Hanslick, Hanslick, true
Eduard
*
1825-09-1111.9.1825
Prag,
†
1904-08-066.8.1904
Baden bei
Wien/NÖ.
Musikkritiker, -ästhetiker und -historiker.
Erster Musikunterricht vom Vater
Joseph-Adolph (1786–1859), der Prof. für
Ästhetik an der Prager Univ. war. Ab 1843 Klavier-, Theorie- und Kompositionsunterricht
bei
W. J. Tomaschek.
Jugendfreund von
A. W. Ambros
und
R. Zimmermann; Jusstudium
ab 1844 in
Prag und ab 1846 in
Wien (1849 Dr.). 1850 in
Klagenfurt Fiskalbeamter und ab
1852 Beamter zunächst am Finanzministerium, später am Kultusministerium in Wien.
Bedeutendster Musikkritiker seiner Zeit (ab 1846 bei der
Wiener Allgemeinen
Musik-Zeitung, ab 1848 bei der
Wiener Zeitung, ab 1855 bei
der
Presse, ab 1864 bei der
Neuen Freien Presse).
Großes Aufsehen erregte er 1854 mit der Veröffentlichung seiner gegen die
„verrottete Gefühlsästhetik“ gerichteten Schrift
Vom
Musikalisch-Schönen, die 1856 von der Wiener Univ. als Habilitationsschrift
anerkannt wurde und H. zum Privatdozenten
„für Geschichte und Ästhetik der
Tonkunst“ machte. 1861 wurde H. ao. Prof., 1870 o. Prof. Er emeritierte
1895. H. war in allen Bereichen des Musiklebens verankert: 1863 wurde er staatlicher
Berater für die Vergabe von Musikstipendien (Einsatz für
A. Dvořák), 1865 Mitglied der
staatlichen Prüfungskommission für Musik, er war offizieller Berichterstatter für
Instrumentenbau bei den Weltausstellungen in
London (1862),
Paris (1867, 1878), Wien (1873),
Juror bei Musikwettbewerben, 1885 Teilnehmer an der Wiener Stimmtonkonferenz (
Stimmton), 1893–97 Präsident der
Gesellschaft zur Herausgabe von Denkmälern der Tonkunst in Österreich. Ab 1884 arbeitete er
am sog. „Kronprinzenwerk“ mit. Er hatte Kontakte zu zahlreichen Musikern, war mit
J. Brahms und
Th. Billroth befreundet und ein
aufmerksam-kritischer Beobachter des Wiener Musiklebens. Reisen führten ihn u. a. nach
Paris, London, Mailand,
Rom,
Berlin u. a. deutsche Städte, von
wo er u. a. über UA.en berichtete. Er war seit 29.4.1876 mit
Sofie
Marie Karoline Wohlmuth (* 9.3.1852 Brünn, begr. 6.4.1940 Wien),
einer am Wiener Konservatorium der
GdM
ausgebildeten Sängerin, verheiratet, die ihr erstes Engagement an das Leipziger
Stadttheater aufgrund der Eheschließung jedoch nicht antrat. H.s Trauzeuge war
F. Ehrbar.
In seiner Ästhetik war H. wie so viele Geisteswissenschaftler seiner Zeit bemüht,
sich den Standards der Naturwissenschaften anzunähern. Empirisierung, Objektivitäts-,
Kausalitäts- und Gesetzesdenken sollen die Ästhetik in den Rang einer Wissenschaft heben
und sie von den unwissenschaftlichen, weil vagen Aussagen der Gefühlsästhetik absetzen.
Aus dieser Einstellung resultierte eine sich auf die Form konzentrierende
objektivistische Werkästhetik, die den Produzenten und Rezipienten, aber auch das ganze
Umfeld eines Komponisten vollständig aus der ästhetischen Betrachtung ausklammert und
diesen Komplex der psychologischen bzw. historischen Forschung überantwortet. Als
Paradigma einer von allen außermusikalischen Bestimmungen befreiten, absoluten Musik gilt H. die Instrumentalmusik, als Höhepunkt
L. v. Beethovens
Symphonik (naturgemäß mit Ausnahme der 9. Symphonie). Seine Vorstellung einer
selbstzweckhaften, autonomen, formal gesetzmäßigen Musik, deren Inhalt sich in
„tönend bewegte[n] Formen“ erschöpfe, vergleicht er mit den
Begriffen Arabeske, Kristall und
Kaleidoskop. Gemäß seiner normativen Ästhetik können Werke vor der Wiener Klassik bestenfalls
historisches Interesse beanspruchen (Kritik von R.
Hirschfeld). Mit
seiner Betonung des autonomen Kunstcharakters eines Werks, der weder biographisch noch
historisch restlos erklärt werden kann, sondern einer ästhetischen Untersuchung bedarf,
blieb er bis heute aktuell. An ihn knüpfte u. a. der tschechische Ästhetiker und
Musikwissenschaftler O.
Hostinský an. In späteren Jahren rückte H. von der rein ästhetischen
Betrachtungsweise ab und wandte sich selbst der historischen Forschung
(Geschichte des Concertwesens in Wien 1869) zu, da erst sie einer
umfassenden Ästhetik die notwendige Basis gewähre.
Zu seinen Lebzeiten schätzte man allerdings den Kritiker H. höher ein als den
Ästhetiker. V. a. seine Kritik an Rich.
Wagner (wofür sich dieser mit der Figur des Beckmesser in den
Meistersingern revanchierte) und der Neudeutschen Schule bzw. an
Musikdrama (Oper), Gesamtkunstwerk und
Programmmusik erhitzte die
Gemüter. Klassizistisch ausgerichtet, bevorzugte er die Musik von J. Brahms, A. Bruckners Werk (v. a. den
Symphonien) stand er überwiegend ablehnend gegenüber.
H.denkmal (Wien I, Arkadenhof der Univ., Büste von Viktor Tilgner);
Gedenktafel am Sterbehaus in Baden, Kaiser Franz-Ring 12 (s.
Abb.); E.-H.-Gasse (Wien
XVI); Grab ehrenhalber Wr. Zentralfriedhof.
Dr. phil. h. c. der Wiener Univ. 1870; Hofrat 1886.
Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur
Revision der Ästhetik der TonkunstEduard Hanslick, Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst. Wien 1854. 1854 (viele Auflagen
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Componisten und Virtuosen der letzten fünfzehn Jahre
1870–1885,Eduard Hanslick, Concerte, Componisten und Virtuosen der letzten fünfzehn Jahre, 1870-1885. Kritiken. Berlin 1886. 1886; Aus meinem
LebenEduard Hanslick, Aus meinem Leben. Berlin 1894. 1894 [Autobiographie]; Sämtliche Schriften: Historisch-kritische
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www.friedhoefewien.at
(8/2019).
20.4.2023
Barbara Boisits,
Art. „Hanslick, Eduard“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
20.4.2023, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d073
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