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Volksliedwerk, Oberösterreichisches
Zwei Jahre nach der 1904 erfolgten Gründung eines ÖsterreichischenVolksliedunternehmens unter J. Pommer wurde in Linz der Arbeitsausschuss für Oberösterreich ins Leben gerufen. Erster Obmann war bis 1908 der Wiener Altgermanist Univ.prof. Rudolf Much. Ihm folgte A. Matosch, unterstützt vom Komponisten J. Reiter, der damals Direktor des Salzburger Mozarteums war. Unter ihnen wurden Vorarbeiten zur Aufzeichnung, Dokumentation und Publikation oberösterreichischer Volksmusikalien geleistet, deren Umsetzung der Erste Weltkrieg vereitelte. Aus den vielen gesammelten Materialien konnten bis 1926 nur zwei kleine Bände erscheinen: E. Jungwirths Alte Lieder aus dem Innviertel und H. Commendas Lieder von der Eisenstraße. Auch wenn kaum Publikationen möglich waren, sind doch die Sammelaktivitäten jener Periode beachtlich: Schon während des Ersten Weltkrieges war H. Commenda mit der Erhebung von Soldatenliedern beschäftigt, widmete sich aber auch intensiv der Erforschung des Landlers. Neben ihm waren es vor allem Th. Berger, Ludwig Pauli, E. Jungwirth und G. Preisinger, die Unmengen an Sammelgut einbrachten. Nach dem Tod von Matosch 1918 übernahm der bisherige Archivar Commenda die Leitung des Volksliedunternehmens. Als Mitglied in vielen Linzer Chören, war ihm die Verbindung von Wissenschaft und Praxis besonderes Anliegen. Als Publikationsorgane fungierten primär J. Pommers bzw. K. Liebleitners Zeitschrift Das deutsche Volkslied, Adalbert Depinys Heimatgaue und darüber hinaus viele regionale Schriftenreihen wie etwa die Braunauer- oder Schärdinger Heimatkunde. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Commenda, da er der Parteilinie nicht entsprach, abgesetzt. Als Obmann folgte ihm 1939 kurzzeitig Ernst Burgstaller. Dieser wurde noch im selben Jahr durch H. Derschmidt ersetzt. Während des Zweiten Weltkrieges kam die Arbeit des Volksliedausschusses nahezu vollständig zum Erliegen, da die parteikonforme Pflege im Vordergrund stand, die jedoch von der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude gesteuert wurde. Viele Funktionäre, auch H. Derschmidt, mussten an die Front.

1945 wurde im Zusammenwirken mit dem Unterrichtsministerium aus dem Österreichischen Volksliedunternehmen das Österreichische Volksliedwerk. Die früheren Arbeitsausschüsse wurden zu Bundesländer-Volksliedwerken. 1946 bestellte man H. Commenda erneut zum Obmann des jetzigen Oö. V.es. Unter ihm wurde einerseits weiterhin viel gesammelt, andererseits aber auch die Bibliothek aufgestockt. Geprägt war seine Obmannschaft zusätzlich von pausenlosem Platzmangel und dem Fehlen adäquater Räumlichkeiten. Provisorisch fand das Archiv, das ebenfalls von Commenda geleitet wurde, Unterkunft im Oberösterreichischen Landesmuseum. Erst 1971, nach dem Tod Commendas, bot sich im Pfanzaglgut in Wagram bei Pasching/OÖ eine vorläufige Bleibe an. 1977 konnte im Landeskulturzentrum Ursulinenhof eine längerfristige Bleibe gefunden werden, von wo aus 2009 der derzeitige Standort in der Promenade 37 bezogen werden konnte.

Anfang der 1990er Jahre beschloss man im Volksliedwerk, der musikalischen Praxis und der Wissenschaft annähernd gleichermaßen Raum zu geben. So wurde der Verein 1992 Mitglied im neu gegründeten Forum Volkskultur. Ein Jahr später wurde das Oö. V. mit der Landesarbeitsgemeinschaft für Volkslied und Volkstanz zusammengelegt. Neuer Obmann wurde Franz Meingassner. Um künftig bessere Verbindungen in die Landespolitik zu haben und personelle Ressourcen sowie Fördermöglichkeiten adäquat nützen zu können, wurde 1995 die damalige Landtagsabgeordnete Elisabeth Freundlinger zur ersten Präsidentin des Oö. V.es gewählt. Neben der Archivarbeit und der Erweiterung der Bibliotheksbestände stand vor allem die Abhaltung von Seminaren im Vordergrund. So gibt es u.a. seit 2001 eine Musikantenwoche und seit 2005 Kinder- und Jugendmusiziertage. Die seit 1986 bestehende Publikationsreihe Volkslied und Volksmusik in Oberösterreich erfuhr neuen Aufschwung, und mit dem 1993 ins Leben gerufenen Mitteilungsblatt A lustige Eicht erreichte man eine steigende Mitgliederzahl. 2002 wurde vom wissenschaftlichen Mitarbeiter Klaus Petermayr die Reihe Oberösterreichische Schriften zur Volksmusik initiiert, in der sowohl Feldforschungsberichte, Tagungen, Studien und Sammelbände erscheinen. In fünf großen Feldforschungen, die in Zusammenarbeit mit dem Stifter-Haus stattfanden, konnten unterschiedliche Regionen Oberösterreichs kulturell dokumentiert werden: Oberes Mühlviertel (2004), zentrales Hausruckviertel (2006), Salzkammergut bzw. südliches Hausruckviertel (2008), Linz (2010), Traunseeregion (2013) und Pyhrn-Eisenwurzen (2019). In Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Volksliedwerk konnten bislang vier COMPA-Bände entstehen: „Tanz Musik“ aus dem Salzkammergut (Bd. 5, 1996, G. Haid), Der Landler (Bd. 8, 1998, Volker Derschmidt und W. Deutsch), Melodiarium zu W. Paillers Weihnachts- und Krippenliedersammlung (Bd. 13, 2002f, Arnold Blöchl), Lieder und Tänze um 1800 im Hausruckviertel (Bd. 18, 2006, K. Petermayr). 2000–18 war das Volksliedwerk Herausgeber der Zeitschrift Vierteltakt, welche das bisherige Mitteilungsblatt ablöste. Seit 2002 ist das Oö. V. online (www.ooe-volksliedwerk.at). Im Jahr 2019 wurden neben dem Anton Bruckner Institut Linz die Archivbestände und die Bibliothek des Oö. V. der Sammlung Musik des Oberösterreichischen Landesmuseums eingegliedert (gegenwärtig OÖ Landes-Kultur GmbH), deren Leiter seit 2019 K. Petermayr ist. Als Verein blieb das Volksliedwerk weiterhin unverändert bestehen.

Obmänner bzw. Obfrauen nach H. Commenda waren: Rudolf Fochler (1971–83), J. Mayr-Kern (1983–90), Christa Bumberger-Pauska (1990–93), F. Meingassner (1993–98) und erneut Ch. Bumberger-Pauska (ab 1998).

Archivleiter und Archivleiterinnen waren: H. Commenda (1946–71), A. Blöchl (1971–93), Ch. Bumberger-Pauska (1993–95) und Brigitte Dumfart (verh. Schaal; 1995–2018).


Literatur
W. Deutsch/E. M. Hois (Hg.), Das Volkslied in Österr. 2004; Ch. Pauska in Oö. Heimatbll. 38 (1984); K. Petermayr in K. Petermayr/E. W. Partsch (Hg.), Streifzüge 1 (2007); K. Petermayr in R. Thumser/K. Petermayr (Hg.), Klänge der Macht 2010; diverse Tätigkeitsberichte in der Zs. Das dt. Volkslied und im JbÖVw.

Autor*innen
Klaus Petermayr
Letzte inhaltliche Änderung
15.4.2021
Empfohlene Zitierweise
Klaus Petermayr, Art. „Volksliedwerk, Oberösterreichisches“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.4.2021, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003c5ca5
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x003c5ca5
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