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Urbantschitsch Urbantschitsch Victor (Urbancic), Familie
Victor Ernest Johann: * 1903-08-099.8.1903 Wien, † 1958-04-044.4.1958 Reykjavik. Musiker, Musikpädagoge und Komponist. Der Sohn einer Wiener Arztfamilie (der gleichnamige Großvater [1847–1921] gilt als Mitbegründer der modernen Ohrenheilkunde) studierte nach der Matura 1921–25 Germanistik und Musikwissenschaft (u. a. bei G. Adler, W. Fischer, M. Dietz und R. Lach, Promotion bei Adler 1925). Daneben erhielt er 1921–26 eine umfassende musikalische Ausbildung an der Wiener MAkad. bzw. MHsch. (1921–26 Komposition bei J. Marx, Kapellmeisterschule bei C. Krauss, 1924-26 auch bei Dirk Fock). 1926 wurde er als Repetitor an das Mainzer Stadttheater berufen. In Mainz/D heiratete er 1930 die von M. Reinhardt ausgebildete Schauspielerin, Lyrikerin und promovierte Sprachwissenschaftlerin Melitta Grünbaum (* 21.2.1902 Wien, † 17.2.1984 Reykjavik [begr. Purkersdorf/NÖ]), mit der er vier Kinder hatte. 1932/33 auch an der MHsch. Mainz unter Direktor H. Gál tätig, musste U. nach der nationalsozialistischen Machtergreifung mit seiner Familie Deutschland verlassen und kehrte nach Österreich zurück. 1934 Staatsprüfung in Klavier und Orgel. Nach einem Zwischenspiel in Belgrad, wo er als Gastdirigent am dortigen Nationaltheater wirkte, erhielt U. 1934 eine Stelle als Lehrer für Musiktheorie, Klavier und Orgel und stellvertretender Direktor (ab 1936) des Konservatoriums in Graz. Außerdem leitete er ab 1935 auch die dortige Theaterschule und war 1935–38 als Lektor am Institut für Musikwissenschaft der Univ. Graz tätig. Aus Graz musste er, da seine Frau dem Judentum entstammte (Konversion zum römisch-katholischen Glauben sowie kirchliche Heirat am 31.7.1938 in Graz), 1938 emigrieren (Exil). Nach einem Vorschlag von J. Wlach ging er im August des Jahres im Stellentausch mit F. Mixa nach Reykjavik, seine Familie folgte einen Monat später. Hier leistete U. als Lehrer und im Aufbau eines modernen Musiklebens nicht nur der Stadt, sondern des ganzen Landes (dessen Staatsbürger er und seine Familie 1949 wurdn) Beachtliches (inklusive Aufbau des ersten Sinfonieorchesters). Zu U.s Schülern gehört eine ganze Generation isländischer Komponisten (Jón Nordal, Jón Ásgeirson, Karl O. Runólfson, Jón Pórarinsson u. a.).
Ehrungen
Ritterkreuz des isländischen Falkenordens 1944.
Schriften
Die Sonatenform bei Brahms. Ein Beitrag zur Gesch. der Instrumentalmusik, Diss. Wien 1925 (Teildruck in StMw 14 [1927]); Die Situation der musikalischen Privatschulen in Anbruch. Monatsschrift für moderne Musik 16/7 (1934); Beethoven in neuer Deutung in Anbruch. Monatsschrift für moderne Musik 16/8 (1934); Neuer Wind im Grazer Musikleben in Anbruch. Monatsschrift für moderne Musik 16/9–10 (1934); Volksliederkonzerte in Graz in NFP 1.7.1934; Steiermarks größter Tondichter – unbekannt? Zur Fux-Gedenkfeier des Akad. Orchesters am 26. d. M. in Grazer Tagespost 19.1.1936; Leopold Mozart. Zum 150. Todestag am 28. Mai 1937 in Grazer Tagespost 27.5.1937.
Werke
Orchester-, Kammermusik- u. Vokalwerke, darunter eine Messe u. Lieder; Bearbeitungen isländischer Volkslieder.
Literatur
StMl 1962–66 u. 22009; Orpheus im Exil 1995; Wissenschaft und Kunst in der dt. Ostmark 1938; G. Kristmannsson in M. Urbancic, Frá hjara Veraldar. Vom Rand der Welt, hrsg. v. G. Kristmannsson 2014; Der literarische Zaunkönig 1 (2008), 54–57; Die Presse 26.7.2003; R. Flotzinger, Musikwissenschaft an der Univ. Graz. 50 Jahre Institut f. Musikwissenschaft 1990, 32ff; Taufbuch der Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten (Wien I) 1899–1904, fol. 148; www.urbancic.at (3/2023); www.lexm.uni-hamburg.de (3/2023); www.bilderreisen.at (3/2023); www.demos.ac.at (3/2023); www.stolpersteine-graz.at (3/2023); Mitt. Archiv MUniv. Wien (3/2023).


Seine Tochter

Sibyl Urbancic (eig. Elisabeth, verh. Kneihs): * 4.6.1937 Graz. Organistin, Chembalistin, Chorleiterin. Erhielt 1941 in Island ihren ersten Klavierunterricht und besuchte mit ihren Geschwistern einen Kinderchor. Ein Jahr später auch Geigenunterricht, gelegentliche Auftritte in den Kinderstunden des isländischen Rundfunks im Alter von sechs Jahren. Mit 13 stellte sie ein Vokalensemble zusammen, für das sie auch arrangierte. 1956 kam Tochter Ruth Ólafsdóttir, heute Schauspielerin in den USA, zur Welt. 1957 Studium alt-nordischer Sprachwissenschaften an der Univ. von Island und journalistische Tätigkeit. Nach dem Tod des Vaters ging sie zum Musikstudium nach Wien (1959–63 an der MHsch. Kirchenmusik [Orgel bei A. Heiller, Chordirigieren bei H. Gillesberger], ab 1963 Konzertfach Orgel bei A. Heiller). Beginnende Konzerttätigkeit sowie Übernahme des Kirchenchors und -orchesters der Pfarre Hetzendorf (Wien XII). Seit 1965 verheiratet mit H. M. Kneihs, mit dem sie gemeinsame Konzerte gab. Darüber hinaus widmete sie sich dem Cembalo, u. a. in Kursen bei Gustav Leonhardt, und gab Konzerte mit verschiedenen Kammerensembles. Nach der Geburt ihrer drei Söhne leitete sie 1973–90 den Döblinger Gesangverein. 1980–86 Leitung des von ihr gegründeten Vokalensembles LA CAPELLA, ein solistisch besetztes Ensemble mit ausgebildeten Sängerinnen und Sängern, das zahlreiche UA.en (u. a. v. D. Kaufmann, W. Liebhart, M. Radulescu, K. Schwertsik) verzeichnete. 1981–95 gab sie Kurse für Neue Chormusik für die IGNM. 1988–2004 unterrichtete sie an der MHsch. bzw. MUniv. Wien Vokalpraxis, Vokalensemble und Atemübungen für Bläser. Daneben 1992–95 Ausbildung zur Feldenkrais-Pädagogin. 2006–16 leitete sie die von ihr entwickelte Kinderchorschule NANO in Wien.

Die Familie U. steht im Zentrum des Romans Island-Passion von Rudolf Habringer (2008).


Schriften
Übersetzungen aus dem Isländischen: Hallfrídur Ólafsdóttir, Maximus Musikus besucht das Orchester 2010; H. Ólafsdóttir, Maximus Musikus entdeckt die Musikschule 2011.
Literatur
www.urbancic.at (3/2023); www.nano-titano.at (3/2023); https://de.wikipedia.org (3/2023); Taufindex der Pfarre Graz-St. Leonhard 1912–38 [o. pag.].

Autor*innen
Monika Kornberger
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
30.10.2023
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger/Rudolf Flotzinger, Art. „Urbantschitsch (Urbancic), Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 30.10.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e559
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Victor Urbantschitsch, März 1927 (aus dem Bildnisalbum zur Beethoven-Zentenar Feier, März 1927)© Bildarchiv Austria, ÖNB
Victor Urbantschitsch (Wissenschaft und Kunst in der dt. Ostmark 1938, Sp. 1277)

DOI
10.1553/0x0001e559
GND
Urbantschitsch Victor: 1046303619
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Urbantschitsch Sibyl Urbancic: 1300059850
OBV
Weiterführende Literatur

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