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Weihnachtslied
Geistliches Lied mit Funktion nur zu einem Teil im Kirchenraum, zum anderen in Volksbräuchen (Brauch) der Weihnachtszeit (vom ersten Adventsonntag bis zum Fest Mariä Lichtmess am 2. Februar), weshalb auch Advent-, Neujahrs-, Dreikönigs- und Lichtmesslieder zu den W.ern im weiteren Sinn gehören. Außer der Liturgie und den kirchlichen und häuslichen Andachten sind es Anlässe wie Adventsingen, Krippenspiele und Turmblasen, v. a. aber Ansingebräuche (Anklöckeln, Weihnachtssingen, Neujahrssingen, Sternsingen und Lichtmesssingen), die den W.ern ihren Rahmen geben. Wichtige Überlieferer der W.er, sowohl beim ländlichen Kirchengesang wie auch bei den Ansingebräuchen, waren bis zur Einführung der Kirchenchöre und Anschaffung von Orgeln die „Kirchensinger“. Ein Teil der heute noch bekannten W.er stammt aus dem Mittelalter, wie z. B. das weitverbreitete „Ein Kind geborn zu Bethlehem“ oder das Lied „Josef, lieber Josef mein“. In Österreich sind seit der Zeit der Gegenreformation zahllose „volksbarocke“ W.er entstanden, die auf Flugblättern gedruckt und verbreitet wurden und durch ihre Verwendung in „Pastorellen“ Eingang in die ländliche Kirchenmusik gefunden haben. Besonders die Hirten- und Krippenlieder versetzen die Heilsgeschichte mittels mundartlicher Texte, die oftmals ins Burleske gewendet sind, sowie Anklängen an Alphorn- und Dudelsackmelodik in die alpenländische Welt. Der „Hirtenliedstil“, gekennzeichnet durch Reprisenformen, zweitönig melismatische Diminutionen und Unterstimmenzweistimmigkeit, war zur Zeit der Frühklassik im süddeutsch-alpenländischen Raum geradzu typusbildend. Stilistisch jünger, aber immer noch von der Pastorale inspiriert, ist das 1818 in Oberndorf bei Salzburg entstandene „Stille Nacht“ , geschaffen von J. Mohr (Text) und F. K. Gruber (Melodie). Durch Tiroler Nationalsänger popularisiert, wurde es zum quer durch alle Schichten und Kontinente geschätzten Ausdruck inniger Weihnachtsstimmung und gehört heute zu den meistübersetzten und weltweit verbreiteten Liedern.
Literatur
(Alphabetisch:) A. Blöchl, Melodiarium zu Wilhelm Paillers Weihnachts- u. Krippenliedersammlung, hg. in den Jahren 1881 u. 1883, 2000 (= COMPA 13/1); C. Bresgen/W. Keller, „...die Liab ist übergroß!“ Weihnacht im Salzburger Volkslied 1979; J. Gartner, Heiligenbluter Sternsinger-Lieder 1965; G. Haid in R. Morelli (Hg.), Dolce felice notte. I Sacri canti di Giovanni Barrista Michi (Tesero, 1651–1690) e i canti di questua natalizio-epifanici nell’arco alpino, dal Concillio di Trento alla tradizione orale contemporanea 2001; A. Hartmann, Volkslieder. In Bayern, Tirol u. Land Salzburg, m. vielen Melodien nach dem Volksmund aufgezeichnet v. H. Abele 1 (1884); G. Haid in Th. Hochradner/G. Walterskirchen (Hg.), 175 Jahre „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ 1994; E. M. Hois/W. Deutsch (Hg.), Slg. Lois Steiner – Lieder des Weihnachtsfestkreises 1995 (= COMPA 4/1); O. Holzapfel, Lex. folkloristischer Begriffe u. Theorien (Volksliedforschung) 1996, 357–359; M. Hölzl, Gott grüaß enk, Leutln! 39 alte Hirtenlieder oder Weihnachtsgesänge 1905, 151937; K. Ikonomu, Das Liederbuch des Mathäus Trojer 1896; Sternsingerlieder aus Heiligenblut – ein Vergleich zum heutigen Repertoire, Dipl.arb. Wien 2000; Beiträge v. W. Keller, M. Schneider-Cuvay u. F. V. Spechtler in W. Deutsch/H. Dengg (Hg.), Die Volksmusik im Lande Salzburg 1979; K. M. Klier, Thesaurus austriacus. Schatz österr. W.er u. Hirtenspiele, 6 H.e 1936–40; K. M. Klier, W.er aus dem Burgenland 1955; K. M. Klier in K. M. Klier/I. Grafenauer, Beiträge zur Volksliedforschung in Kärnten 1967; Beiträge v. F. Koschier, O. Moser u. H. Schmidl in Lied u. Brauch. Aus der Kärntner Volksliedarbeit u. Brauchforschung 1956; W. Kraxner (Hg.), Weihnachtliche Hirtenlieder aus Kärntner Quellen, 2 Tl.e 2002 (= COMPA 15/1–2); W. Pailler, W.er u. Krippenspiele aus Oberösterreich u. Tirol, 2 Bde. 1881 u. 1883; F. Schaller, Hirtenlieder zur Zeit der Geburt Jesu Christi 1921; H. Schmidl/A. Anderluh, Heiligenbluter Sternsingerlieder 1955; M. Schneider, Lieder f. die Weihnachtszeit nach Tiroler Quellen (= COMPA 9) 1998; A. Webinger in Heimatgaue 4 (1923); K. Weinhold, Weihnachtsspiele u. -lieder aus Süddeutschland u. Schlesien 1853, NA 1875; V. Zack, Alte Krippen- u. Hirtenlieder, 2 H.e 1918/19.

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Weihnachtslied“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e657
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001e657
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