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Dornbirn
Größte Stadt in Vorarlberg mit sechs Bezirken: Markt, Oberdorf, Haselstauden, Hatlerdorf, seit 1994 Schoren und Rohrbach; 895 erste Erwähnung als Torrinpuiron, 1793 Erhebung zur Marktgemeinde, 1901 zur Stadt; im ausgehenden 19. Jh. war D. Zentrum der Vorarlberger Textilindustrie.

Bis zur Mitte des 19. Jh.s fließen die musikalischen Nachrichten nur spärlich. Erste namentliche Erwähnungen von Musikanten gibt es seit dem 15. Jh. in Lehensverzeichnissen und militärischen Musterrollen: Pfeifer Ranberg und Martin Hueber, Trommler Hans Wähinger und Joseph Albrecht u. a. Vor der Gründung der ersten Gesangvereine war die Kirche Stätte einer organisierten Gesangpflege. Schulmeister, Priester und Knaben nahmen am liturgischen Gesang teil. 1677 wird in der Stadtpfarrkirche St. Martin erstmals eine Orgel erwähnt, 1723 eine neue Orgel durch J. Abbrederis erbaut; bereits 1787 findet man bezahlte weibliche Kirchensängerinnen, die Kirchenmusik wird instrumental begleitet. Wie in anderen Gemeinden wurden weltliche Musik und Tanz von der Obrigkeit stark eingeschränkt. 1793 durften sich laut Erlass keine herumziehenden Spielleute, sondern nur „anständige Gesellschaften“ produzieren. 1797 sucht eine „Gesellschaft von der Kirchenmusick“ um Aufführungsbewilligung im Kornhaus an.

Ein lebendiges profanes Musikleben begann sich in D. parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung in der 2. Hälfte des 19. Jh.s mit der Gründung von Musikkapellen, Chören und einem Orchesterverein zu entfalten. Die Initiative ging insbesondere von musikbegeisterten Fabrikanten aus, die auch für die finanzielle Unterstützung sorgten, u. a. die Familien Hämmerle (Viktor, Theodor), Rhomberg und Herburger. Um 1850 gibt es auch in Haselstauden und Hatlerdorf Blasmusikkapellen. 1860 trat unter der Leitung von August Rhomberg erstmals eine Orchester-Gesellschaft öffentlich auf. Das Klavier fand Eingang in bürgerliche Kreise, Konzerte, Tanz- und Faschingsveranstaltungen demonstrieren eine gehobene Lebensweise. Gesangskunst pflegen noch heute der Männerchor Dornbirn (gegr. 1859), der Gesangverein Frohsinn Oberdorf und der Liederhort Hatlerdorf (gegr. 1891). 1871 wurde die Gesellschaft der Musikfreunde gegründet. Sie erlebte eine erste Blüte in der Ära des ersten Musikdirektors A. Torggler. Unter seiner Leitung gab es anspruchsvolle Einstudierungen: Messen von Giovanni Pierluigi da Palestrina, J. Haydns Schöpfung und Jahreszeiten, Felix Mendelssohn Bartholdys Walpurgisnacht. Die Gesellschaft initiierte 1901/02 die Gründung einer MSch., deren Lehrpersonal und Direktoren sich in der Folge aus zugezogenen anerkannten Musikern zusammensetzte, die auch kompositorisch tätig waren: F. X. Westerop, F. Offermanns, G. Hering-Marsal, F. Jung, W. Stärk. Unter Musikdirektor Offermanns bildete sich eine Operngesellschaft, die in der Zwischenkriegszeit landweit mit Liebhaberaufführungen Aufsehen erregte (u. a. mit namhaften Werken der Opernliteratur wie Freischütz, Troubadour, Carmen, Lohengrin). Das Musikleben während der NS-Zeit wurde geprägt von der Reichsmusikkammer, Konzertaufführungen und Veranstaltungen wurden zentral geregelt, Vereine standen im Dienste der NS-Propaganda. Neuen Aufschwung brachte nach dem Krieg 1946 die Gründung des Funkorchesters (Rundfunk), das bis 1959 unter der Leitung von H. Moltkau aktiv war. 1968 kam es zur Gründung des Big Band Clubs D. 1975 wurde von R. Aberer und Benny Gleeson im Rahmen der MSch. das Jazzseminar gegründet. Pioniertätigkeit leistet Musikschuldirektor G. Simma mit seinem 1981 gegründeten Jugendsinfonieorchester (simmaphoniker). Im 20. Jh. wurde die Chorlandschaft D.s erweitert: Sängerrunde Die Vogelweider D. und Männergesangverein Kärntner in Vorarlberg (gegr. 1948), Madrigalchor (ehemals Bregenzer Kammerchor, gegr. 1968), Kärntner Grenzlandsänger D. (gegr. 1976), Ensemble Kontrapunkt (gegr. 1990), Chor Los amol (gegr. 1991). Von den zeitgenössischen Komponisten und Musikern sind Th. Thurnher, R. Aberer und U. Gabriel zu nennen.

Basierend auf einer kontinuierlichen Entwicklungsgeschichte stehen wir heute in D. einer musikalischen Vielfalt gegenüber, die alle Bereiche der Musik abdeckt. Das Spektrum reicht von klassisch geprägten Abonnement- und Kirchenkonzerten über ein respektables Blasmusik- und Chorwesen bis hin zur Unterhaltungsszene für die Jugend und Junggebliebene.


Literatur
Gedenkschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Orchester-Gesellschaft u. des „Männerchor“ zu D. am 14. Dezember 1884, 1884; H. Nadler, Orgelbau in Vorarlberg u. Liechtenstein 2 (1985), 578–665; U. Kemmerling-Unterthurner, Musik in D. 1994; K. Peter, Jazz in Vorarlberg, Dipl.arb. Wien 1998; A. Bösch-Niederer in 150 Jahre Blasmusik im Hatlerdorf 2000; W. Matt/H. Platzgummer (Hg.), Gesch. der Stadt D. 2002; Stadtarchiv Dornbirn, Vorarlberger Landesarchiv, Vorarlberger Landesmuseum.

Autor*innen
Annemarie Bösch-Niederer
Letzte inhaltliche Änderung
18.11.2011
Empfohlene Zitierweise
Annemarie Bösch-Niederer, Art. „Dornbirn‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.11.2011, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x002a3079
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