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Garzaner, Garzaner, Gustav Familie
Gustav Adolph Johann (eig. Kazaner): * 1841-06-2323.6.1841 Graz, † 1895-11-055.11.1895 Graz. Organist, Klavierstimmer, Komponist. Unehelicher Sohn der Wilhelmina Kazaner, verwitwete Stocker. Früh Vollwaise und seit der Kindheit blind, war G. ab 1847 Zögling des Linzer Blindeninstituts. 1863 soll er als Supplent A. Bruckners in Linz erstmals Orgel gespielt haben. Anfang Jänner 1868 findet G.s Name anlässlich der Aufführung eines biblischen Dramas durch den Grazer Gesellenverein als musikalischer Begleiter Erwähnung. Im gleichen Jahr annoncierte er in Grazer Tageszeitungen seine Dienste als Klavierstimmer, als solcher dürfte er bis zuletzt tätig gewesen sein (1890/91: „dipl. Concertstimmer“). Ab spätestens 1871 betätigte er sich aktiv im Verein „vom heiligen Vincenz von Paul“ zu Graz, in dessen Veranstaltungen er in den folgenden Jahren öfters als Musiker auftrat. Ab 1874 betätigte sich G. als Vermittler (Kauf und Verkauf) gebrauchter Klaviere und Harmonien, spätestens ab demselben Jahr war er Gesanglehrer im Knabenasyl des Vincenz-Vereins (Vincentinum). Am 3.5.1875 heiratete er die aus Pest stammende Maria Johanna Theresia Babnigg (* ca. 1845 Pest, † 10.10.1885 Graz), eine Tochter des Theatersängers Otto Babnigg. 1889 dürfte sich G. ein zweites Mal verehelicht haben, Angaben dazu fehlen bislang aber. 1876 nahm er an der 6. und 1891 an der 13. Generalversammlung des Allgemeinen deutschen Cäcilien-Vereines in Graz teil. G. war die treibende Kraft hinter der Gründung (1880) des Odilien-Vereins, mit der Zielsetzung, eine Blindenanstalt in Graz zu errichten. Nach deren Gründung (1881) war er dort als Klavier- und später auch Orgellehrer (noch 1893) tätig (bis 1888 neben J. Kortschak als Gesanglehrer). 1880 spielte er im Rahmen der Grazer Landesausstellung auf einem Harmonium-Orgelinstrument des amerikanischen Herstellers Estey, zumindest 1880–88 wirkte er als Organist an der Grazer Marienkirche. 1888 feierte er sein 25-jähriges Organistenjubiläum mit einem Wohltätigkeitskonzert im Stefaniensaal zugunsten der Gründung einer Blinden-Versorgungsanstalt für Steiermark. Bei diesem wirkte u. a. H. Rehn mit, der, einer Zeitungsnotiz zufolge, sein Neffe gewesen sein soll, was bislang aber nicht verifiziert werden konnte. G. war auch Mitglied der Grazer Genossenschaft der Musikinstrumentenerzeuger, Claviermacher etc. Geprägt vom eigenen Schicksal, zeigte G. zeit seines Lebens ein großes Engagement bei der Unterstützung bedürftiger Kinder. Seine Kompositionen dürften alle Manuskript geblieben sein, bei vielen fungierte er auch selbst als Textdichter.
Schriften
Gedichte (Die Einführung des Rosenkranzes in Kath. Bll. 15.9.1860, 311; Eine Bitte an das Christkind 1893), Festprologe.
Werke
Kirchenmusik (Odilienmesse 1881, Lied zur Hl. Odilia); Festkantate zur Einweihung des Grazer Waisenhauses 1876; Weihnachtsliederspiel 1878; Chöre f. Knabenstimmen (Festchor zur Eröffnung der Odilien-Blinden-Anstalt in Graz 1881), Männerchor und gemischten Chor (Alpenglühen 1893?); Lieder; Klavierstücke; Bearb. von H. Prochs Lied Mariagrün f. Harmonium und Kl. zu 4 Händen, Bearb. von Fr. Schuberts Ave Maria f. Kl. und Harmonium.
Literatur
Kath. Bll. 15.9.1860, 311; Grazer Volksbl. 9.1.1868, 2, 21.12.1871, 11, 30.9.1874, 7, 29.12.1874, 2, 3.1.1875, 3, 18.4.1875, 8, 5.9.1876, 7, 14.12.1876, 3, 24.12.1878, 4, 17.4.1880, 6, 25.4.1880, 10, 8.9.1880, 9, 23.9.1880, 4, 23.11.1880, 6, 4.5.1881, 9, 11.5.1881, 6, 12.7.1881, 4, 23.10.1881, 4, 13.12.1881, 3, 17.12.1881, 4, 11.7.1882, 4, 18.7.1882, 6, 26.9.1882, 4, 8.5.1883, 3, 3.8.1883, 3, 11.5.1884, 4, 13.10.1885, 4, 12.5.1886, 2, 9.3.1887, 4, 11.6.1887, 4, 22.10.1887, 6, 1.11.1888, 2, 13.11.1888, 8, 18.11.1888, 5f, 6.12.1888, 8, 7.5.1889, 3, 19.11.1889, 4, 9.2.1890, 12, 19.3.1890, 6, 15.5.1891, 6, 28.8.1891, 12, 13.5.1893, 3, 29.12.1893, 3, 10.7.1895, 4, 7.11.1895, 2 und 4; [Grazer] Tagespost 4.6.1868, 8, 18.8.1872, 17, 11.12.1876, 3, 18.3.1877, 6, 4.10.1877, 7; Grazer Ztg. 4.10.1877, 8; Grazer Tagbl. 2.9.1891, 12, 11.5.1892, 4, 11.5.1893, 4, 13.7.1893, 3, 22.11.1894, 3, 6.11.1895, Abend-Ausg., 2; Zs. des österr. Blindenwesens 18 (1931), Nr. 5–6, 53; Taufbuch 1839–58 der Dompfarre Graz, fol. 1158; Trauungsbuch 1872–85 der Pfarre Graz-Mariahilf, fol. 97; Sterbebuch 1878–89 der Pfarre Graz-St. Andrae, pag. 352; Sterbebuch 1884–1905 der Pfarre Graz-Unbefleckte Empfängnis, pag. 472.


Vermutlich sein Halbneffe

Karl: * ca. 1860? Graz?, † nach 1884 (Ort?). Pianist, Organist, Komponist. Über sein Leben ist wenig greifbar, wahrscheinlich war er der ältere Bruder von Gisela G. Er trat Ende der 1870er-Jahre mit ersten Kompositionen an die Öffentlichkeit (K. G. „junior“). 1879 veranstaltete er ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten des Grazer Knabenasyls Vincentinum, bei dem Gu. G. als Arrangeur und Musiker in Erscheinung trat. Ein Jahr später trat K. G. neuerlich als Veranstalter eines Wohltätigkeitskonzertes, diesmal zugunsten des Odilien-Vereins, auf, Gu. G. sprach hierbei einen Festprolog. Unter den Mitwirkenden befand sich weiters der Militärkapellmeister Johann A. Witte (Wiethe), der auch Kompositionen K. G.s instrumentierte. 1881 wird K. G. als Musiklehrer bezeichnet. Einem Zeitungsbericht zufolge soll er 1882 nach Leoben übersiedelt sein, wo er in einem von A. Absenger veranstalteten Konzert neue Klavierstücke zur Aufführung brachte. Ca. 1883/84 lebte er als Musiklehrer, Chormeister (eines Arbeiter-Gesangvereins?) und Kapellmeister in Graz, Schützenhofgasse. Danach ist er nicht mehr greifbar. Seine Werke erschienen im Eigenverlag, 1884 zählte sein Werkeverzeichnis 72 Opera.


Werke
1 Tantum ergo f. Chor und Org. oder Harmonium; Männerchöre (Erinnerung an Österreich op. 24, Arbeiter-Bundes-Gruss op. 43, Marsch Steira-Bluat op. 60); Lieder (Ballade Des Kriegers Weise op. 23); Tänze und Märsche f. Kl. oder Orch. (Polka Hoch den Schützen op. 1, Schlittenfahrt-Polka op. 2, Walzer Oesterreichs Krone [auch: Grüsse] op. 6 1881 [Kronprinzessin Stephanie gewidmet], Polka mazur Alpenglüh’n op. 10); Konzert- und Salonstücke f. Kl.; Duos f. Org. und Harmonium, f. Kl. und V., f. Kl. und Vc.
Literatur
Grazer Volksbl. 12.11.1879, 3, 15.11.1879, 8, 22.11.1879, 4, 23.12.1879, 3, 15.4.1880, 4, 18.11.1880, 8, 23.11.1880, 6, 24.11.1880, 4, 1.3.1881, 3, 16.7.1881, 7, 16.5.1882, 2, 21.9.1882, 3; Grazer Tagbl. 17.6.1895, 5; Compositions-Verzeichniss des K. G. [1884]; eigene Recherchen (Kat.e der UB Graz).


Gustavs Halbnichte

Gisela (Gisella Francisca; verh. Spira; Spira-G.): * 2.2.1863 Wien, † 19.8.1939 Graz. Sängerin, Schauspielerin, Hebamme. Sie war die voreheliche und 1880 legitimierte Tochter von Gu. G.s Halbbruder, dem k. u. k. Militärbeamten Karl Johann Nepomuk Mathias G. (1820–98), und Gu. G.s erster Schwiegermutter Antonia Pavlovszky (versch. Schreibweisen; verw. Babnigg), die ab 1867 verheiratet waren. Sie ist erstmals 1884 in Znaim, in der Nachfolge von M. Ferron, als Operettensängerin greifbar. Im Sommer desselben Jahres wechselte sie ans Grazer Stadttheater, wo sie ein Jahr blieb und kleine Operetten- und Opernrollen sang. Im Jänner 1885 gebar sie eine uneheliche Tochter (Francisca Wilhelmina, * 8.1.1885 Graz, † nach 1945 München?/D), die 1896 als Tochter des Theaterdirektors, Volkssängers und Komikers Heinrich Peter Spira (* 3.8.1844 Trebitsch/Mähren [Třebíč/CZ], † 24.6.1911 Marburg/Steiermark [Maribor/SLO]; Heirat am 15.5.1894 in Graz nach dem Tod von dessen erster Frau und seiner Konversion vom mosaischen zum katholischen Glauben) legitimiert wurde. 1885/86 war G. G. in Teschen engagiert und in der Saison 1887/88 ist sie als Schauspielerin in Leitmeritz nachweisbar. Danach dürfte sie ihre Theaterkarriere beendet haben, sie ist in der Folge nur mehr als Mitglied der von H. Spira geleiteten Singspielgesellschaft Walter nachweisbar; Auftritte als Lieder- und Lokalsängerin (auch mit H. Spira als „Original-Duettistenpaar ,Wiener Blut‘“) in Marburg (1889) und Graz (1892–96 und 1900). Bereits seit Dezember 1892 trat sie unter dem Namen Spira-G. bzw. Spira auf, was auf eine frühere Eheschließung außerhalb Österreichs hindeutet (in Bayern?). Daneben absolvierte G. eine Hebammenausbildung. Im Frühjahr 1908 lebte das Ehepaar in Leibnitz/St, noch im selben Jahr erfolgte die Übersiedelung nach Marburg, wo G. bis zumindest 1918 als Hebamme tätig war. Sie starb in Folge eines Straßenbahnunfalls.

Eine weitere Tochter des Ehepaars, Gisela Maria (* 10.12.1889 Fiume [Rijeka/HR], † nach 1927 [Ort?]), war auch als Sängerin sowie Schauspielerin tätig. 1908/09 war sie am Marburger Stadttheater für kleine Gesangspartien engagiert, im Frühjahr 1909 trat sie mit dem Trocadero-Ensemble in Klagenfurt auf. Am 9.1.1911 heiratete sie den aus Laxenburg stammenden Schriftsteller Rudolf Adolf Otto v. Dombrowsky (1882– nach 1927). Das Paar befand sich Ende 1926, in Wien lebend, im Privatausgleich, wobei G. als Masseurin arbeitete und ihr Mann als Vertreter.


Literatur
Znaimer Wochenbl. 8.3.1884, 5, 15.3.1884, 4; Grazer Volksbl. 27.8.1884, 3, 5.9.1884, 6, 23.8.1885, 3, 18.9.1885, 8, 17.8.1898, 8, 26.6.1911, 4; Leitmeritzer Ztg. 23.11.1887, 1264, 26.11.1887, 1278; Marburger Ztg. 15.8.1889, 8, 9.6.1908, 6, 25.1.1910, 4 und 8, 1.12.1910, 3, 3.12.1910, 4, 27.6.1911, 2f, 4.10.1918, 3; Grazer Tagbl. 6.12.1892, 12, 18.12.1892, 27, 31.12.1892, 12, 11.4.1893, 12, 22.9.1893, 2f, 16.3.1894, Abend-Ausg., 3, 17.3.1894, 12, 15.3.1895, Abend-Ausg., 2, 16.3.1895, 12, 30.9.1896, 3, 1.10.1896, 12, 14.9.1900, Abend-Ausg., 3, 29.3.1908, 5, 18.4.1908, Abend-Ausg., 4; Kärntner Tagbl. 18.4.1909, 13; Hebammen-Ztg. 15.2.1910, 71; Wr. Ztg. 18.9.1926, Amtsbl., 571, 12.11.1926, Amtsbl., 690, 5.1.1927, Amtsbl., 7, 22.1.1927, Amtsbl., 48; Völkischer Beobachter 23.8.1939, 8; Taufbuch 1863 der Pfarre Landstraße (Wien III), fol. 21; Trauungsbuch 1866–68 der Pfarre Landstraße, fol. 102; Taufbuch 1879–85 der Pfarre Graz-Münzgraben, fol. 422; Taufbuch 1892–96 der Pfarre Graz-St. Andrae, fol. 162; Trauungsbuch 1890–96 der Pfarre Graz-St. Andrae, pag. 508f; Sterbebuch 1898–1920 der Dompfarre Maribor, pag. 343; Taufbuch 1871–94 der Pfarre Laxenburg/NÖ, fol. 283; Trauungsbuch 1905–12 der Dompfarre Mariborg, fol. 249; eigene Recherchen (Bühnen-Jb.er und Theater-Almanache).

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
22.3.2023
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „Garzaner, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 22.3.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003e2074
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Grazer Volksbl. 18.11.1880 [8] © ANNO_ÖNB
Grazer Volksbl. 13.11.1888, [8]© ANNO/ÖNB
Grazer Tagbl. 17.3.1894, 12 © ANNO/ÖNB

DOI
10.1553/0x003e2074
GND
Garzaner, Gustav: 1300103418
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Garzaner, Karl: 1300103701
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Garzaner, Gisela: 1300105453
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Garzaner, Gisela: 1300109815
OBV
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