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Weidenpfeife
Kernspaltflöte, die sich Kinder im Frühling aus Weiden- oder Holunderästen schneiden (in Österreich meist Maipfeiferl oder Felberpfeife, im Burgenland auch Wischperl, in Tirol auch Wischpele, in Vorarlberg auch Haselpfifa, Salepfeife, Holzpfifa oder grüne Pfeife genannt). Ihre Anfertigung ist aus vielen Ländern bekannt und überall die gleiche. Das Rohmaterial, die Zweige, müssen „im Saft“ sein, damit sich die Rinde lösen kann. Man schneidet ein etwa fingerdickes Stück ab, kerbt es entsprechend ein und klopft dann so lange auf die Rinde, bis sich diese als Röhre ablösen lässt. Aus dem übrig bleibenden Holzkern wird das Labium geschnitten; oft fungiert der Kern auch, ins untere Ende gesteckt, als verschiebbarer Kolben, mit dem die Tonhöhe verändert werden kann. Auch W.n mit mehreren Grifflöchern sind möglich. Die W. trocknet meist schon nach wenigen Tagen aus und wird unbrauchbar. Das Maipfeiferlschneiden war lange Zeit eine Tradition der Hirten und Halterbuben; von besonderem Interesse sind die in der Kinderspielforschung als „Bastlösereime“ bekannt gewordenen „Zaubersprüche“, die beim Klopfen auf die Rinde skandiert werden („Pfeiferl, Pfeiferl, geh, sunst wirf i di in Schnee...“). Für das 17. Jh. belegt P. L. v. Schniffis durch seine Mirantische Mayen-Pfeiff oder Marianische Lob-Verfassung... das Instrument, das zwar nur von „schlechten Hirten und Bauers-Leuten“, jedoch durchaus „anmuthig“ gespielt würde. Dass die W. Anfang des 19. Jh.s noch mehr war als ein Kinderspielzeug, bezeugt der Beethovenschüler F. Ries aus 1802: „... Auf einer dieser Wanderungen [bei Heiligenstadt] gab Beethoven mir den ersten auffallenden Beweis der Abnahme seines Gehörs. Ich machte ihn nämlich auf einen Hirten aufmerksam, der auf einer Flöte, aus Fliederholz geschnitten, im Walde recht artig blies“ (Klier 1956).
Literatur
(Alphabetisch:) K. Beitl in JbÖVw 15 (1966); G. u. K. Horak (Hg.), Tiroler Kinderleben in Reim u. Spiel. Tl. 1: Reime 1986; K. M. Klier in Das dt. Volkslied 45 (1943); K. M. Klier, Volkstümliche Musikinstrumente in den Alpen 1956; K. Paganini in Wr. Zs. f. Volkskunde 37 (1933); Filmdokument: R. Pietsch, Mitteleuropa, Burgenland – Anfertigung von einfachem Kinderspielzeug (Maipfeiferl, Rindenoboe, Hollerbüchse, Zitterwagen). Film C 1964 des ÖWF Wien, Österr. Bundesinstitut f. den Wissenschaftlichen Film 1989; Begleitveröffentlichung v. R. Pietsch in Wissenschaftlicher Film 41 (1990).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Weidenpfeife“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e64a
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.