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Innsbruck
Landeshauptstadt von Tirol, Stadtrecht 1239 bestätigt, landesfürstliche Residenzstadt seit 1420.

Hofmusik: Unter Hzg. Friedrich IV. standen um 1430 Pfeifer, Trompeter und Pauker (Hoftrompeter und -pauker) in höfischen Diensten. Hzg. Sigmund (Sigismund der Münzreiche) institutionalisierte eine Hofkantorei, die 1463 bezeugt ist. Ihr erster Leiter war der Organist N. Krombsdorfer, 1478 folgte P. Hofhaimer. Hofhaimer verblieb als einer der wenigen Instrumentalisten, die König Maximilian (Maximilian I.) bei Antritt seiner Regentschaft des Landes Tirol von Hzg. Sigmund 1490 übernahm; er blieb auch das glanzvolle Haupt der Sänger und Instrumentisten, als Maximilian 1494 in I. für sich eine neue Hofkapelle aufzubauen begann. Hofhaimer spielte zudem die Orgel in der Pfarrkirche St. Jakob und beaufsichtigte dort 1491–1515 drei Orgelneubauten. Maximilian ernannte 1497 H. Isaac zu seinem Hofkomponisten, der mit seiner Bearbeitung des Liedes I. ich muss dich lassen der Stadt ein klingendes Denkmal gesetzt hat.

Nach Maximilians Tod ordnete Kaiser Karl V. 1520 die Auflösung der angesehenen I.er Hofkapelle an, 1523 wurden alle Musiker entlassen. Die Musik zu Hofgottesdiensten gestaltete nun die Pfarrkantorei, der Pfarrorganist war von der Regierung bestellt. Für die seit 1553 im Bau befindliche Hofkirche erhielt J. Ebert in Ravensburg/D den Auftrag, eine neue Orgel zu errichten. Das 1561 vollendete und 1976 von Jürgen Ahrend restaurierte Instrument gilt heute als die älteste Kirchenorgel nördlich der Alpen mit weitgehend originaler Bausubstanz.

Als Erzhzg. Ferdinand II. (von Tirol) 1567 seine Residenz von Prag nach I. verlegte, entwickelte sich die Stadt zu einem Musikzentrum europäischen Ranges. Ferdinand brachte seine „Hofkapelle“ (Sänger, je einen Organisten und Lautenspieler) sowie seine „Hofmusik“ (die übrigen Instrumentalisten und den „Obristmusicus“) bereits mit. Am I.er Hof vereinten sich nun international berühmte Virtuosen. Die Sänger stammten überwiegend aus den Niederlanden und Süddeutschland, die Instrumentalisten aus Italien . Die Kapellmeister G. Bruneau (1564–84) und J. Regnart (1585–96), der Altist und nachmalige Vizekapellmeister A. Utendal (1566–81), Vizekapellmeister G. Flori (1584–94) z. B. waren Niederländer, der „Obristmusicus“ Orfeo de Cornay (bis 1568) und sein Nachfolger P. M. de Losy (bis 1596) kamen aus Mailand. Von den Sängerknaben der Hofkapelle wurden mehrere später Berufsmusiker und Komponisten, unter ihnen S. Kolb und B. Amon. Neben den Hofkapellmeistern waren etliche Kapellisten selbst anerkannte Komponisten, so M. Ch. Du Buisson, Ch. Hollander, F. Sales oder T. Massaini. Unter Regnart erhöhte sich die Zahl der Kapellmitglieder auf 32, die Hofkapläne nicht mitgerechnet, dazu 15 Mitglieder im Trompeterkorps. Auswärtige Künstler standen mit der Hofkapelle in Verbindung; O. di Lasso, Cyprian de Rore, Ph. de Monte, A. Gabrieli u. a. widmeten dem I.er Hof Kompositionen. Erzhzg. Ferdinand sammelte für seine „Kunstkammer“ nach musealen Aspekten auch erlesene Musikinstrumente; sie barg Saiteninstrumente von Gerolamo de Virchi, Gasparo da Salò ebenso wie „türkische Schalmeyen“, „persische Heerpauken“ und Musikautomaten. Trotz Ferdinands testamentarischer Verfügung, dass die Sammlung „für alle Zeiten unzerteilt“ im Schloss Ambras verbleiben müsse, ordnete Kaiser Franz I. ihre Überführung nach Wien an, wo heute die meisten der noch vorhandenen Instrumente im Kunsthistorischen Museum verwahrt werden. Zum Repertoire von Ferdinands Hofkapelle gehörten neben liturgischer Musik Madrigale, Canzonetten, Villanellen oder Chansons zur Tafel und in der Kammer. Theateraufführungen fanden in der Hofburg und im Schloss Ambras statt, wobei berühmte Truppen aus Italien wie die Comici Gelosi verpflichtet wurden. Ferdinand verfasste 1584 selbst eine Schöne Comoedi Speculum Vitae Humanae, zu der Regnart „motetten und gesang“ als Zwischenmusik komponierte. „Tänzer und Springer“ sorgten für Kurzweil und erteilten der Hofgesellschaft Tanzunterricht. Nach Ferdinands Tod 1595 wurde 1596 mit dem Hofstaat auch die Hofkapelle aufgelöst.

Dem neuen Statthalter Erzhzg. Maximilian III. dem Deutschmeister folgten 1602 aus seiner Residenz in Mergentheim/D 16 Musiker nach I. Die Hofmusik hatte jetzt an einer schlichten Hofhaltung v. a. kirchenmusikalische Obliegenheiten. 1607 trat J. Stadlmayr das Amt des Kapellmeisters an. Wieder ereilte nach dem Tod des Regenten die I.er Hofkapelle 1618 das Schicksal der Aufhebung.

Erzhzg. Leopold V. residierte ab 1619 teilweise in I. und ließ hierher von seinem Ansitz in Zabern/Elsass die meisten seiner Hofmusiker nachkommen. 1624 erreichte Stadlmayr seine Wiederanstellung als Hofkapellmeister, zuständig für die Kirchenmusik. Leiter des Musiktheaters war F. Compagnolo. 1632 zählte die Kapelle 45 Sänger und Instrumentisten, darunter vier Kastraten. 1629–31 ließ Leopold das unter Ferdinand um 1584 errichtete Ballspielhaus nördlich der Hofburg zum Comedihaus umbauen. Das Gebäude bestand bis 1944, wenngleich es im Lauf der Zeit verschiedenen Zwecken diente, z. B. im 19. Jh. als Mauthalle (Dogana). Wahrscheinlich noch vor der Aufnahme eines geregelten Theaterbetriebs starb Leopold 1632. Fürstinwitwe Claudia v. Medici reduzierte die Hofmusik, doch genossen die nunmehr 13 Sänger und Instrumentalisten sowie vier Sängerknaben unter Stadlmayr weiter einen ausgezeichneten Ruf.

Erzhzg. Ferdinand Karl (reg. 1646–62), geradezu musikbesessen, bescherte I. eine einzigartig prunkvolle Zeit. Für Virtuosen wie den englischen Gambisten W. Young wurde I. Anziehungspunkt und Wirkungsstätte. Instrumentalisten, meist Italiener, verstärkten die „Hofkapelle“ für den Kirchendienst, ab 1648 unter A. Rainer. Sie musizierten ebenso in der Kammer und im Theater, hier unter Leitung des „Superintendenten“, Violinisten und Hofkaplans A. M. Viviani, dem der „Kammerkapellmeister“ P. A. Cesti übergeordnet war (1652–65). 1652 begann Ferdinand Karl mit dem Bau eines neuen Komödienhauses nach venezianischem Vorbild. Es verfügte als erstes freistehendes Opernhaus im deutschen Sprachraum, mit festangestelltem Personal, über alle künstlerischen und technischen Raffinessen, fasste an die 1000 Personen und wurde 1654 mit La Cleopatra, Cestis für I. umgearbeiteten Il Cesare Amante, eröffnet. Die Besuche Königin Christines von Schweden 1655 und 1662 boten weitere Anlässe zu pompösen Aufführungen von Opern Cestis. Auch wandernde Komödianten wie L. v. Schnüffis bespielten das Haus. Das alte Komödienhaus gestaltete Ferdinand Karl um 1660 in eine Reitschule samt einem weiteren Theaterraum um, auf dessen Bühne Schiffe im Wasser fahren konnten.

Erzhzg. Sigmund Franz setzte 1663 dem Luxus seines Bruders ein Ende. Er verkleinerte die Hofmusik, behielt jedoch Cesti im Amt. Nach seinem Tod 1665 fiel Tirol an Kaiser Leopold I. Dieser löste noch im gleichen Jahr den I.er Hofstaat samt Hofkapelle auf, bestellte jedoch 1666 wieder einige Musiker in I., die die Musik in der Hofkirche und für Fürstinwitwe Anna von Medici besorgten. A. Reiner, G. B. Viviani und S. Schwaighofer folgten einander als Leiter.

Eleonore v. Österreich, eine Stiefschwester Leopolds I., verwitwete Königin von Polen und Gattin des 1678 zum Statthalter von Tirol berufenen Herzogs Karl v. Lothringen, hatte selbst Musiker für ihren persönlichen Dienst und ihren eigenen Hofkomponisten C. A. Badia. 1707 kam mit dem neuen Gubernator, Hzg. Karl Philipp v. der Pfalz-Neuburg, dessen schlesische Musikkapelle mit Konzertmeister G. Finger nach I. Sein Kapellmeister J. J. Greber vereinte sie mit der I.er „kaiserlichen Hofmusik“ zu einem über 40 Musiker zählenden Ensemble. Musiktheater und Ballett erlangten wieder Bedeutung, während der Karwoche erfolgten Oratorienaufführungen („Sepolcri“). 1720 bezog Karl Philipp als Regent der pfälzischen Erblande seine Residenz in Mannheim/D. Die tüchtigsten Kräfte der I.er Hofmusik übersiedelten mit ihm und bildeten den Grundstock des später berühmten „Mannheimer Orchesters“.

Die in I. verbliebenen Musiker spielten nur noch zu Gottesdiensten in der Hofkirche unter Kapellmeister B. d'Aprile. 1724 wurde er in Folge der kaiserlichen Zentralisierungsbestrebungen seines Amtes enthoben, die Auflösung der Hofmusik formell beschlossen. J. H. Hörmann fungierte nun als „Direktor der Hofmusik“, frei werdende Stellen blieben unbesetzt. 1748 gingen die letzten vier aktiven I.er Hofmusiker in den Ruhestand oder übernahmen ein Amt in der Regierungskanzlei.

Musik in Pfarrkirche und Klöstern: Bis 1562 war die Pfarrkirche St. Jakob auch Hofkirche. Eine Pfarrschule bestand schon 1358, bis 1635 leitete sie ein Lateinschulmeister. 1511 wirkte hier Magister N. Leopold. Im 17. Jh. beschränkte sich die Pfarrsingschule auf ihr Dasein als reine Singschule unter der Obhut von „Chormeistern“, von Jesuitengymnasium und Deutscher Schule ins Abseits gedrängt. Die „Pfarrkantorei“ wandelte sich durch die Aufnahme besoldeter Musiker zur „Pfarrmusik“. Im 18. Jh. zeigt sich von den Chorregenten etwa J. E. de Sylva, auch als Komponist auf der Höhe der Zeit. Von den Pfarrorganisten J. H. Hörmann, G. P. Falk und seinem Sohn J. B. Falk war Hörmann der bedeutendste Komponist, auch noch um die Mitte des Jh.s ganz dem Barock verpflichtet.

Im 19. Jh. traten Dilettanten an die Stelle der Berufsmusiker, das Singknabeninstitut wurde aufgelöst. Unter Chorregent A. Teuchner trat ein Aufschwung ein, nach L. Streiter (1903–24) stand mit K. Koch wieder ein umfassend gebildeter Musiker, Komponist und Musiktheoretiker der Musik an der 1964 zum Dom erhobenen Pfarrkirche vor. Von 1975–2002 wirkten M. Mayr sowie dessen Nachfolger Christoph Klemm als Domkapellmeister und seit 1978 R. Jaud als Domorganist. Die 1725 von J. C. Humpel vollendete neue Orgel der Pfarrkirche (s. Abb.) wurde 1875 von Josef Sies renoviert, 1892 und 1931 durch Neubauten von Franz Reinisch bzw. der Firma Rieger ersetzt. Am 1.7.2000 fand die Weihe der von der Werkstatt H. Pirchner neu errichteten mechanischen Schleifladenorgel statt.

V. a. im Barock prägte weltliche Repräsentationsmanier das Musikleben im Stift Wilten (heute Stadtteil von I.). 1562 eröffneten die Jesuiten ihr I.er Gymnasium und begründeten 1572 das Seminar zum Hl. Nikolaus. Die Alumnen erhielten täglich Musikunterricht, wirkten bei Gottesdiensten in der Jesuitenkirche zur Hl. Dreifaltigkeit (ab 1776 Univ.skirche) und bei Schulspielen, meist mit Musik einheimischer Komponisten aus dem Umkreis des Hofes und der kirchlichen Institutionen Tirols, aber auch bei Theatervorstellungen für den Hof mit. Ihre Lehrmeister waren Ordensangehörige, z. B. der Münchner Jesuit und Musiktheoretiker P. Wolfgang Schönsleder (1570–1651, Pseud. Volupius Decorus). Um die Mitte des 16. Jh.s wurden zur Fastenzeit „Dialoge“, geistliche Spiele mit Musik dargeboten, um 1770 während der Karwoche Oratorien. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 folgten weltliche Musiker, als Chordirektoren u. a. J. M. Malzat in seinem letzten Lebensjahr 1787, ab 1816 M. Goller, in der ersten Hälfte des 20. Jh.s K. Senn und E. Berlanda.

Franziskaner besiedelten 1564 das Kloster neben der Hofkirche. Als Ausführende liturgischer Musik in der Hofkirche vereinten sich Hofmusiker, Konventangehörige und ihre Schüler. Nach der Pflege der klassischen Vokalpolyphonie und des deutschen Kirchenlieds entwickelten die Franziskaner ihren eigenen, volkstümlichen Musikstil (Franziskanermesse), der sich mit kleinen Besetzungen begnügte. Im 17. und 18. Jh. hatten sie Komponisten wie Eduard Panholzer († 1690) oder E. Faller in ihren Reihen, um 1650 vermutlich auch Felicianus Suevus. In der Silbernen Kapelle unmittelbar neben der Hofkirche hat sich bis heute eine Orgel in italienischer Bauweise, datiert 1614, erhalten (s. Tbsp.).

Im Servitenkloster wurde der Choralgesang seit der Klostergründung 1614 besonders durch die Tätigkeit des „Choralinstruktors“ kultiviert. Das Amt des „Musikmeisters“ und „Regens Chori“ hatten, soweit möglich, Ordensleute inne. Im 18. und 19. Jh. erklangen in der Karwoche Oratorien, deren Texte die Serviten auch im Selbstverlag publizierten. Als Fürstinwitwe Anna Katharina Gonzaga v. Mantua und ihre Tochter Maria 1612 als Terziarinnen in das „Regelhaus“ der Servitinnen, eine freiere Gemeinschaft als die im angeschlossenen „Versperrten Kloster“, eintraten, hielten sie sich eine Kapelle mit 16 Musikern, darunter 4 Sängerknaben. Diese waren bei einem der Musiker untergebracht, Anna Katharina sorgte auch für deren Schulbildung. 1617 fand A. Megerle Aufnahme als Singknabe, er kehrte später als Musiklehrer zu den Nonnen zurück. Zwischen 1612 und 1783 (Aufhebung des Klosters) sind 31 Schwestern als Musikerinnen und Komponistinnen namhaft zu machen, unter ihnen Maria Juliana Schwaighofer, die Tochter des Hofkapellmeisters S. Schwaighofer.

Städtisches Musikleben: 1305 ist nachweislich ein Spielmann ansässig. Mitte des 14. Jh.s wurden Stadttürmer (Thurner) institutionalisiert, die im 16. Jh. auch Kirchendienst und Aushilfe in der Hofkapelle leisteten. Ein Spielgraf wachte 1490–1808 über die Tätigkeit der Spielleute. Um die Mitte des 18. Jh.s waren adelige Dilettanten zu einer „Musikalischen Akademie“ zusammengeschlossen; mit Unterstützung von Berufsmusikern veranstalteten sie Hauskonzerte. Wenzel Graf Spaur rief 1787 das „hochadelige“ Kasino ins Leben, das wie das 1799 gegründete bürgerliche Stadtcasino sich ebenfalls der Musikpflege widmete. 1807 wurde das Stadtcasino in ein Tanz-, Musik- und Lesekasino umstrukturiert. Sein Orchester bestand aus eigenen Mitgliedern, Dilettanten, Berufs- und Militärmusikern, nach der Gründung des Musikvereins kamen dessen Angehörige dazu. J. B. Gänsbacher trat hier um 1820 mehrmals als Dirigent und Pianist auf, ab 1825 lag die musikalische Direktion in Händen der Direktoren und Kapellmeister des 1818 mit maßgeblicher Initiative Gänsbachers gegründeten Musikvereins. 1867 wurde M. Nagiller Musikvereinsdirektor, ein Schüler eines der ersten beim Musikverein tätigen Lehrers, M. Goller. Er initiierte Aufführungen von Oratorien G. F. Händels und Felix Mendelssohns mit über 300 Mitwirkenden in I. Seine Nachfolge trat 1875 J. Pembaur d. Ä. an. Die Konzerte des Musikvereins, die 1818 im Redoutensaal ihren Anfang genommen hatten, werden seit 1947/48 als Konzerte der Stadt I. fortgesetzt. Das jetzige Tiroler Symphonieorchester mit Sitz in I., seit 1997 unter der Leitung von Georg Schmöhe, geht auf das 1893 institutionalisierte I.er Stadtorchester zurück. Die pädagogischen Aufgaben des 1939 aufgelösten Musikvereins führte die Städtische MSch. weiter, seit 1957 zusätzlich das Konservatorium.

Das Komödienhaus blieb nach Auflösung der Hofkapelle als „k.k. Hoftheater“, später „Nationaltheater“, bestehen, bespielt von wandernden Truppen und privaten Theaterunternehmern. 1765 fand anlässlich der Hochzeit Erzhzg. Leopolds die UA von J. A. Hasses Romolo ed Ersilia statt, 1769 trat M. Haydn hier auf, 1774–76 gastierte E. Schikaneder als Sänger und Schauspieler. Singspiele und Opern von F. S. Haindl, G. Benda, A. Salieri, G. Paisiello, K. Ditters v. Dittersdorf u. a. bestimmten das Repertoire. Zwischen 1795 und 1800 gab es fünf Mozart-Premieren. Nach 1820 weilten mehrmals italienische Operngesellschaften am Theater und machten G. Rossini bekannt. Eine Dilettantengesellschaft spielte 1829 Etienne-Nicolas Méhuls Josef und seine Brüder, 1838 erfolgte die I.er EA von L. v. Beethovens Fidelio. 1846 eröffnete man einen Theaterneubau mit Schauspielen von E. v. Bauernfeld und J. Nestroy sowie mit der Oper Lucrezia Borgia von Gaet. Donizetti. 1886 übernahm die Gemeinde I. das nunmehr als Stadttheater bezeichnete Haus in ihr Eigentum. Die Theaterpächter waren 1852–1918 nicht zu Opernaufführungen verpflichtet, weshalb italienische und deutsche Unternehmen „Monatsopern“ darboten. Opern führender Komponisten erschienen auf dem Spielplan, z. B. von F. v. Flotow, G. Meyerbeer, A. Lortzing, G. Verdi und Rich. Wagner. 1908 gelangte Salome von R. Strauss zur Aufführung. Das heimische Opernschaffen war präsent mit Werken von Nagiller oder Musikdirektor František Skuherský (1854–66 in I.). In den Jahrzehnten vor und nach 1900 hatten sich auch Operetten von J. Strauß, K. Millöcker oder Ch. Weinberger ihren Platz erobert.

Zur Pflege von Musik und Geselligkeit entstanden in der 2. Hälfte des 19. Jh.s mehrere Männerchöre. Als erste schlossen sich 1842 Akademiker und andere Bürger zur I.er Liedertafel zusammen. Deren Mitglieder initiierten eine Vereinigung aller Chorsänger Tirols, die 1860 mit dem Tiroler Sängerbund in Schwaz erfolgte; sie hat heute ihren Sitz in I. Einige Chöre, z. B. die Wolkensteiner, die sich 1911 aus einem Doppelquartett der Freiwilligen Feuerwehr rekrutierten, widmeten sich ausdrücklich der Pflege des alpinen Volkslieds. 1905 formierte sich unter Josef Eduard Wackernell, einem Germanisten der Univ. I., ein Arbeitskomitee zur Sammlung von Volksgut. Bis 1918 waren im Tiroler Volksliedarchiv schon über 25.000 Volkslieder, Jodler, Tänze usw. zusammengetragen. Blaskapellen, in deren Reihen anfangs oft auch Streicher spielten (Blasorchester), sind in I. schon 1767 namhaft: die Obermayer’sche Musikanten-Kompagnie und die Sporer-Musikanten-Kompagnie. 1816 präsentierte sich erstmals eine professionelle Schützenmusikkapelle, für die Gänsbacher böhmische Musiker angeworben hatte und mehrere Märsche schrieb. Nach einer Reorganisation 1852 führte die Kapelle den Namen Städtische Musikkapelle; der städtische Bürgerausschuss bestimmte 1869 ihre Auflösung. Der Tiroler Blasmusikverband, gegründet 1947, hat seinen Sitz in I. (Blasmusikverband).

I. verdankt seinen Ruf als Pflegestätte „Alter Musik“ O. Ulf, der 1963 die Ambraser Schlosskonzerte, 1972 die Internationale Sommerakademie für Alte Musik und 1976 die I.er Festwochen, derzeit unter künstlerischer Leitung von R. Jacobs, ins Leben rief. Im Paul-Hofhaimer-Wettbewerb messen sich seit 1972 Organisten im Spiel auf historischen Orgeln. Die Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum unter ihrem Kustos Man. Schneider bringt in Museumskonzerten seit 1988 regelmäßig originäre Tiroler Volksmusik, repräsentative Tiroler Klassik des 16.–20. Jh.s und Musikinstrumente Tiroler Instrumentenmacher zu Gehör und hat sie in bislang über 100 CDs dokumentiert, die vom Tiroler Landesmuseum und Institut für Tiroler Musikforschung I., der führenden landeskundlichen Musikforschungsstätte, ediert und im „Klangraum“ des Museums im Zeughaus für jedermann abhörbar sind.

Instrumentenbau: Ein gewisser Gennsschedl ist 1451/52 der erste, in Wilten namhafte Orgelmacher. Seit 1656 war D. Herz in Brixen I.er Hoforgelmacher, er eröffnete in Wilten eine Werkstatt 1671; seine Chororgel für das Stift Wilten von 1676 wird dort heute (2002) noch gespielt. Seine Werkstatt übernahm J. Hackhofer, dann J. C. Humpel. Im 18. und 19. Jh. betrieben Mitglieder der Familie Fuchs das Orgelmacherhandwerk in I. J. G. Gröber ließ sich 1806 nieder, er baute Orgeln, Klaviere und ein Terpodion. Seine Söhne Franz und Josef Philipp erlernten das Handwerk des Vaters. Josef Morherr betrieb seit 1834 in I. Klavier- und Orgelbau, bis Anfang des 20. Jh.s arbeiteten noch Alois, Franz und Engelbert Morherr.

Der I.er Hof bezog seine Instrumente auch von einheimischen Instrumentenmachern: 1464 und 1486 lieferte Erhart Pöcht aus Arzl [heute I.-Arzl] Lauten. Ein Meisterinstrument der Lautenfamilie stellte J. G. Psenner mit seiner Mandoline, I. 1775 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum), her. Er hatte die Geigenmacherwerkstatt von seinem gleichnamigen Vater übernommen. Am Hof waren als Lauten- und Geigenmacher tätig im 16. Jh. Georg I. (* ca. 1520), Georg II. (* n. 1548) und Melchior Gerle († 1607), im 17. Jh. Georg II. († 1668) und Georg III. († 1724) Seelos. Aus Füssen/Umgebung waren weiter zugewandert J. P. Schorn (1654), Franz Urban Stoß (1739), ferner M. Griesser (1725). Unter den Geigenbauern seit der 2. Hälfte des 19. Jh.s finden sich Josef Gschwenter (ab 1857), Otto Body (ab 1875), Bruno Nobitschek (ab 1906).

Holzblasinstrumente erzeugten Drechsler, so um 1720/30 Felix Aggstein, um 1820 Franz Krismer. Im 19. Jh. war die Herstellung von Blasinstrumenten eine Domäne von aus Böhmen zugewanderten Handwerkern, z. B. Franz Wenzel Leibelt, Anton Tutz, Anton Breindl oder Paul Fatka. Mancher arbeitete zuerst in der Werkstätte, die der 1833 in I. gegründeten Musikalienhandlung J. Gross angegliedert war. Mit Rudolf III. Tutz (* 1940) arbeitet in I. heute noch ein hervorragender Blasinstrumentenmacher.

In Büchsenhausen befand sich seit Peter Löffler († 1530) eine Glockengießerei (Glockenguss), die seine Söhne Gregor und Alexander, dann seine Enkel Elias und Hans Christoph übernahmen und die Heinrich Reinhart 1614 aufkaufte. Nach Mitgliedern der Familie Köttelath im 17. und 18. Jh. war Josef Georg Müller († 1854) der letzte Büchsenhausener Glockengießer. 1836 eröffnete die seit dem 17. Jh. in Brixen und Habichen tätige Glockengießerei Grassmayr ihre Niederlassung in I.; sie liefert derzeit weltweit.

Zahlreiche Musikinstrumente tirolischer Provenienz verwahrt die Musiksammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, ebenso Musikhandschriften und Musikdrucke, vorwiegend Tirolensien.

Musikverlage: Als erster Notendruck in I. erschien 1558 bei Hofbuchdrucker Rupert Höller: Euangelischer Christlicher Bericht vnd Ermanung ... in Gesangsweys (RISM 158808). Im 17. Jh. war I. ein Zentrum des Notendrucks. Hans Paur publizierte 1588 das I.er Gesangbuch und das Mariale des Hofkapellmeisters Regnart, sein Sohn Daniel Paur edierte weitere musikalische Tirolensien. J. Gaech richtete 1626 eine neue Notendruckerei ein und publizierte zahlreiche Werke Tiroler Komponisten sowie Liedflugblätter (Flugblatt). Mich. Wagner, ab 1668 Hofbuchdrucker, veröffentlichte Kirchenmusik der im süddeutsch-österreichischen Raum tätigen Komponisten; sein Sohn Jakob Christoph verlegte auch Libretti. Im 19. Jh. lieferten Josef Grader, Josef Schöpf, Johann Kravogl sowie Karl Alexander und Karl Alfred Czichna mit ihren lithographischen Anstalten Notendrucke. Der Musikalienhändler Josef Anton Möst betrieb auch einen Musikverlag, ebenso ging der Musikverlag J. Gross (Simon Alfons Reiss) mit einem breiten Spektrum an Verlagstiteln von Kirchenmusik, u. a. dem Erstdruck von A. Bruckners d-Moll-Messe 1894, Militärmusik, Hausmusik bis zu Tiroler Liedern aus einer Musikalienhandlung hervor.


Literatur
L. Streiter in Pfarrbl. für I., Hötting und Mühlau 10 (1928/29); A. Dörrer in Gutenberg-Jb. 14 (1939); W. Senn in J. Knobloch (Hg.), Ammann-Festgabe 1954; Senn 1954; K. M. Klier in JbÖVw 4 (1956); E. Berlanda in N. Grass (Hg.), Ostern in Tirol 1957; K. Leipert, Hundert Jahre Tiroler Sängerbund 1860–1960, 1960; W. Senn in Tiroler Heimatbll. 50 (1975); E. Krauss, Die Orgeln I.s 1977; [Kat.] Jakob Stainer und seine Zeit, Innsbruck 1984; J. Gänsbacher, Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, hg. v. W. Senn 1986; M. Schneider in [Kat.] Der Herzog und sein Taler. Erzhzg. Sigmund der Münzreiche. Hasegg-Hall i.T., Innsbruck 1986; F. M. Weiß OSM in Tiroler Heimatbll. 61 (1986) u. 62 (1987); H. Herrmann-Schneider in KmJb 72 (1988); H. Herrmann-Schneider in Analecta Praemonstratensia 64 (1988) u. 65 (1989); E. Krauss, Die Ebert-Orgel in der Hofkirche zu I. (1558), 1989; J. Höpfel, I. Residenz der alten Musik 1989; M. Schneider, [Kat.] Mozart in Tirol, Innsbruck 1991; W. Salmen (Hg.), Imperiale Musik von Schloss Ambras aus der Regierungszeit Karls V. und Ferdinands I., 1992; M. E. Nussbaumer-Eibensteiner, Johann Georg Gröber. Tiroler Klavier- und Orgelbauer (1775–1849), Dipl.arb. Innsbruck 1992; U. Simek, Das Berufstheater in I. im 18. Jh. 1992; W. Steiner (Hg.), 175 Jahre Musikverein Musikschule Konservatorium in I. 1993; M. Fink in Tiroler Heimat. Jb. für Geschichte und Volkskunde 58 (1994); H. Herrmann-Schneider in Sänger- und Musikantenzeitung 37 (1994); K. Drexel, Musikwissenschaft und NS-Ideologie. Dargestellt am Beispiel der Univ. I. von 1938 bis 1945, 1994; F. M. Weiß OSM in L. Kačic (Hg.), [Kgr.-Ber.] Musik der geistlichen Orden in Mitteleuropa. Trnava 1996, 1997; H. Herrmann-Schneider in Info RISM Nr. 9 (1998); G. Ammann, 175 Jahre Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 1998; W. Seipel, [Kat.] Für Aug’ und Ohr. Musik in Kunst- und Wunderkammern. Schloß Ambras, 1999; M. Oebelsberger, Die Musik in der Lehrerbildung Tirols von der Maria-Theresianischen Schulreform bis zum Reichsvolksschulgesetz (1774–1869), 1999; G. Egger (Hg.), [Fs.] Domorgel St. Jakob/I. 2000; G. Mayr, Das I.er Symphonieorchester 1946–2001, Dipl.arb. Innsbruck 2001; Tschmuck 2001; K. Drexel/M. Fink (Hg.), Musikgesch. Tirols 1 (2001); E. Krauss in Mitteilungsblatt Österreichisches Orgelforum Nr. 2 (Juni 1977); R. Jaud in Das Orgelforum Nr. 5 (2002); G. Allmer in Das Orgelforum Nr. 11 (2008).

Autor*innen
Hildegard Herrmann-Schneider
Letzte inhaltliche Änderung
1.2.2009
Empfohlene Zitierweise
Hildegard Herrmann-Schneider, Art. „Innsbruck“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 1.2.2009, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d294
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Orgel des Innsbrucker Doms (St. Jakob)© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger
HÖRBEISPIELE

Jusepe Ximenez, Batalla de sexto tono für Orgel, gespielt auf der italienischen Renaissance-Orgel der Silbernen Kapelle der Innsbrucker Hofkirche

DOI
10.1553/0x0001d294
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