Krummhorn
Ein gegen Ende des 15. Jh.s wahrscheinlich in
Oberitalien erfundenes Doppelrohrblattinstrument mit enger zylindrischer Bohrung, dessen Korpus nach dem sechsten vorderständigen Griffloch in eine Krümmung übergeht. Das doppelte Rohrblatt wird indirekt, über eine sog. Windkapsel, angeblasen. In der Regel wurden die Instrumente zuerst mit der Längsbohrung versehen und dann unter Dampfeinwirkung gebogen.
K.er kann man nicht überblasen, sie haben deshalb einen sehr begrenzten Tonumfang (im Normalfall eine Non), der allerdings bei den tieferen Instrumenten durch sog. Extensionsklappen bzw. Schieber und durch die u. a. bei Martin Agricola 1529 beschriebene Unterblastechnik (verminderter Blasdruck), welche den gegriffenen Ton um eine Quinte sinken lässt, im tiefen Bereich erweitert werden kann.
K.er wurden in verschiedenen Größen gebaut: Klein Diskant bzw. Exilent (nach heutiger Terminologie: Sopran) c
1–d
2, Diskant (bzw. Alt) g
0–a
1, Alt/Tenor (bzw. Tenor) c
0–d
1, Bass mit Extension C
0–g
0, Großbass mit und ohne Extension A
1–d
0 oder B
1–c
0.
K.er wurden meistens im mehrere Größen umfassenden Ensemble gespielt. Diese
K.gruppen konnten auch mit anderen Instrumenten (meist
Zink,
Posaune,
Orgel) kombiniert werden.
Kaiser Maximilians I. vielfältigen Verbindungen zu Oberitalien (einschließlich seiner zweiten Hochzeit mit Maria Bianca Sforza von Mailand 1494) und seiner von Cuspinian beschriebenen Aufgeschlossenheit neu erfundenen Instrumenten gegenüber ist zuzuschreiben, dass K.er sehr früh in der kaiserlichen Hofkapelle Verwendung fanden und sich deshalb auch rasch nördlich der Alpen verbreiten konnten. K.er
sind sowohl in Hans Burgkmaiers Triumphzug Kaiser Maximilians I. (s. Abb.) als auch im Weisskunig abgebildet.
Kapellinventare von Graz, wo 1577 u. a. Ain ganz fueteral mit khrumphörnern, darin klain und grosz acht stuckh verzeichnet ist, Kremsmünster und Ambras belegen die Verwendung von K.ern bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jh.s in Österreich.
Von den insgesamt 55 erhaltenen K.ern befinden sich heute sechs in österreichischen Sammlungen, zwei Tenor-K.er im Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz und je zwei Diskant- und Alt/Tenor-K.er in der Sammlung Alter Musikinstrumente des KHM, Wien.
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15.7.2022
Klaus Hubmann,
Art. „Krummhorn‟,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.7.2022, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d646
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