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Vorklassik
Veralteter Stilbegriff für den Pluralismus im Zeitraum zwischen Barock und Wiener Klassik; in der MGÖ (1995) als „Epoche zwischen den Epochen“ bezeichnet. Von G. Adler und seinen Schülern wurde damit die Zeit zwischen 1740/80 bezeichnet, wobei 1740–60 als vorklassische Übergangszeit und 1760–80 als Frühklassik bezeichnet wurden. Dieser Stilbegriff wurde v. a. zur Charakterisierung einer eigenständigen Entwicklungslinie im österreichisch-böhmischen Raum im Gegensatz zum deutschen galanten bzw. empfindsamen Stil und in Verbindung mit dem neapolitanischen Stil der musikdramatischen Gattungen verwendet und von Adler und seinen Schülern v. a. an Parametern der Instrumentalmusik festgemacht (Sonatensatzform, motivisch-thematische Verarbeitung etc.). Ausgehend von der Frage nach den musikalischen Vorfahren J. Haydns beantworteten (unter dem politischen Einfluss der Zeit) Hugo Riemann diese Frage mit „Mannheimer Schule“, G. Adler mit V. (basierend auf italienisch-neapolitanischen und österreichisch-böhmischen Wurzeln); nach heutigem (2006) Stand werden die neapolitanische Schule und österreichische Traditionen als Wurzeln der Wiener Klassik angesehen, wobei ein Großteil der musikalischen Neuerungen aus dem Bereich der neapolitanischen Oper (buffa wie seria) übernommen wurde (v. a. deren stilistische Entwicklung und Instrumentation am Wiener Hof scheint von großer Bedeutung); dazu kam, dass der traditionell rege kulturelle Austausch mit dem ebenfalls habsburgischen Neapel in der kurzen Zeit der österreichischen Vizekönige intensiviert wurde. Aufgrund der asynchronen Entwicklungen der unterschiedlichen musikalischen Gattungen bzw. auch innerhalb derer (z. B. konservativer Stil in der kaiserlichen Hofmusikkapelle, progressiver in Adelskapellen) ist jedoch die geradlinige, monolithische Auffassung, die Adlers Stilbegriff impliziert, in dieser Form nicht haltbar. Als Hauptvertreter nannte Adler M. G. Monn und G. Ch. Wagenseil, doch sind ebenso Ch. W. Gluck, F. I. Tuma und W. R. Birck und (bereits in der nächsten Generation) F. L. Gaßmann zu den Hauptvertretern des neuen Stils ab der Mitte des 18. Jh.s zu nennen.
Literatur
MGÖ 2 (1995); G. Adler (Hg.), Hb. der Musikgesch. 21930; D. Glüxam, Instrumentarium u. Instrumentationsstil in der Wr. Hofoper zw. 1705 u. 1740, Hab.schr. Wien 2006.

Autor*innen
Elisabeth Th. Hilscher
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Vorklassik“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e5e9
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