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Rudenkirtag
Faschingsbrauch der „Ruden“ (Tanzgemeinschaften, abgeleitet von Rotte = Schar oder Gruppe) im Traunviertel/OÖ, die sich an einem bestimmten Tag und Ort vor Beginn der Fastenzeit im Rahmen eines Kirchweihfestes zum Landlertanzen treffen. Als ganztägige Tanzveranstaltung der Burschengemeinschaften mit ihren Partnerinnen gehört der Brauch zur sog. Altschicht der Faschingstänze. Früher gehörten nur Ledige den Ruden an; heute bilden sich unter diesem Namen weniger streng organisierte hobbymäßige Tanz- und Singgemeinschaften, die die Tradition weiter pflegen. Während Commenda noch 1949 von R.en an mehreren Orten in Oberösterreich berichtet, ist der Brauch heute nur noch in Sierning (bei Steyr) lebendig. Jede Rud tanzt dabei ihren eigenen, individuell gestalteten Landler vor und bringt die eigens für diesen Anlass neu gemachten (eventuell bei dafür begabten „Landpoeten“ bestellten) Schnaderhüpfl (G’stanzl) zu Gehör, die in der Art eines „Rügegerichtes“ aktuelle Vorkommnisse satirisch kommentieren. Nach regionalen Gepflogenheiten wird beim Tanzen wie beim Singen der im Grunde dreischlägige Rhythmus durch Dehnung des dritten Schlages bis zur Geradtaktigkeit „verzogen“. Auch ist typisch, dass die – im Gegensatz zu anderen Landlertraditionen achtzeiligen – Schnaderhüpfel in reicher Mehrstimmigkeit, mit Ansinger, Überstimme, Bassstimme und Kontinuostimmen vorgetragen werden, wobei großer Wert auf Textverständlichkeit gelegt wird. Der R. soll ohne größere Unterbrechungen seit dem 1. Drittel des 18. Jh.s bestehen; rezente Erhebungen berichten von legendären Ruden, wie z. B. von den „Bachingern“, Arbeiter aus der Waffenfabrik in Letten/OÖ, die sogar vor K. Franz Joseph gesungen haben sollen.
Literatur
F. Bräuer (Hg.), R. in Sierning 1997; E. Burgstaller, Lebendiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich 1948, 71ff; H. Commenda in Heimatgaue 15 (1934) u. 16 (1935); H. Commenda in Volkslied – Volkstanz – Volksmusik 1949; H. Derschmidt JbÖVw 27 (1978) u. 32/33 (1984); V. Derschmidt/W. Deutsch, Der Landler 1998; R. Fochler, Von Neujahr bis Silvester. Volkstümliche Termine in Oberösterreich 1971, 61f; H. Fritz in JbÖVw 36/37 (1988); F. Grieshofer, Faschingsbrauchtum 1974; R. Wolfram, Die Volkstänze in Österreich und verwandte Tänze in Europa 1951, 94.

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Rudenkirtag‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2005, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dfe3
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