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Hausegger, Hausegger, Friedrich Familie
Friedrich Johann Thomas von: * 1837 -04-2626.4.1837 St. Andrä/K, 1899 -02-2323.2.1899 Graz. Musikgelehrter, -schriftsteller, -kritiker und Komponist. Schulzeit 1842–49 in Lemberg (L’viv/UA), danach bis zur Reifeprüfung (1855) in Wien; 1855–59 rechtswissenschaftliche Studien in Ofen (Budapest) und Wien; 1861 Promotion zum Dr. jur. in Graz; daneben Musikausbildung in Wien bei K. G. Salzmann (Kontrapunkt und Komposition) und bei O. Dessoff (Komposition). Nach seinem Berufspraktikum bei der Finanzprokuratur in Wien war H. Konzipient der Hof- und Gerichtsadvokaten Karl Haerdtl in Wien (ab April 1862) und Franz Barthl in Graz (ab Mai 1865). Ab Mai 1865 hatte er seinen Wohnsitz in Graz, ab 1869 eine eigene Kanzlei. Sein Engagement für die unteren Gesellschaftsklassen trug ihm den Beinamen „Armendoktor“ ein. Nach Studienabschluss intensive Beschäftigung mit kunstgeschichtlichen und kunstphilosophischen Fragen; deutschnationale und antisemitische Gesinnung, aber keine politische Aktivität; 1886 Mitbegründer der Deutschen Presse.

H. war Gründungsmitglied mehrerer Vereine: Wiener Künstlerverbindung Wartburg (1864; Präsident 1865), Grazer Singverein (1866, Mitglied bis 1869) Grazer Wagnerverein (1873, bzw. 1883). 1886–94 im Direktorium des Musikvereins für Steiermark. Als Leiter der Vereinsschule führte er Reformen im Sinne seiner eigenen, auf die Persönlichkeitsentwicklung ausgerichteten Ästhetik und nach dem Vorbild Rich. Wagners durch: Dem Gesang kam als Medium unmittelbaren Ausdrucks eine Vorrangstellung zu und Chorübungen bildeten die verpflichtende Basis jeglichen Musikunterrichts. H. bewirkte die Einrichtung einer Schule für dramatischen Sologesang im Stile Wagners, geleitet von dem Balladensänger und -komponisten M. Plüddemann, und einer Klavierklasse mit dem Liszt-Schüler K. Pohlig. Auf seine Anregung wurde ein Saal für dramatische Übungen mit verdecktem Orchester nach Bayreuther Vorbild gebaut. 1868 bemühte sich H. mit seiner Schrift Die Instrumentalmusik und das Programm erstmals um Habilitierung als Privatdozent an der Philosophischen Fakultät der Univ. Graz. Erst mit seiner zweiten Habilitationsschrift (Musik und Sprache) erlangte er 1872 die venia legendi für „Theorie und Geschichte der Musik“. Diese Abhandlung und eine Reihe kleinerer musikhistorischer und -theoretischer Aufsätze bilden die Grundlage für seine physiologisch und psychologisch fundierte „Ästhetik von Innen“, der zufolge das Wesentliche der Musik in einem „geläuterten, zur edelsten Wirkung gesteigerten Ausdruck“ eines besonderen, „produktiven“ psychischen Zustands liege, der durch Mitempfindung unmittelbar und unbewusst rezipiert werde. H.s Ästhetik steht im Gegensatz zur formalästhetischen Position E. Hanslicks und wurde lange Zeit vornehmlich im Zusammenhang mit dem Parteienstreit zwischen Wagnerianern und Anhängern von J. Brahms rezipiert. Durch das neu erwachte Interesse am subjektiven Ausdruck seit den 1970er Jahren hat die Ästhetik H.s. wieder Aktualität erlangt. Außerdem stellt sie ein interessantes wissenschaftsgeschichtliches Dokument im Vorfeld der Psychoanalyse und für die Musiktherapie dar.


Gedenkstätten
H.straße (Graz XIV).
Schriften
R. Flotzinger (Hg.), Frühe Schriften und Essays 1986; Die Musik als Ausdruck 1885; Das Jenseits des Künstlers 1893; Die Anfänge der Harmonie: Ein Beitrag zur Geschichte des musikalischen Ohres 1895; Die künstlerische Persönlichkeit 1895; Gedanken eines Schauenden, gesammelte Aufsätze hg. v. S. v. H. 1903; Briefwechsel mit Peter Rosegger, hg. v. S. v. H. 1924; Gesammelte Schriften, hg. v. S. v. H. 1939. – Musikkritiken in: Der Volksfreund (Wien 1860–1898), Grazer Tagespost (1865–86), Deutsche Presse (1886/87) und Grazer Tagblatt (1891–98). – Dichtungen (ca. 63 Gedichte, Märchen, dramatische Texte für szenische Vertonungen u. Kantaten bzw. Deklamationen mit Gesang.)
Werke
einige Vokalwerke für Solo- und Chorgesang; Klaviertrio.
Literatur
MGG 5 (1956); StMl 1962–66; R. Flotzinger in MusAu 6 (1986); K. Marsoner in O. Kolleritsch (Hg.), Entgrenzungen in der Musik 1986; E.-J. Danz, Die objektlose Kunst. Untersuchungen zur Musikästhetik F. v. H.s 1981.


Sein Sohn Siegmund: * 16.8.1872 Graz, † 10.10.1948 München/D. Komponist, Dirigent, Musikpädagoge, Musikschriftsteller. H. erhielt seine musikalische Ausbildung in Graz durch seinen Vater, durch den Dirigenten E. W. Degner und den Liszt-Schüler K. Pohlig. Neben seinem Univ.sstudium Beteiligung als Pianist und Ensembleleiter an konzertanten Aufführungen im Grazer Wagnerverein (konzertante Aufführung der gesamten Ring-Tetralogie mit Klavierbegleitung) und Komposition der ersten Oper Helfried (UA 1890 in Graz). Nach Debüt als Gastdirigent der Grazer Oper (1896/97) Tätigkeit als Komponist, Dirigent, Musikpädagoge und Musikschriftsteller in Deutschland.

Als Pädagoge bemühte sich H. wie sein Vater um die Erschließung der ethischen Werte der Musik für die Persönlichkeitsbildung mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung des Empfindungsvermögens und strebte eine umfassende Erweiterung der Musikausbildung im universitären Sinne an. H. war mit der Sängerin Hertha, geb. Ritter (1873–1913), Tochter des Komponisten Alexander Ritter, verheiratet.


Werke
Orchesterwerke (Dionysische Phantasie, Symphonische Dichtungen Barbarossa u. Wieland der Schmied, Natursymphonie mit Schlusschor, Aufklänge, symphonische Variationen über ein Kinderlied); Vokalmusik (ca. 50 Klavierlieder, 3 Lieder nach altdt. Dichtungen, 3 Gesänge nach mhdt. Dichtungen f. Frauenst., Va. u. Klav., 4 Gesänge f. Tenor u. Orch., 8 Männerchöre, Requiem für 8-st. gem. Chor, Der arme Kunrad f. 4-st. Männerchor, 3 gem. Chöre nach Dichtungen Josef Weinhebers 1938, Morgensegen f. gem. Chor, Tenor-Solo, Orch. u. Orgel), Opern (Helfried, Zinnober).
Schriften
Alexander Ritter. Ein Bild seines Charakters und Schaffens 1907; Betrachtungen zur Kunst. Gesammelte Aufsätze 1921; A. Bruckner. Wissenschaftliche und künstlerische Betrachtungen zu den Originalfassungen, hg. v. d. IBG [o. J.].


Deren Sohn Friedrich von H.: * 19.12.1912 Hamburg/D, † 9.8.2000 Hannover/D. Violinist und Geigenpädagoge. Er studierte in Köln, München und Göttingen und war Prof. für Violine und Kammermusik an der Hsch. für Musik und Theater in Hannover/D; Konzerttätigkeit mit dem H.-Kammerorchester; 1977–87 2. Präsident der deutschen Sektion der European Piano Teacher Association (EPTA).


Literatur
MGG 5 (1956); StMl 1962–66; E.-J. Dantz, Die objektlose Kunst. Untersuchungen zur Musikästhetik F. v. H.s 1981.

Autor*innen
Karin Marsoner
Letzte inhaltliche Änderung
25.4.2003
Empfohlene Zitierweise
Karin Marsoner, Art. „Hausegger, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.4.2003, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d0be
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Siegmund von Hausegger (Monographien Moderner Musiker 1 [1906], 128r)

DOI
10.1553/0x0001d0be
GND
Hausegger, Friedrich: 118546996
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Hausegger, Siegmund: 116537620
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Hausegger, Friedrich: 128137045
OBV
Weiterführende Literatur

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