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Beethoven, Beethoven, true Ludwig van
* 1770-12-1616.12. (?, get. 17.12.) 1770 Bonn/D, † 1827-03-2626.3.1827 Wien. Komponist. Der Großvater B.s war der aus dem flämischen Mecheln stammende Bonner Hofkapellmeister Ludwig v. B. (1712–73), Vater der Tenorist der Bonner Hofkapelle Johann v. B. (1739/40–92), der B. früh Unterricht in Klavier, Violine und Orgel erteilt. Am 28.3.1778 tritt B. (in Köln/D) zum ersten Mal als Pianist auf, ab Juni 1782 ist er zeitweise (unbesoldeter) Vertreter des Organisten Christian Gottlob Neefe (der wohl 1780 sein Lehrer wurde), 1783 besoldeter Hofmusiker, 1784 2. Hoforganist (daneben wirkt er auch als Cembalist und Bratschist) des nun (1784–94) regierenden Kurfürsten Maximilian Franz, des jüngsten Sohnes von Kaiserin Maria Theresia. Im selben Jahr wird der dem Trunke zuneigende Vater vom Dienst suspendiert, wodurch B. nach und nach zum Oberhaupt der Familie aufsteigt (Mutter Maria Magdalena, geb. Kevenich, die jüngeren Brüder Kaspar Karl und Nikolaus Johann; vier weitere Geschwister sterben im Kindesalter). Durch Neefe v. a. zur Vokal- und Klavierkomposition angeleitet, erhält er durch diesen auch Anregungen auf den Gebieten „musikalische Rhetorik“, Literatur und Philosophie sowie zu aufklärerischem und philosophischem Ideengut; Neefe macht ihn zudem mit den Werken J. S. und C. Ph. E. Bachs bekannt. Wichtig für B.s Bildung wird auch die Familie (von) Breuning, deren Sohn Stephan 1801 nach Wien übersiedelt und B. ein treuer Freund ist. Zur Drucklegung erster Kompositionen B.s verhilft Neefe: Klaviervariationen, die drei Kurfürstensonaten (1782/83) sowie drei Klavierquartette (1785).

Im Frühjahr 1787 unternimmt B. eine erste Studienreise nach Wien, trifft hier auch mit W. A. Mozart zusammen, muss aber wegen einer schweren Erkrankung der Mutter (die im Juli stirbt) vorzeitig heimreisen. 1789 wird B. offiziell Vormund seiner Brüder, im selben Jahr immatrikuliert er an der (1785 gegründeten) Bonner Univ.; während dieser Zeit nimmt er insbesondere aufklärerische und revolutionäre Gedanken auf und begrüßt die Französische Revolution überschwänglich. Im November 1792 folgt er dem Rat des durch Bonn reisenden J. Haydn und tritt seine 2. Reise nach Wien an, wo er (lt. der damaligen Stammbuch-Eintragung Ferdinand Graf Waldsteins) Mozart’s Geist aus Haydens Händen zu erhalten trachtet und schließlich seinen ständigen Aufenthalt nimmt; bald folgen ihm seine beiden Brüder nach. In Wien erhält B. nun Kompositionsunterricht durch Größen des hiesigen Musiklebens: J. Haydn, J. Schenk, J. G. Albrechtsberger und A. Salieri werden seine Lehrer, weitere Anregungen erhält er durch E. A. Förster, Domenico Dragonetti und Jan Václav Stich, Vater I. Schuppanzigh gibt ihm Violin-Unterricht. Bald erringt B. Erfolge als virtuoser Pianist sowie als das Publikum rührender (und bisweilen gar zu „lautem Schluchzen“ mitreißender) Improvisator, doch auch als Komponist macht er von sich reden; namhafte Verlage drucken seine Werke, als erstes mit 29.3.1795 die Klaviertrios op. 1. Klavierstunden ergänzen sein Tätigkeitsfeld. Im Februar 1796 führt ihn eine Konzertreise nach Prag, Dresden/D, Leipzig/D und Berlin, wo er mit dem preußischen König zusammentrifft, im November konzertiert er in Pressburg.

Am 2.4.1800 gibt B. in Wien mit großem Erfolg seine erste Akademie „zu seinem Vortheile“, in der er sowohl phantasiert als auch (neben Werken von Mozart und Haydn) Septett, 1. Klavierkonzert und 1. Symphonie aus seiner Feder zu Gehör bringt. Die 1. Symphonie von 1799/1800, ein auch rein musikalisch überaus kühnes Werk, stellt eine Verherrlichung der Französischen Revolution dar und arbeitet mit deutlichen Anklängen an Revolutionshymnen. Am 28.3.1801 gelangt sein Ballett Die Geschöpfe des Prometheus zur umjubelten Aufführung. Die 3. Symphonie von 1802/03, die Eroica (erste öffentliche Aufführung 7.4.1805), wird dann mit ihrer Prometheus-Thematik vollends zur „Napoleon“-Symphonie werden, im 4. Satz aber ein Loblied auf Demokratie und Humanismus singen; ihre Widmung gilt schließlich (wahrscheinlich) dem im Kampf gegen Napoleon gefallenen Prinz Louis Ferdinand von Preußen.

Ein beginnendes Gehörleiden lassen B. in jenen Jahren Selbstmordgedanken hegen. Im Oktober 1802 verfasst er sein Heiligenstädter Testament, doch reißt er sich schließlich durch seinen Arbeitswillen aus der Krise. Eine weitere Akademie (5.4.1803) mit dem Oratorium Christus am Ölberge, dem 3. Klavierkonzert und der 2. Symphonie führt zu einem wahren Triumph, dennoch erwägt B. eine Übersiedlung nach Paris; hier reizen ihn v. a. die Aussichten auf einen „Staatsverlag“ sowie auf ein Urheberrecht und auf soziale Absicherung. Der Plan zerschlägt sich, dafür erntet B. in Wien mit Subskriptionskonzerten (bei denen u. a. die 4. Symphonie erklingt) und schließlich am 22.12.1808 mit einer erneuten Akademie (bei der die 5. und 6. Symphonie, das 4. Klavierkonzert, die Chorfantasie und Teile der C-Dur-Messe erklingen) enorme Jubelstürme (nach dieser Akademie zieht sich B. als Pianist immer mehr zurück). Als nun Jérôme, Napoleons als König von Westfalen eingesetzter Bruder, B. nach Kassel verpflichten will, wird die Wiener Aristokratie (Adel) aktiv: Mit 1.3.1809 schließen Erzhzg. Rudolph, Fürst Lobkowitz und Fürst Kinsky einen Vertrag mit dem Komponisten, der ihm jährlich 4.000 fl zusichert, um ganz seinem Schaffen leben zu können. Obwohl B. bald immer wieder um die Auszahlung der Gelder kämpfen muss, lässt ihn die finanzielle Sicherstellung endgültig alle Abwanderungspläne zur Seite legen und seinen dauernden Wohnsitz in Wien nehmen.

Privates Glück bleibt B. jedoch versagt, nicht zuletzt, weil er sich in erster Linie um adelige Mädchen bzw. Frauen bemüht (selbst aber kein Adeliger ist). 1801 bemüht er sich um G. v. Guicciardi (ihr widmet er die tieftragische Mondscheinsonate, deren Titel nicht von B. stammt und den Charakter des Werkes total verzeichnet), 1804 um Th. Brunsvick, 1810 macht er Th. Malfatti einen Heiratsantrag, dann wird Bettina von Brentano zur Seelenfreundin, und schließlich verliebt er sich offensichtlich in A. Brentano, die Frau seines Freundes Franz; sie scheint nach neuestem Forschungsstand die legendäre „Unsterbliche Geliebte“ zu sein, der B. im Juni 1812 drei tief empfundene Briefe schreibt, die er nie absendet. – Knapp danach, im Juli 1812, kommt es in Karlsbad zu einigen Begegnungen mit Johann Wolfgang von Goethe. Zur großen gegenseitigen (künstlerischen) Achtung tritt aber bald der weltanschauliche Gegensatz zwischen dem „bürgerlichen“ B., der vor der kaiserlichen Familie den Hut nicht zu ziehen gewillt ist, und Goethe, dem lt. B.„die Hofluft zu sehr behagt“.

Am 8.12.1813 und 27.2.1814 folgen zwei weitere Triumphe, wobei v. a. die Schlachtensymphonie Wellingtons Sieg, aber auch die 7. und 8. Symphonie das Publikum begeistern. Und schließlich wird (im 3. Anlauf) auch noch die Oper Fidelio (3 Fassungen 1805, 1806 und 1814, die 2. als Leonore) zum großen Erfolg. Zum Wiener Kongress verfasst B. dann noch die Kantate Der glorreiche Augenblick, ehe seine „heroische“ Schöpfungs-Epoche endgültig endet. – Privat ergeben sich aber Probleme. Sein Bruder Kaspar Karl stirbt 1815, B. übernimmt die Vormundschaft über den Neffen Karl, prozessiert jahrelang gegen die seiner Meinung nach „unwürdige“ Schwägerin, gewinnt (1820) und will Karl zum „Künstler und Gelehrten“ erziehen. Dieser fühlt sich immer mehr erdrückt und unternimmt schließlich am 30.7.1826 einen Selbstmordversuch, nach welchem ihm B. eine Anstellung beim Militär verschafft.

Die familiären Probleme lösen 1816–18 eine Schaffenskrise aus, dann aber lässt B. diese mit der„in drangvollen Umständen geschriebenen“ Klaviersonate „für das Hammerklavier“ hinter sich und findet (trotz seiner endgültigen Ertaubung 1819, die die Führung von „Konversationsheften“ notwendig macht) zu einer Epoche großer Fruchtbarkeit; in ihr entstehen die späten Klaviersonaten, die Ouvertüre Die Weihe des Hauses zur Eröffnung des Theaters in der Josefstadt (3.10.1822), die Missa solemnis (UA am 6.4.1824 in St. Petersburg), die 9. Symphonie und die späten Streichquartette. Eine oft sogar über Satzgrenzen hinweg zielende motivische Einheit, eine latent gesangliche Lyrik der Themen, darüber hinaus eine deklamatorisch-rhetorisch empfundene „Sprachlichkeit“ (die nicht selten zu rezitativischen Führungen auch im rein instrumentalen Bereich findet) sowie eine Höhe des affektiven Ausdrucks, die sich nicht selten zu nahezu programmatischer Inhaltlichkeit verdichtet, sind die wichtigsten Stilelemente dieser Werke.

Die Neunte mit dem Schlusschor über Friedrich Schillers Ode an die Freude, die B. zunächst in London aus der Taufe heben will, erklingt nach einem eindringlichen Appell der Wiener Musiker doch in Wien und trägt dem Meister am 7.5.1824 (gemeinsam mit Teilen der Missa solemnis aufgeführt) einen beispiellosen Triumph ein. Doch ist dies B.s letzter großer öffentlicher Auftritt; die UA.en der späten Streichquartette durch das Quartett I. Schuppanzighs etwa finden in eher intimem Rahmen statt. B. wird zum Sonderling, wirkt ungepflegt und gibt in Gasthäusern politisch „gefährliche Äußerungen“ von sich. Für die Dinge des Alltags benötigt er einen Adlatus, den er v. a. in A. Schindler findet, der 1840 die erste B.-Biographie herausgeben wird. Eine 10. Symphonie wird geplant, doch im November 1826 erkrankt B., am 26.3.1827 stirbt er; sein Leichenzug am 29.3. versammelt 20.000 Menschen vor B.s letzter Wohnstätte, dem „Schwarzspanierhaus“. Vor dem Währinger Friedhof liest dann der Burgschauspieler H. Anschütz die von F. Grillparzer verfasste Grabrede.


Gedenkstätten
Ehrengrab Wr. Zentralfriedhof (s. Abb.); Gedenktafeln Wien I, Himmelpfortgasse 6 (s. Abb.), Wien VIII, Alser Straße 17 (s. Abb.) u. Baden bei Wien, Rathausgasse 10 (s. Abb.); L. v. B.gasse (Felixdorf/NÖ); B.straße (Graz, Linz, Perchtoldsdorf, Salzburg); B.gasse (Wien IX, Baden, Mauerbach/NÖ, Mödling, Stockerau/NÖ, Wiener Neustadt); Büste vor dem Grand Hotel Sauerhof in Baden; Marmor-Sitzfigur im Stefaniensaal/Graz; Bronzekopf vor dem Opernhaus Graz; Büste vor dem B.-Haus in Mödling.
Ehrungen
Ehrenmitglied des Steiermärkischen Musikvereines 1821.
Werke
u. a. Oper Fidelio; Oratorium Christus am Ölberge; 2 Messen (op. 86, Missa solemnis op. 123); Bühnenmusiken (Egmont op. 84, Die Ruinen von Athen op. 113, König Stephan op. 117), Kantaten (auf den Tod Josephs II. WoO 87, auf die Erhebung Leopolds II. zur Kaiserwürde WoO 88, Der glorreiche Augenblick op. 136); Konzertarien; mehrstimmige Gesangswerke, Kanons, Lieder mit Triobegleitung, Lieder mit Klavierbegleitung; 9 Symphonien (op. 21, 36, 55 Eroica, 60, 67, 68 Pastorale, 92, 93, 125), Wellingtons Sieg op. 91, Ballettmusik Die Geschöpfe des Prometheus op. 43, Ouvertüren; Tänze; Konzerte (Tripelkonzert op. 56, 6 Klavierkonzerte [WoO 4, op. 15, 19, 37, 58, 73], Violinkonzert op. 61); Klavierquintett op. 16, 3 Klavierquartette WoO 36, 10 Klaviertrios, 10 Sonaten für Kl. und V., 5 Sonaten für Vc. und Kl., Oktett op. 103, Septett op. 20, 2 Sextette (op. 71, 81b), 3 Streichquintette, 16 Streichquartette, 5 Streichtrios, Trios, Duos, Sonaten (32), Variationen, Tänze und Einzelsätze für Kl., Werke für Kl. zu vier Händen.
Schriften
10 Konversationshefte, hg. von K.-H. Köhler et al. 1968–1993; Briefwechsel 7 Bde. hg. von S. Brandenburg 1996ff.
Literatur
Kinsky-Halm 1955; F. Wegeler/F. Ries, Biographische Notizen über L. v. B. 1838; A. Schindler, Biographie von L. v. B. 1840, 31860; A. Wheelock-Thayer/H. Deiters/H. Riemann, L. v. B.s Leben 1–5 (1866–1908); A. Leitzmann, L. v. B. Berichte der Zeitgenossen, Briefe und persönliche Aufzeichnungen 1–2 (1921); BeethovenH 1–2 (1926); L. Finscher (Hg.), L. v. B. 1983; C. Dahlhaus, L. v. B. und seine Zeit 1987; St. Kunze (Hg.), L. v. B. Die Werke im Spiegel seiner Zeit 1987; A. Riethmüller et al. (Hg.), B. Interpretationen seiner Werke 1–2 (1994); W. Kinderman, B. 1995; M. Geck, L. v. B. 1996; M. Solomon, B. 21998; H. Krones, L. v. B. Sein Werk – sein Leben 1999; Schul- und Konzertbericht des Steiermärkischen Musikvereines in Graz für das Schuljahr 1913–1914, 1914.

Autor*innen
Hartmut Krones
Letzte inhaltliche Änderung
14.8.2023
Empfohlene Zitierweise
Hartmut Krones, Art. „Beethoven, Ludwig van“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.8.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f82e
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof© 2021 Hermann Zwanzger
© 2021 Hermann Zwanzger
Gedenktafel Himmelpfortgasse 6 (Wien I)© Hermann
				Zwanzger
© Hermann Zwanzger
Gedenktafel Alserkirche, Alser Straße 17
				(Wien VIII)© Hermann
				Zwanzger
© Hermann Zwanzger
Gedenktafel Rathausgasse 10 (Baden bei Wien)© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger
Arthur Hecke, Die Künste,
				Sgraffito-Wandbild (1952/53). Gemeindebau Boschstraße 20–22 (Wien XIX). In
				symbolträchtiger Nähe zum Gedenkort Heiligenstadt musiziert Beethoven (Klavier)
				gemeinsam mit Vertretern der Wiener Schule – mutmaßlich Arnold Schönberg (Cello) und
				Alban Berg (Geige).© Björn R.
				Tammen
© Björn R. Tammen
HÖRBEISPIELE

Große Fuge für Streichquartett in B-Dur, op. 133 in Übertragung des Komponisten für Klavier zu vier Händen, op. 134

Tiroler Lied („Wer solche Buema aufipackt“) aus Lieder verschiedener Völker für Singstimme und Klaviertrio, WoO 158

DOI
10.1553/0x0001f82e
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