt. Präsident wurde Julius von Bukovics, 1. Vizepräsident Max Bobies (ehemaliger Vorstand des
Wiener Schubertbundes), 2. Vizepräsident Josef Hartmann und Vereinsdirigent W. Argauer. Der Verein, dessen Sitz sich in der Berggasse 5 (Wien IX) befand, unterschied drei Arten von Mitgliedern: Stifter (erhielten zwei Freikarten pro Konzert), Gründer (eine Freikarte pro Konzert), ordentliche Mitglieder. Als Stifter fungierten Heinrich Obersteiner, Albert v. Rothschild und Philipp v. Schoeller, als Gründer M. Burkhardt, Alexander Fischl, Max v. Guttmann, Hermann v. Königswarter, J. J. Russo und Carl Angerer. „Normale“ Mitglieder waren u. a. H. Bahr,
L. Bösendorfer, I. Brüll,
F. Ehrbar,
J. Epstein, R. Fuchs, A. Girardi, A. Grünfeld, Th. Leschetitzky, M. v. Lilienau,
H. Reinhold,
A. Rückauf,
E. Schütt, Bertha v. Wilczek. Ende 1903 übernahm Mysa Gräfin Wydenbruck-Esterházy das Protektorat über den Verein, der zu diesem Zeitpunkt drei Stifter, sechs Gründer, zwei Ehrenmitglieder und 125 ordentliche Mitglieder zählte.
Folgende Vereinskonzerte sind nachweisbar: 25.10.1902 (1.) in Zögernitz’ Casino in Wien XIX unter Mitwirkung des Violinsolisten Alfred Schotter mit Werken von Georges Bizet, Max Bruch, J. Haydn, Joh. Strauss (Sohn), C. M. Ziehrer; 3.12.1902 (2.) in Fischbachs Saal in Wien XVIII mit Werken von L. v. Beethoven, R. Fuchs, W. A. Mozart, Fr. Schubert; 8.1.1903 (3.) im Hotel „Bayerischer Hof“ in Wien II mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy, Edvard Grieg, L. v. Beethoven, F. v. Suppè, Joh. Strauss (Sohn); 7.3.1903 (außerordentlich) im Deutschen Volkstheater unter Mitwirkung der Schauspielerin Mitzi Schuster und der Pianistin Bertha Jahn mit Werken von J. Haydn, Jean-Philippe Rameau, Stephen Heller, Th. Leschetizky, E. Grieg, Fr. Schubert; 12.3.1903 (4.) in Kells Saal in Wien IX unter Mitwirkung der Pianistin Josefine Wareka mit Werken von W. A. Mozart, Fr. Schubert, F. Liszt, W. Argauer, J. Haydn. Die zeitgenössischen Kritiken der Konzerte waren eher verhalten, bemängelt wurden u. a. der hohe Altersschnitt der Orchestermusiker und Argauers mangelhaftes Dirigat. 1903 hielt eine Kritik fest, dass sich das Orchester „sehr brav“ hielt, aber „an seine Leistungen lange nicht der Maßstab des Concertvereinsorchesters angelegt werden darf“ (Wiener Symphoniker). Mit dem Tod von W. Argauer im Februar 1904 dürfte die Vereinstätigkeit eingestellt worden sein. Über die Ende 1905 in einem Zeitungsartikel erwähnte, angeblich beabsichtigte Gründung eines neuen Volks-Symphonie-Orchesters in Wien unter dem Dirigat von H. M. Wallner liegen bislang keine weiteren Nachrichten vor.
Wr. V.-S.-O.-V unter dem Protektorate der hochgeborenen Frau Gräfin Mysa Wydenbruck-EsterházyWiener Volks-Symphonie-Orchester-Verein unter dem Protektorate der hochgeborenen Frau Gräfin Mysa Wydenbruck-Esterházy. Wien o. O. [1903]. [1903]; Neues Wr. Tagbl. 21.6.1901, 6, 11.3.1903, 9; NFP 4.7.1901, 7, 19.1.1902, 7, 20.1.1903, 8; Neues Wr. Journal 8.9.1901, 10, 8.3.1903, 6f; Arbeiter-Ztg. 8.2.1902, 6; Ostdt. Rundschau 22.2.1902, 7, 2.12.1902, 5; Illustrirtes Wr. Extrabl. 26.2.1902, 8; Dt. Volksbl. 2.3.1902, 24. 23.10.1902, 10, 8.1.1903, 10, 30.1.1903, 14; Die Lyra 1.6.1902, 211, 1.11.1902, 34; Extrapost 13.10.1902, 5f, 10.11.1902, 5; Reichspost 28.10.1902, 10, 21.1.1903, 10, 5.3.1903, 8, 7.3.1903, 9; Wr. Ztg. 27.2.1903, 5, 4.12.1903, 5; Badener Ztg. 4.11.1905, 4.
14.10.2021
Christian Fastl,
Art. „Wiener Volks-Symphonie-Orchester-Verein“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
14.10.2021, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x003ceb45
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