(I) Sowohl Form als auch Bauart und Bezeichnung mittelalterlicher T.-Typen sind sehr verschieden. Man unterscheidet flache, ein- oder zweifellige Rahmen-T.n, Schellen-T.n und zweifellige Zylinder- und Kessel-T.n verschiedener Größen. Die Geschichte der T.-instrumente, die vorwiegend im militärischen Bereich anzusiedeln ist, hängt in vielfacher Hinsicht mit der unmittelbaren Berührung des Abendlandes mit der islamischen Kultur während des Mittelalters und der früheren Neuzeit zusammen (Arabereinflüsse in Spanien, Kreuzzüge, Türkenkriege).
Sebastian Virdung (Basel 1511) nennt große Kessel-T.n „die grossen Herpaucken“. Diese Bezeichnung begegnet auch im Inventar der Grazer Hofkapelle von 1577, welches „Mehr zwo heerpaugkhen“ auflistet. Als besonderen Glücksfall muss man den Umstand bezeichnen, dass im Grazer Landeszeughaus 17 T.n und 35 T.-Schlägel vom 16. bis zum 18. Jh. erhalten geblieben sind. Diverse Eintragungen in den Landesausgabenbüchern bringen zudem auch interessante Hinweise auf Herkunft und überliefern mitunter auch manche Namen von österreichischen T.-Herstellern, wie z. B. Hermann Cron und Michael Cronest 1574, Thoman Essinger 1576, Christoph Fueßl aus Wolfsberg/K 1573.
Im 18. Jh. begann man, den bisher aus Holz bestehenden Korpus der T. auch aus Messing zu fertigen und seine Höhe zu verringern (Kleine T.). Daneben entwickelte sich durch Übernahme der in der sog. Janitscharenmusik (Türkische Musik) üblichen Türken-T. die Großform der T. (Große T.).
In der 2. Hälfte des 18. Jh.s werden T.n im klassischen Orchester fallweise zur Heranziehung besonderer Effekte, wie z. B. für „Alla Turca“-Szenen ( W. A. Mozart, Entführung aus dem Serail, 1782, J. Haydn L’Incontro improvviso, 1775, L. v. Beethoven, Türkischer Marsch aus Die Ruinen von Athen, op. 113/4, 1811), militärisches Kolorit (Mozart, Kontretanz La Bataille, KV 535, Haydn, Militärsymphonie, Hob. I:100, 1794, Beethoven, Wellingtons Sieg, op. 91, 1813, 9. Symphonie, op. 125, 1824) oder anderen Geräuschszenen (Mozart, Kontretanz Das Donnerwetter, KV 534) herangezogen.
Nicht nur in der Militärmusik, sondern auch in den zahlreichen im 19. Jh. entstandenen zivilen Blasmusikkapellen (Blasorchester) gehören Kleine und Große T. zum fixen Bestandteil der Besetzung. Die Allgemeine Musikschule für Militärmusik von A. Nemetz, 1844 in Wien erschienen, enthält eine große Zahl von Militärsignalen und T.-Streichen, von welchen aus heutiger Sicht besonders der Manövrier-Marsch im Auftrage des k. k. Hofkriegs-Rathes für die sämmtliche k. k. Armee Beachtung verdient. Die ersten acht Takte des Marsches dienen heute (2006) noch – in leicht veränderter Form – den österreichischen Militär- und Zivilkapellen zum sog. „Einschlagen“ des Marsches. Im 19. Jh. war es auch im „klassischen“ Orchester weitgehend üblich, ein Becken fix auf der Großen T. zu montieren und beide Instrumente von demselben Musiker bedienen zu lassen, wie dies z. B. in G. Mahlers 1. und 3. Symphonie noch vorgeschrieben ist.
Eine eminente Bedeutung spielen T.n im Jazz und in der modernen Unterhaltungsmusik, in welcher neben kleiner und großer T., die seit 1945 immer mehr verkleinert wurde und mit einer Pedalvorrichtung, der sog. Fußmaschine, geschlagen wird, sondern auch zahlreiche mit Schlägeln, Stöcken oder mit den Fingern bzw. Handflächen geschlagenen Fellinstrumente, wie z. B. Tom-Toms, Bongos, Conga Drums usw. zum Einsatz kommen. Zu den wichtigsten österreichischen Drummers, die auch entscheidend zur Entwicklung neuer Spieltechniken beigetragen haben, gehören E. Bachträgl, M. Josel und Thomas Lang (* 5.8.1967 Wien).
(II) Abgesehen von den T.n im modernen Schlagwerk bzw. Schlagzeug gibt es eine Reihe von T.-Typen, die in der usuellen Musik Österreichs eine Rolle spielten oder noch spielen. Das geht von der kleinen, mit der Einhandflöte kombinierten T. über die Seiten-T., die Türkische T., die große und die kleine T. bis zur Schellen-T. Die mit der Einhandflöte des höfischen Spielmannes (Spielleute) kombinierte T. wurde im heutigen Österreich seit dem ausgehenden 15. Jh. mit Entstehung der Landsknechtheere vollständig durch das „Spiel“ von Seitenpfeife (Schwegel) und Seiten-T. abgelöst. Dieses „Zweimannspiel“, „Feldspiel“ genannt, etablierte sich schließlich als Marschbegleitung in allen europäischen Heeren. Der Rhythmuspart wurde in diesem Ensemble von einer Seiten-T. ausgeführt, einer zweifelligen Zylinder-T. mit oder ohne Schnarrsaite, mit meist quadratischem Längsschnitt, die mit zwei Schlägeln auf dem oberen Fell geschlagen wird. Sie wurde auch als „Militär-T.“, „Landsknecht-T.“, „Soldaten-T.“ oder „Leinen-T.“ (wegen der Schnurspannung) bezeichnet; ihre Spieltechnik wurde beim Militär entwickelt. Die Instrumente wurden in den Farben der jeweiligen Truppe bemalt, zu der sie gehörten, in den Zeughäusern aufbewahrt und wie die Fahnen gehütet. Nicht wenige Seiten-T.n, die heute in Museen aufbewahrt werden, sind Beutestücke aus einer kriegerischen Auseinandersetzung. Ein neuer T.-Typus trat auf, als es aufgrund einer Modewelle zur Zeit der Türkenkriege zur Ausbildung der „türkischen Musik“ in Österreich unter Verwendung der „Türkischen „türkischen Musik“ in Österreich unter Verwendung der „Türkischen T.“ kam. Diese war eine meist längliche Zylinder-T., die quer vor dem Körper des Spielers hing und von einer Seite mit einem Schlägel, von der anderen mit einer Rute bedient wurde. Mit der Zeit verzichtete man aber auf das Schlagen mit der Rute; die T. büßte an Zargenhöhe ein und wurde zu jenem Instrument, das man heute bei den Blaskapellen unter einer „großen T.“ versteht. Wichtig für diese Neuentwicklung war der 1837 erstmals patentierte Schraubmechnismus für die Fellspannung. Durch die Anwendung dieses Mechanismus wurde auch die Seiten-T., die nach wie vor sowohl beim Militär als auch bei zivilen Anlässen verwendet wurde, zur weitaus flacheren „Schrauben-T.“. Diese Neuerung wurde in der 2. Hälfte des 19. Jh.s, bei gleichbleibender Spielweise, bei den verschiedenen Heeren eingeführt. In den Blaskapellen findet man dieses Instrument heute als „kleine T.“. Die alte Seiten-T., die immer schon auch außerhalb des Militärs in der usuellen Musik, vorzugsweise gemeinsam mit dem Schwegel, eingesetzt wurde, z. B. bei den bäuerlichen Kirchtagszügen und Fasnachtsbräuchen des 15. und 16. Jh.s, bei Prozessionen und zünftischen wie bergmännischen Repräsentationstänzen, v. a. aber bei den Schützenverbänden, lebt nach wie vor in der Volksmusik als Begleitinstrument der Schwegel bei jenen Musikgattungen, die eine T.-Begleitung verlangen, also bei Märschen und Tänzen. Die Märsche sind oft im 6/8-Takt und spiegeln die Tradition der österreichischen Heeresmusik um 1800. Eine Besonderheit sind im Salzkammergut die mit Schwegeln gespielten Schützentänze, die von der Seiten-T. im 5/8-Takt begleitet werden. Die „T.-Weiber“ im Ausseer Fasching sind ein parodistischer Umzug von Männern in Frauenkleidung zur Begleitung von Blasinstrumenten, Topfdeckeln und T.n, die mehrheitlich in Art der großen T.n mit nur einem Schlägel geschlagen werden.
(I) Federhofer 1967; G. Stradner in P. Krenn (Hg.), [Kat.] Trommeln und Pfeifen - Militärzelte - Unterthalbhänder - Nürnberger Waffen - Waffenhandel und Gewehrerzeugung in der Steiermark [1976]; MGG 9 (1998); Hopfner 1999. – (II) K. Birsak, Kleine Salzburger T.-Gesch. 2000; K. Birsak/M. König, Das große Salzburger Blasmusikbuch 1983; W. Deutsch/M. Walcher, Idiophone u. Membranophone 2004; G. Duthaler et al., Vom T.n u. Pfeifen 1986; K. M. Klier in Das dt. Volkslied 29 (1927); K. M. Klier, Volkstümliche Musikinstrumente in den Alpen 1956; Ch. Terzer in [Kat.] Der Ruf der T. Ein Lärminstrument u. sein Gebrauch im Alltag, Krieg u. Brauchtum. Sonderausstellung auf Schloss Runkelstein 2004 , 2004; R. Zoder, Rührt das Spiel. Spielmusik für zwei Pfeifen u. T.n aus alter Überlieferung 1934. – Filmdokumente: O. Bockhorn, Umzug der „Markter Trommelweiber“ in Bad Aussee 1978 (Film CTf 1652 der Bundesstaatlichen Hauptstelle für Wissenschaftliche Kinematographie [BHWK], Begleitveröffentlichung in Wissenschaftlicher Film 21 [1978]); O. Koenig, T.-Rhythmus der Bayerischen Gebirgsschützen 990 (Film C 2069/2 des Österr. Bundesinstituts f. den Wissenschaftlichen Film [ÖWF]; Begleitveröffentlichung in Wissenschaftlicher Film 45/46 [1994]).
Gerlinde Haid