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Euphonium
Auch Bariton oder Baritonhorn, Blechblasinstrument; von griech. euphōnios = wohlklingend; frz. basse à piston(s). Das in der alt-österreichischen Blasmusiktradition und später auch im englischsprachigen Raum E., in Deutschland „Bariton“ genannte, zur Familie der weitmensurierten und konisch gebohrten Blechblasinstrumente zählende Instrument (Flügelhorn), hat in zahlreichen regionalen Varianten, d. h. in verschiedenen Größen und Mensuren, die bislang weitgehend im Dunkeln liegende Experimentierphase des Blechblasinstrumentenbaues zwischen 1790 und 1850 überlebt. Man spricht auch von einer Tenortuba, die in der preußischen Militärmusik-Tradition mit zylindrischem, in Österreich mit konischem Mundrohr versehen wurde, wobei sich letztere ob ihres weicher klingenden und dem Gesang stärker entsprechenden Klanges zwischen 1855 und 1860 durchsetzte. Als um 1885 V. F. Červený ein sehr weites, sowohl oval wie tubaförmig gestaltetes Tenorhorn unter der Bezeichnung „Kaisertenorhorn“ oder „Kaisertenor“ auf den Markt brachte, schien die Lücke zwischen Tenor- und Basslage geschlossen, das neue E. setzte sich endgültig durch und zählt bis heute zum vierstimmigen Kern (2 Flügelhörner, E., Bassflügelhorn) der Blasorchester-Orchestration. Das E. wird in Österreich nach wie vor mit Drehventilen gebaut und benutzt, während sich außerhalb dieses mitteleuropäischen Traditionsraumes die Pumpventile durchgesetzt haben.

Aus der Werkstätte Červenýs stammt u. a. das um 1850 gebaute vier-, seltener dreiventilige „Baroxyton“, das die Weitenmensur des E.s weit überschreitet, eine Art Kontrabass in Tenorlage. Während das „Baroxyton“ wieder verschwand oder als kleine Tuba weiterlebte, hatte Červený mit dem „Baryton“, 1871/72, einem ovalen E.-Modell guten Erfolg: es verdrängte vielfach das E. Doch sollte man sich, wie Heyde (1987) zurecht betont, angesichts der Fülle der sich überschneidenden Bauarten und Mensuren davor hüten, vorschnell Zuordnungen zu der einen oder anderen Instrumentenbezeichnung zu treffen. Červený selbst bezeichnete in der Preisliste von 1872 sein neu entwickeltes Modell als „E. in B (Baryton)“.

Als Soloinstrument im Blasorchester ebenso wie in der sog. „Oberkrainer“-Besetzung und beim derzeit (2001) modischen „Weisenblasen“ kommt das E. ob seines erwähnten geschmeidigen Klanges in der volkstümlichen Musik gut zur Geltung.


Literatur
Bahnert/Herzberg/Schramm, Metallblasinstrumente21986; H. Heyde, Das Ventilblasinstrument 1987, v. a. 215–221; [G. Joppig], 150 Jahre Václav František Červený & synové 1991; E. Preinsperger, Solo-Tenorhorn/E. und Blasorchester. Verzeichnis von über 500 Solowerken für ein oder mehrere Tenorhörner/Euphonien und Blasorchester 1995; C. Sachs, Reallexikon der Musikinstrumente 1913; K. Earl Shrum, An Analytical Commentary on the E. and Tuba Music of Jan Bach, Diss. Arizona State Univ. 1989.

Autor*innen
Wolfgang Suppan
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Wolfgang Suppan, Art. „Euphonium‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x00020386
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