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Weinlich, Weinlich, Franz Familie
Franz Xaver: * 1801-11-1010.11.1801 Worlitschka/Böhmen (Orličky/CZ), † 1869-09-2626.9.1869 Schottenfeld (Wien VII). Bandfabrikant, Volkssänger. Der Sohn eines Rossgärbermeisters heiratete am 18.8.1823 in seinem Heimatort Anna Pauminger (* ca. 1803 Wien, † 27.3.1845 Wien-Schottenfeld) und ließ sich danach in Wien als Bandfabrikant nieder. Nach dem Tod seiner ersten Frau, mit der er elf Kinder hatte, heiratete er am 10.11.1845 die Witwe Margaretha Levati (* ca. 1898 Großherzogtum Nassau/D, † 18.2.1854 Wien). Im Zuge der Ereignisse 1848 (Revolution) soll er sein Vermögen verloren haben. Am 4.5.1854 in Wien dritte Eheschließung mit der Dienstmagd Josepha Hoschna (* 2.11.1824 Elhenitz/Böhmen [Lhenice/CZ], † ?), mit der er vier Töchter hatte. Spätestens ab 1861 Auftritte mit seinen Töchtern als Volkssängergesellschaft in verschiedenen Wiener Gaststätten. Zumindest bis Juli 1866 trat er mit verschiedenen Wiener Volkssängern auf, darunter Rudolf Penninger.
Literatur
Illustriertes Wiener Extrabl. 23.12.1873, 4; Neues Fremden-Bl. 25.11.1865, [12], 12.12.1865, [20], 25.6.1866, [12]; Fremden-Bl. 8.4.1864, [10], 10.10.1864, [11], 11.10.1864, [10], 1.8.1865, [13], 8.7.1866, [13]; Trauungsbuch der Pfarre Mariahilf (Wien VI) 1838–45, fol. 430; Trauungsbuch der Pfarre Schottenfeld 1854, fol. 33; Sterbebuch der Pfarre Schottenfeld 1869, fol. 81; eigene Recherchen (Geburtsbücher der Pfarren St. Ulrich [Wien VII], Mariahilf und Schottenfeld).


Seine Töchter

Josephine (eig. Josefa Maria, verh. A[m]mann): * 2.8.1848 Dejte/Ungarn (Dechtice/SK), † 9.1.1887 Lissabon. Pianistin, Geigerin, Dirigentin, Komponistin. Zu ihrer Ausbildung ist nichts Gesichertes bekannt, angeblich soll sie von ihrem Vater den ersten Unterricht erhalten haben. Ein kolportierter Klavierunterricht bei C. Schumann ist eher unwahrscheinlich. Trat zunächst mit dem Vater in dessen Volkssängergesellschaft auf, ab 1865 ist sie als Pianistin der Sängergesellschaft von Jakob Binder belegbar. Angeblich 1867 aus einem aus vier Frauen bestehenden Liebhaberquartett hervorgegangen, gründete J. W. 1868 in Wien Das neue Wiener Damen-Orchester, das erste nur aus Frauen bestehende Ensemble. Erster Auftritt am 13. August 1868 in der Neuen Dreher’schen Bier-Halle (Wien III) als 8-köpfiges Ensemble (Damenkapelle). Zwei Tage später präsentierte es sich im Etablissement Wendl in Döbling (Wien XIX). In der Neuen Dreher’schen Bier-Halle (Wien III) trat das Ensemble knapp zwei Wochen später als Sextett (zwei V.n, Vc., Kl., Fl., Harmonium) auf, ab Oktober 1868 wurde es immer wieder zu einem Septett erweitert. In den Anfängen leitete W. ihr Orchester vom Klavier aus. Die erste Auslandsreise führte das Sextett im März 1869 nach Budapest, ab Mitte Mai 1869 ausgedehnte Konzertreise nach Russland, Deutschland, Österreich, Italien und in die Schweiz. Im Oktober 1869 erster Prager Auftritt im Convict-Saal, im November bereits mit einem auf 12 Frauen erweiterten Orchester im Sofien-Insel-Saal. Danach Rückkehr nach Wien und Auftritte als Weinlich’s Damen-Kapelle in verschiedenen Wiener Lokalen. Am 10.1.1870 Heirat mit dem Musikdirektor Ebo Fortunatus A[m]mann (ab 1889 (Ritter von) Amann, * 23.[22.?]5.1846 Lienz/T, † 7.3.1899 Wien), der seine Frau bei der Zusammenstellung der Kapelle wie auch bei der Programmauswahl unterstützte und als Direktor des Orchesters fungierte. 1870 trat die Erste Geigerin, Maria Grüner, aus W.s Kapelle aus und gründete ein eigenes Damen-Quintett. Eine mehrmonatige erfolgreiche Konzerttournee durch die USA ab 16. August 1871 (lt. K. v. Wurzbach mit Konzerten in 42 Städten) löste einen Boom von Damenorchestern in den USA aus. W. arrangierte für ihr Orchester und schrieb schon von Anfang an mehrere einschlägige Tanzkompositionen. „Die Dirigentin Frl. Josephine Weinlich ist jedenfalls vortheilhaft zu erwähnen, sowohl als energische Leiterin, wie auch als Componistin von gefälligen, oft selbst piquanten Werken leichten Genres, als Walzern, Polkas etc.“ (Musikalisches Wochenbl. 10.11.1871, 728). Anfang 1873 Tournee nach St. Petersburg/RUS. Am 25. Mai 1873 wagte sie mit ihrem inzwischen auf 40 Mitglieder erweiterten Ersten europäischen Damen-Orchester (mit 33 Frauen aus unterschiedlichen Ländern und sieben aus Dresden stammenden Knaben als Blechbläser) den Sprung von den Vergnügungslokalen in den Großen Musikvereinssaal. „Die 33 waren gleich ‚uniformiert‘, sie trugen rothe Seidenkleider mit weißen Spitzenüberwürfen, rothe Achselschleifen, weiße Atlassschuhe […], Rosen in den Haaren. Die Kapellmeisterin, eine schlanke, langgelockte Brünette mit sehr energischem Gesichtsausdrucke, in der Rechten den Tactirstab, hatte ein weißes, rückwärts aufgebauschtes Atlaskleid angelegt; Frau Weinlich zeigt, daß sie ihre Sache ernst nimmt […]“ (Illustrirtes Wr. Extrabl. 27.5.1873, 5). Im Sommer 1873 konzertierte W. während der Wiener Weltausstellung regelmäßig in den Blumensälen der Gartenbaugesellschaft (Wien I, Parkring 12) und erweiterte ihr Orchester auf 50 Mitwirkende, danach folgte eine lange Konzertreise nach Deutschland (Dresden, Leipzig, Berlin), Paris (Ende 1873/Anfang 1874), Italien (u. a. in Mailand, Bologna und Neapel) und England (London, Portsmouth, Exeter, Brighton). Spätestens im Mai 1875 Rückkehr nach Wien, wo am 12. Sohn Romeo Ebo geboren wurde. In Wien trat sie mit ihrem Orchester wieder in den Blumensälen und später im dritten Café im Prater auf. Anfang 1876 Tournee nach Riga und Königsberg (Kaliningrad/RUS) mit 26 bzw. 19 Damen und 12 Herren, in Riga teilte sich W. die musikalische Leitung mit Carl Ambrosi. Im Spätsommer 1876 Tournee durch Skandinavien (Kopenhagen, Stockholm, Uppsala, Jönköping, Göteborg), zuletzt in den Niederlanden. Vermutlich aufgrund der Geburt ihrer Tochter Elsa Antoinette (* 5.4.1876 Fünfhaus/NÖ [Wien XV], † 1919 München/D), die später als Geigerin tätig war, sind 1877/78 keine Konzerte belegt. Zuletzt trat das Orchester im Juni 1879 in Marseille/F auf, danach dürfte es sich aufgelöst haben. In dessen Repertoire standen in erster Linie zeitgenössische Tanzkompositionen (u. a. von Joh. Strauss Sohn), aber auch Ouvertüren und Potpourris aus Opern (u. a. Tannhäuser-Ouvertüre von Rich. Wagner) sowie eigene Kompositionen von J. W. 1878/79 spielte W. Klavier in dem von ihr gegründeten Cäcilien-Quartett, bestehend aus ihrer Schwester Elise (Vc.), Marianne Strasow (V.) und Charlotte Deckner (Va.), und trat in Schweden, Dänemark, Deutschland und der Schweiz auf. Im Dezember 1878 Konzertreise mit ihrer Schwester Elise und dem Bariton Georg Harmsen nach Barcelona/E, ab Jänner 1879 nach Lissabon, wo sie im März gemeinsam mehrere Konzerte gaben. Außerdem wirkte sie hier von Februar bis September 1879 als Dirigentin des städtischen Orchesters, danach arbeitete sie als Klavierpädagogin und Redakteurin der von ihrem Mann finanzierten Gazeta musical, in der auch einige ihrer Klavierwerke publiziert wurden. W. starb an Tuberkulose. Eine von Wurzbach vermutete Verwandtschaft mit Johann W. (* 22.3.1833 Mährisch Rothwasser/Mähren [Červená Voda/CZ], † 4.9.1897 Graz), Sohn des Schullehrers Joseph W., seit 1866 Ehemann von L. Weinlich-Tipka, ist nicht nachweisbar.


Werke
Musik f. Salonorch.; Klavierwerke (Frauenemanzipations Marsch; Freie Gedanken [Walzer], Sirenen Lieder [Polka Mazurka], Die Frivole [Polka française], Impromptu, op. 20, Danse des nymphes, op. 27, Für Herz und Gemüth, op. 30); Cellowerke (Traum in Neapel); Lieder (Das Wackeln, Es ist im Wachsen).
Literatur
A. Babbe, „Ein Orchester, wie es bisher in Europa noch nicht gesehen und gehört worden war“ 2011; Marx/Haas 2001 [A.-W.]; N. Lee Harper, Portuguese Piano Music 2013, 49; Wurzbach 54 (1886); Rigaer Theater- und Tonkünstlerlexikon 1890, 5; A. Michaelis, Frauen als schaffende Tonkünstler 1888, 47; E. Vieira, Diccionario Biographico de Musicos Potuguezes 1900; A. Lavignac/L. de la Laurencie, Encyclopédie de la Musique et Dictionnaire du Conservatoire, 1: Histoire de la Musique. Espagne - Portugal 1920, 2459; A. Woolley/J. Kitchen (Hg.), Interpreting Historical Keyboard Music 2013; C. Bartsch in A. Stollberg et al. (Hg.), DirigentenBilder 2015; A. I. Cohen, International Encyclopedia of Women Composers 1 (21987); Über Land und Meer. Allgemeine Illustrirte Ztg. 16/31, Nr. 26 (1874), 515; Fremden-Bl. 5.12.1866, [13], 29.10.1866, [10], 11.12.1866, [129]; 9.8.1868, 12; 27.8.1868, 12, 1.10.1868, 3, 3.3.1869, 5, 13.11.1869, 13, 1.7.1870, 14, 25.12.1871, 6f, 25.5.1873, 6, 6.12.1873, 14; Dt. Roman-Ztg. 5 (1872), Sp. 395; Morgen-Post 29.4.1869, 4, 17.11.1874, [4]; Innsbrucker Nachrichten 5.8.1869, 4, 11.8.1869, 4; Die Presse 3.9.1869, 12, 21.1.1873, 13; Prager Abendblatt 30.10.1869, 4; Bohemia 25.10.1869, 3532; Illustriertes Wr. Extrabl. 27.5.1873, 5, 23.12.1873, 4, 15.6.1875, 3; Wr. Ztg. 30.12.1873, 1012; NFP 13.1.1874, 5, 22.12.1873 (Abendbl.), 3; Neues Fremden-Bl. 17.11.1865, [20], 25.10.1866, [13], 9.1.1873, 9, 2.12.1873, [12]; Wr. Weltausstellungs-Ztg. 20.8.1873, [2]; Neues Wr. Tagbl. 25.7.1875, 4; Signale für die musikal. Welt 12 (1876), 182, 14 (1876), 210, 12 (1878), 185, 21 (1878), 327; Musikal. Wochenbl. 26.4.1878, 224, 21.6.1878, 315, 7.2.1879, 81; Nürnberger Anzeiger 14.9.1869, [3]; Neue Berliner Musikztg. 16.9.1868, 304; O Pimpão 2.3.1879, 4, 15.3.1879, 4; http://www.sophie-drinker-institut.de (4/2018); http://mugi.hfmt-hamburg.de (4/2018); Taufbuch der Pfarre Červená Voda 1827–42, fol. 34 [Johann W.]; Trauungsbuch der Pfarre Schottenfeld (Wien VII) 1870, fol. 4; Taufbuch der Pfarre Reindorf (Wien XV) 1875, fol. 236 [Ebo Romeo W.]; Taufbuch der Pfarre Fünfhaus (Wien XV) 1876, fol. 111 [Elsa W.]; Mitt. Philipp Hoyos (6/2016); eigene Recherchen.


Karoline (eig. Carolina Aloysia, verh. Frankl): * 11.6.1850 Dejte, † ?.4.1909 Wien? (begr. 2.5.1909 Wien). Flötistin. Debütierte am 12. April 1866 in den Apollo-Sälen (Wien XVI) als „Trommelschlägerin“ im 1. Wiener Damen-Quintett von M. Schipek , mit dem sie auch noch im Mai 1866 auftrat. Nach ihrer Heirat mit dem aus Ungarn stammenden jüdischen Buchhalter Herman Frankl, mit dem sie drei Kinder hatte (Eugenie [1869–1905], Alfred [1871–91] und Emma Friederike [1872–1925]), dürfte sie sich ins Privatleben zurückgezogen haben. 1891 trat sie aus dem Judentum aus.


Literatur
Fremden-Bl. 12.4.1866, 13, 7.5.1866, 10; Taufbuch der Pfarre Dechtice 1831–73, pag. 93; Geburtsbuch der IKG Fünfhaus-Sechshaus [Wien XV] 1868–92, RZ 565 (Eugenie), RZ 509 [Alfred], RZ 510 [Emma Friederike]; www.genteam.at (2/2018); www.friedhoefewien.at (2/2018).


Elise (eig. Elisabeth Anna, verh. von Stein): * 19.7.1855 Wien, † nach 1920 (Ort?/P). Cellistin. Schülerin von Igo Lasner. Debütierte am 11. April 1869 in Josefine Weinlich’s Damen-Orchester, mit dem sie danach auch Konzertreisen unternahm und Kompositionen ihrer Schwester interpretierte. Leitete im Dezember und Jänner 1870/71 Weinlich’s Damenkapelle. Im Februar 1871 ist auch ein Auftritt im Bösendorfer-Saal im Rahmen eines Konzertes ihres Lehrers I. Lasner belegt. Ab August 1871 konzertierte sie mit dem Orchester ihrer Schwester in den USA. Innerhalb der Konzerte trat sie auch als Solistin hervor, begleitet von ihrer Schwester am Klavier, so im ersten Konzert im Musikvereinssaal im Mai 1873. Ab Jänner 1874 mit dem Orchester auf Konzertreise. 1878/79 reiste sie als Mitglied des Cäcilienquartetts, bestehend aus ihrer Schwester Josephine, Marianne Strasow und Charlotte Deckner, und trat u. a. in Kopenhagen und Kiel/D auf. Im Dezember 1878 Konzertreise mit ihrer Schwester Josephine und dem Sänger Georg Harmsen in Barcelona, danach in Lissabon. Hier konzertierte sie zumeist im Trio mit ihrer Schwester und Harmsen, mitunter auch solistisch. Sie ließ sich danach in Portugal nieder, heiratete und war 1920 noch als Cellopädagogin tätig.


Literatur
A. Babbe, „Ein Orchester, wie es bisher in Europa noch nicht gesehen und gehört worden war“ 2011; A. Lavignac/L. de la Laurencie, Encyclopédie de la Musique et Dictionnaire du Conservatoire, 1: Histoire de la Musique. Espagne - Portugal 1920, 2459; Fremden-Bl. In Arbeit 11.4.1869, [15], 31.12.1870, [16], 10.2.1871, 6, 27.5.1873, 6; Innsbrucker Nachrichten 6.8.1869, 8; NFP 13.1.1874, 5; Signale für die musikalische Welt 12 (1878), 185; 13 (1879), 195f; Musikal. Wochenbl. 31.6.1878, 315; Nürnberger Anzeiger 14.9.1869, [3]; Taufbuch der Pfarre Schottenfeld (Wien VII) 1855, fol. 184.

Autor*innen
Monika Kornberger
Letzte inhaltliche Änderung
19.1.2022
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger, Art. „Weinlich, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 19.1.2022, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x001301f1
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
von links nach rechts: Elsa Amann, Josephine Weinlich-Amann, Ebo Amann, Elise Weinlich© Privatbesitz Philipp Hoyos
© Privatbesitz Philipp Hoyos
Josephine Weinlich und ihr Damenorchester (Ueber Land und Meer. Allgemeine Illustrirte Ztg. 16/31, Nr. 26 [1874], 505)
Josephine Weinlich und ihr Damenorchester 1873, Holzstich von Vincenz Katzler

DOI
10.1553/0x001301f1
GND
Weinlich, Franz: 1175595306
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Weinlich, Josephine: 1014836891
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Weinlich, Elise: 1175596655
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Weinlich, Karoline: 1175594156
OBV
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