Logo ACDH-CH
OeML Schriftzug
Logo OeML
Logo Verlag

Girlan (deutsch für italienisch Cornaiano)
Teil der Großgemeinde Eppan an der Weinstraße. In G., bekannt für seine Weinkellereien, sind seit Ende des 16. Jh.s Schullehrer, die auch Mesner- und Organistendienste versahen, namentlich bekannt, ebenso um die Mitte des 17. Jh.s Chor- und Solosänger bzw. „Vorsinger“ im Kirchendienst. In Kirchenrechnungen des 18. Jh.s sind wiederholt besoldete Musikanten angeführt, auch solche von auswärts, z. B. aus Bozen (Namen und Daten bei Zani 1983, 9–13). Um 1800 setzte Lehrer Luzius Schöpf in G. (im Amt 1782–1817), Großvater von F. Schöpf (d. J.), einen musikalischen Schwerpunkt in der Ausbildung von Singknaben. So entstand für den Gesang zur Liturgie ein Knabenchor, den noch der Sohn weiterführte und der bis um 1900 bestand. Seit 1900 singen ausschließlich Erwachsene im Kirchenchor. Dieser zählte 1902 15 Mitglieder und widmete sich betont cäcilianischem Repertoire. Die Kirche zu den hll. Martin (von Tours) und Wolfgang ist von 1787 an selbstständige Pfarrei, war zuvor Kuratie von St. Pauls Eppan. Ca. 1670 schaffte man hier ein Orgelpositiv an, wegen dessen schlechten Zustands dann 1691 eine Orgel aus Vorbesitz des Gerichtsherrn Franz Ferdinand Graf Khuen. Dieses Instrument wurde vom Orgelmacher M. Junkhans aufgestellt. Reparaturen erfolgten durch I. F. (1750, 1763), D. (1778, 1779) und S. (1802) Wörle sowie Leopold Chinolli (1794). 1838/39 errichtete F. (I) Reinisch eine neue Orgel, die mehrfach Reparaturen unterzogen wurde, z. B. 1861 durch J. Sies oder 1924 durch Johann Platzgummer (* 1874 Naturns/Südtirol [NaturnoI], † 1986 Meran/Südtirol [Merano/I]) und die schließlich 1990 Paolo Ciresa (Tesero/I) renovierte sowie gleichzeitig erweiterte. Die Orgel in der Hauskapelle des Jesuheims (Casa del Gesù), einer Einrichtung zur Betreuung von Senioren und Behinderten, baute Johann (II) Pirchner 1983.

Die früheste Nachricht über Kirchenglocken in G. ist 1324 datiert, im Kontext eines Sturmläutens, das die Männer von G. und dem nahen Schreckbichl (Colterenzio) zusammenrief, um im Zuge eines Gegengeschäfts die Abtretung von Gemeindegrund an das Kloster Stams zu beschließen. Zu den Glockengießern, die im Lauf der Jahrhunderte für G. Glocken lieferten, gehören Heinrich Reinhart in Innsbruck (1607/09), Bartolomeo Chiappani (1844) oder Luigi Colbacchini (1926), beide in Trient. 1844 ist in einem Kircheninventar „eine größere Turmratsche“ verzeichnet (Zitat nach Zani 1987, 148).

Die Musikkapelle G. sieht 1833 als ihr Gründungsjahr an. Johann Jaitner (* 1810 Bozen, † 1905 G.), bis 1839 mehr als sieben Jahre Trompeter im k. k. Kaiserjäger-Regiment, war einer ihrer Promotoren. 1809 ist in G. bereits eine Harmoniemusik aktenkundig. F. Schöpf d. Ä., in unmittelbarer Nachfolge seines Vaters Schullehrer, Mesner und Organist in G. ab 1817, rief bald die „Musikdilettanten“ ins Leben, wohl ein Blasmusikensemble, das musikalische Aufgaben im kirchlichen und säkularen Bereich wahrnahm. Ausdrücklich hieß die Vereinigung „Dilettanten“, um sich von gewerbsmäßig aufspielenden Musikanten zu unterscheiden, denn diese wären damals von der politischen Verwaltungsbehörde als „Spielleute“ und damit als „der Erwerbssteuer unterliegend“ betrachtet worden (Zani 1983, 15).

1948 formierte sich der Männergesangverein G. Er löste sich 1960 auf, weil man keinen passenden Chorleiter mehr hatte. 1977 kam es zur Neugründung, mit ersten Konzerten 1978. Der Chor brachte Regionalhymnen zur Uraufführung, wie 1978 das G.-Lied (Herrlich über Etschlands Auen, T: Hubert Mumelter [* 1896 Bozen, † 1981 Bozen], Melodie und Satz: S. Thaler) oder 1979 Überetsch (Gnadenvoll liegst du gebreitet; T: H. Mumelter, Melodie und Satz: Peter Hölzl [* 1920 Andrian/Südtirol [Andriano/I], † 2010 Meran).

In G. geboren sind die Komponisten F. Schöpf (d. J.) und J. Mittersackschmöller (ein Sohn des in G. 1834 als Hilfslehrer belegten Mathias Mittersackschmöller?). A. D. Schenk trat in G. nach seiner Priesterweihe 1862 seine erste Stelle als Kooperator an und wird auf die Kirchenmusik mit eingewirkt haben.


Literatur
A. Reichling, Orgellandschaft Südtirol 1982; K. F. Zani, Fs. 150 Jahre Musikkapelle G. 1983; K. F. Zani, 200 Jahre Pfarrei G. 1987; H. Simmerle, Kirchenchöre Südtirols 1998; K. Bragagna in K. Bragagna (Red.), 50 Jahre Verband Südtiroler Musikkapellen 1948–1998, 1998 [Abb. Musikkapelle G. 1870]; U. Stillhard/H. Torggler, Südtiroler Orgellandschaft von Reschen bis Innichen 2011; Tagesztg. (Dolomiten); https://de.wikipedia.org (2/2017); http://mkgirlan.blogspot.co.at/ (2/2017); www.vks.it/choere.php?site=136.html (2/2017).

Autor*innen
Hildegard Herrmann-Schneider
Letzte inhaltliche Änderung
11.8.2017
Empfohlene Zitierweise
Hildegard Herrmann-Schneider, Art. „Girlan (deutsch für italienisch Cornaiano)“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 11.8.2017, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0036afaa
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN

DOI
10.1553/0x0036afaa
ORTE
Orte
LINKS
ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft

Publikationen zur Musikwissenschaft im Verlag