Der R. war in Österreich ursprünglich als Musikmedium konzipiert, wobei die Musikkultur der Donaumonarchie im vollen Bewusstsein der Bedeutung übernommen, adaptiert und international erfolgreich angeboten wurde und nach dem internationalen Wandel zum allgemeinen Verbreitungsmedium von Information Musik noch immer eine große Rolle spielt. Zugute kam zu Beginn der Umstand, dass nach dem Zerfall der Donaumonarchie in der Musikausbildung, speziell in Wien, keine Reduktion vorgenommen worden war, und obendrein eine Reihe von Absolventinnen und Absolventen nicht in ihre Heimatorte, nunmehr in den neuen Staaten gelegen, zurückkehrten. Das Überangebot an qualifiziertem musikalischen Nachwuchs führte zu Gründungen kleiner Ensembles, die allesamt mit musikalischer Alltagskultur ihre Existenz finanzierten und durch die Konkurrenzsituation attraktive Programme anboten. Auf diese Situation traf die RAVAG, die anfangs aus technischen Gründen und aus Mangel an Erfahrung die Programme etablierter Kultureinrichtungen (Staatsoper, Musikverein, Konzerthaus) übernahm, aber sehr wohl auch im Populärsektor mittels Tanzmusik aus verschiedenen Etablissements Präsenz zeigte. Ein Gutteil arbeitsloser Musiker fand im R. neue Betätigung, die allerdings bei Eigenproduktionen rasch Eigengesetzlichkeit entwickelte. Da man nicht stundenlang wahllos Musikstücke senden kann, weil das gängige Repertoire bald „abgespielt“ ist, und nur Musik allein, die für den Konzertsaal, allenfalls für den Hausgebrauch konzipiert ist, zuviel Aufmerksamkeit erfordert, entwickelte man eine Programmstruktur mit Wort- und Musiksendungen.
Das Beachten von Zeit im Sekundenbereich tritt in den Vordergrund, sobald Nachrichten zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Sendung gehen. Musikstücke wurden folglich bei Zeitüberschuss gedehnt, bei Zeitmangel gerafft, Wiederholungen eingespart, Sätze weggelassen, Besetzungen nach Situation verändert und die Dynamik vereinheitlicht. Zu leise Passagen gehen im Alltagsablauf unter, zu laute stören. Die Eigengesetzlichkeit von Musik passt nicht zu ihrer Verwendung im R. Daher ergibt sich Bedarf an passender Musik; es entstand die sog. Symphonische Unterhaltungsmusik. Sie erfuhr durch das Auftreten des Tonfilms (Film/Filmmusik) allerdings bald dahingehend eine Modifikation, als die besten Passagen zu einem geschlossenen Musikstück kompiliert wurden. Da Filmmusik damals oft mit Leitmotivtechnik arbeitete, ergab sich zwangsläufig ein musikalischer Kontext. Auf der Ebene der Kunstmusik bzw. der traditionellen Unterhaltungsmusik hingegen scheitern Versuche mit Funkoper und Funkoperette. Die Interessenten von Oper und Operette zogen die Übertragung von Bühnenwerken reinen Medienstücken vor. Als Vokalgattungen traten neben das traditionelle Liedgut Song und Schlager, wobei kleine pointierte Geschichten erzählt werden, die mitunter durchaus hohe Anforderungen an die InterpretInnen stellen. Analog zur Symphonischen Unterhaltungsmusik wurden auch Lieder und Songs aus Filmen ins Programm aufgenommen. Als Komponisten für die neuen Gattungen der Medienmusik sind M. Schönherr, W. Andress, M. v. Bach, E. Berlanda, O. Dietrich oder F. J. Reinl zu nennen.
Während die Symphonische Unterhaltungsmusik wegen ihrer extremen Nutzung im Dritten Reich (Nationalsozialismus) nach dem Zweiten Weltkrieg allmählich kürzeren Instrumentalstücken, verstärkt aus der Historie, wich, dominieren – in Österreich v. a. ab 1967 – die Vokalgattungen aus der US-amerikanischen Populärmusik den R. Nun werden keine Geschichten mehr erzählt, sondern Kritik geübt, später nachvollziehbare Emotionen vermittelt (Rock/Pop). Diese Nummern werden nach einer Phase der Erprobung so konzipiert, dass man keinen Abschluss (Kadenz) erwartet, der musikalische Inhalt bereits nach wenigen Sekunden bekannt ist und faktisch binnen kürzester Zeit ausgeblendet werden kann. Strukturell sind drei Ebenen auszumachen: die Rhythmusebene als Fundament, die durch bestimmte Klangfarben (auch Vokalstimmen) bestimmte Melodie und die Singstimme.
Die große Menge an Musik, die mit zunehmender Optimierung des R.s und der Tonträgerindustrie gebraucht wird, kann am Ende des 20. Jh.s international digital erzeugt werden. Die genannten drei Ebenen lassen sich nun als Musikschleifen unabhängig voneinander produzieren und übereinander legen. Einfall, Verarbeitung, Stimmtechnik und instrumentales Können sind unerheblich, da mit Hilfe der Digitaltechnik nahezu jeder Fehler getilgt werden kann und erprobte Marketingkonzepte fehlende Begabung zu kompensieren verstehen. Diese R.-Musik ist für Live-Aufführungen nicht mehr geeignet, sondern reine Medienmusik.
Eine Gattung, die in der Musikgeschichte vor Erfindung des R.s niemals erforderlich war, sind Überleitungsmusiken zwischen zwei Sendungen und Signets, akustische Merkmale zur Trennung und Identifizierung einzelner Sendungen. Da es v. a. in der Anfangszeit unvermeidlich war, dass zwischen zwei Sendungen Pausen entstehen, füllte man diese mit anspruchsloser, angenehmer Musik aus wenigen Takten, die man beliebig wiederholen konnte. Signets sind demgegenüber anspruchsvoller, denn jedes muss eindeutig identifizierbar sein, mit einem Sendeformat korrelieren und darf sich nicht allzu rasch abnützen. In Österreich hat man sich 1994 dazu entschieden, W. Pirchner mit der Entwicklung von Signets für alle Sendungen von Ö1 zu betrauen. Sein Sounddesign geriet so einprägsam, dass neue Sendungen laufend Signets in seinem Stil erhalten.
Eine für die Wirtschaft unerlässliche Gattung ist der Werbespot, der in R. u. F. präsentiert wird. Wesentlich ist hier, dass prägnante Musik mit dem Slogan bzw. mit den Bildern identifiziert werden kann. Erklingt das Motiv – meist nicht länger als 30 Sekunden – soll der Konsument sofort das Produkt assoziieren. Anleihen aus der Kunstmusik und der Populärmusik sind hier unverzichtbar, da ganz neu komponierte Musik erst registriert und zugeordnet werden muss, während Anklänge an Bekanntes Vertrauen schafft.
An der Grenze zum Geräusch ist die Musik zur Unterlegung von Schlagzeilen: Ein Rhythmusmodell aus wenigen, stets wiederkehrenden Tönen mit starkem Geräuschcharakter, leiser als der gesprochene Text, suggeriert Aktivität und soll Aufmerksamkeit wecken. Fehler in der Lautstärke bringen allerdings das gesprochene Wort zum Verschwinden.
Wesentlich ist der R. für die Verbreitung des Trends, Alte Musik auf historischen Instrumenten zu spielen und gleichsam Neues und Unbekanntes aus der Historie anzubieten. Dies ist v. a. für den Klassiksender Ö1 wichtig, da in der 2. Hälfte des 20. Jh.s kaum Kunstmusik entstanden ist, die bei der großen Masse von Musikliebhabern Gefallen gefunden hätte. Entgegen der Ansicht, derzufolge der Wert von Musik nicht durch den Massengeschmack festgelegt werden kann, verdankt jeder Klassiksender seine Existenz den Musikliebhabern, die den R. nicht nur zu intellektueller Auseinandersetzung mit kompositorischen Konzepten benützen. Ö1 nimmt als öffentlich rechtlicher Sender seine Verpflichtung wahr, zeitgenössischer Musik Gehör zu verschaffen. Allerdings geschieht dies um 2000 nicht mehr nur durch Eigenproduktionen des Radio-Symphonieorchesters Wien , das sich aus Kostengründen aus seiner Spezialisierung für Neue Musik gelöst hat, sondern durch Einspielungen oder die Übertragung von Live-Aufnahmen.
1954 gab es in Österreich erste F.-Versuchssendungen, die wegen des Einspruchs der Besatzungsmächte nicht auf dauerhaften Sendebetrieb gehen konnten. Da bereits der Ankauf von Kameras verboten war, wurden die ersten drei Kameras im eigenen Haus konstruiert. Nach Abschluss des Staatsvertrags wurde bereits am 1.8.1955 die erste Fernsehsendung von Wien-Meidling ausgestrahlt, ein zweiter Kanal diente vorerst Versuchszwecken, später regulärem Programm. Benannt wurden die beiden Sender FS1 und FS2, später ORF1 und ORF2. Die erste Fernsehsendung in Farbe war am 1.1.1969 bei der Übertragung des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker zu sehen.
In der Entwicklung des F.s wurden erprobte Technologien des Rundfunks auf die Bildkommunikation übertragen. Da die Sendung von Bildfolgen ohne Musik ebenso problematisch ist, wie beim frühen Tonfilm, hat man sehr rasch auch die Erfahrungen der Filmindustrie adaptiert. Die Bedeutung des Films für das laufende Programm im F. entspricht jener der Tonträger für den R. Eigenproduktionen werden analog zu Filmen mit Musik versehen, bei Dokumentationen greift man häufig auf präformierte, im Archiv aufbewahrte Musik zurück.
Da auch im F. der Übergang zwischen zwei Sendungen gekennzeichnet werden muss, werden ebenfalls Signets geschaffen, die mit bewegten Logos kombiniert werden. Die visuelle Ebene hat sich der akustischen angepasst. Bei allem Zwang zu permanenter Innovation sorgt in Österreich ein Signet für Kontinuität: Der Donauwalzer von J. Strauss Sohn, der in stets aktualisierter und modifizierter Version Nachrichtensendungen ankündigt.
Gattungsspezifische musikalische Innovationen sind beim F. nicht nachweisbar, denn alle Formate bedienen sich längst erprobter musikalischer und akustischer Techniken aus dem R. und stehen in beständigem Austausch mit internationalen Fernsehstationen und ihren Innovationen; das betrifft auch den Werbespot.
E. Berg, Film und F. – Ergebnisse einer Repräsentativerhebung 1978, 1979; H. H. Fabris (Hg.), Medienkultur in Österreich – Film, Fotografie, F. und Video in der Zweiten Republik 1988; W. Hoffmann-Riem/W. Teichert (Hg.), [Kgr.-Ber.] Musik in den Medien – Programmgestaltung im Spannungsfeld von Dramaturgie, Industrie u. Publikum. Hamburg 1985 , 1986; J. Kloppenburg (Hg.), Musik multimedial – Filmmusik, Videoclip, F. 2000; M. Saary, Die Musik der audiovisuellen Medien. Von romantischer Allmacht zu medialer Allgegenwärtigkeit , Hab.schr. Wien 1997; R. Wehmeier, Hb. Musik im Fernsehen. Praxis und Praktiken bei dt.sprachigen Sendern 1995; eigene Recherchen.