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Trofaiach
Stadt in der Obersteiermark, im Bezirk Leoben, in günstiger Beckenlage an der alten Eisenstraße (auch „Römerstraße“, später Eisenbundesstraße Leoben-T.-Eisenerz) am Vordernberger Bach gelegen. Eine kontinuierliche Besiedlung gibt es seit der Jungsteinzeit im Ortsbereich. Einige Funde aus der provinzialrömischen Zeit verweisen auf die bisher älteste bekannte Besiedlung des heutigen Stadtgebietes. Erste urkundliche Nennung 1074 ad Treuiach (Triueiach) im Besitzverzeichnis des Stiftes Admont. 1074–1850 wechselte der Name sehr stark in seiner buchstäblichen Zusammensetzung in den Urkunden u. a. Treviach, Trefeiach, Trafey, Trofeyach. Seit 1850 ist der heutige Name gebräuchlich. 1379 erhielt T., das als „gewachsener Markt“ schon früher Marktrechte besessen hatte, volles Marktrecht. 1979 wurde T. zur Stadt erhoben. Bereits im Mittelalter gab es in T. Hammerwerke und schon in der 2. Hälfte des T. zur Stadt erhoben. Bereits im Mittelalter gab es in T. Hammerwerke und schon in der 2. Hälfte des 13. Jh.s war T. Hauptmarktplatz eines „Eisenbezirkes“, der etwa das Gebiet des heutigen Bezirkes Leoben umfasste. Gegen Ende des 16. Jh.s wurde die Eisenerzeugung und -verarbeitung infolge Holzkohlenmangels bereits beträchtlich erschwert und so mussten 1596 die T.er Rad- und Hammerwerke stillgelegt werden. In der 2. Hälfte des 19. Jh.s kam es wieder zu einem Aufschwung durch den Bau der Eisenbahnlinie nach Leoben (1872) einerseits und durch die Inbetriebnahme von Europas größtem mit Holzkohle befeuerten Hochofen (1873; er gehörte Johann Adolf II. Fürst zu Schwarzenberg), der für den Export bis Nordamerika arbeitete, andererseits. Nach der Stilllegung 1910 wurde die Hüttenanlage 1913 in ein Sensenwerk umgebaut, das bis in die Mitte der 1920er Jahre in Betrieb gehalten wurde. 1873 wurde die „Arbeiter-Colonie“ (heute „Alpinekolonie“) errichtet und es kam zur Zuwanderung von ca. 200 Arbeitern. Kriegerische Ereignisse sowie Großbrände (1538, 1570, 1697, 1794, 1865, 1971) haben der Stadt stark zugesetzt.

Die Pfarre T. wurde ca. 1210 als größte Tochterpfarre der (925 urkundlich bezeugten) Ur- und Mutterpfarre St. Michael gegründet. Die heutige Pfarrkirche St. Rupert ist im Kern romanisch, 1462 wurde sie gotisert, 1696–1709 erhielt sie barocke Zubauten; im Zuge der Renovierung 1961 wurden Fresken vom Anfang des 15. Jh.s freigelegt. Die älteste Glocke aus dem Jahre 1809 stammt von Salesius Feltl (Graz), 1951 wurden zwei Glocken aus der Gießerei Oberascher geliefert, 1962 eine von J. Pfundner. 1946/47 wurde die baufällige Barockorgel durch eine gebrauchte ersetzt. 2007 wurde diese abgetragen und durch eine neue von der Orgelbauwerkstätte Maribor in Hoče/SLO erbaut. Die Filialkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit ist eine Gründung des Benediktinerinnenklosters Traunkirchen/OÖ. Der bestehende spätgotische Bau wurde 1520/24 anstelle der im 12. Jh. genannten und 1480 stark beschädigten Salvatorkapelle neu erbaut. 2008 wurde sie mittels Schenkungsvertrag von der Diözese an die Gemeinnützige Österreichische Baukultur-Privatstiftung, die historische Gebäude erhält und pflegt, übergeben. Die Orgel der Kirche ist einzigartig für die Steiermark. Die historische Substanz stammt aus dem 16. oder 17. Jh. (vermutlich von Hanns Krihnchuber 1595 erbaut). 1829 wurde sie von Matthias Krainz (Graz) „übersetzt und erneuert“, 1960 von der Firma Krenn restauriert. Die heutige Glocke der Kirche stammt von der Firma Grassmayr (Innsbruck) und wurde 1972 gegossen. Ab 1909 gab es evangelische Gottesdienste im Sitzungssaal des (alten) Rathauses, seit 1959 ist Schloss Stibichhofen evangelische Kirche.

Neben der Trivialschule des Marktes bestanden zeitweilig auch Winkelschulen. Bis 1868 wurden die Schulen vom Magistrat des Marktes betreut und die Schüler von Handwerkern, Geistlichen und Lehrern unterrichtet, die auch Mesner- und Organistendienste verrichteten. 1615 wird Wolf Friedrich Neumayr als Schulmeister erwähnt. Von 1811 bis mindestens 1869 war Jakob Forster (1791–?, heiratete am 28.9.1830 Clara, Tochter von Anton Helm, gewesener Domchoralist in Göß) Schulmeister. 1855–57 war sein Sohn Josef (1838–1917) Unterlehrer. Dieser ist als Komponist und Erfinder (Inhaber österreichischer Patente u. a. für Brachyteleskop, Spiegelbinokel, doppelt wirkende Viertakt-Explosionskraftmaschine; beteiligt an der Konstruktion der ersten Kinoapparate) bekannt. Jakob Forstners Sohn Franz (1841–?) war 1868/69 Unterlehrer, 1869 dann Alphons Forster (* 10.8.1845). Ab 1869 gab es eine zweiklassige Volksschule. 1886/87 wurde die heutige Franz-Jonas-Volksschule als Knaben-Volksschule errichtet, 1930 die Peter-Rosegger-Volksschule als Mädchen-Volksschule gegründet (heute beide Schulen mit Hauptschule). Die Städtische MSch. war 1978–84 eine Zweigstelle der MSch. der Stadt Eisenerz. Heute (2015) ist Günter Baumann (* 1965) Direktor.

1848 wurde der Männersingverein T. gegründet. 1862 entstand daraus offiziell die Liedertafel T. 1886 wurde diese in Männergesangverein T. (MGV T.) umbenannt. 1948 kam unter Leitung von Sepp Stangl ein Hausorchester (Orchesterverein) dazu, 1949 wurde der Frauenchor integriert. Ca. 1955 kam es zur Umbenennung in MGV T. mit Frauenchor und 2006 in Chorgemeinschaft T., vormals MGV T. Seit 2011 ist Christaan van de Woestijne (* 1975) Chorleiter. 1863 bestand eine Musikbande. 1874 wurde in T. eine Knabenkapelle gegründet, Kapellmeister war ein gewisser Schneider. 1897 ging daraus die Marktkapelle hervor, deren Leitung ein Herr Hofmann übernahm. 1903 wurde dann der Musikverein T. gegründet, 1906 übernahm der Gastwirt Reiter die Leitung. 1907 wird Adolf Zeiler als Kpm. genannt. Die Kapelle hieß ab 1922 Musikkapelle T. und bildete damals eine Sonderabteilung des Männergesangs- und Musikvereins T. mit selbständigem Ausschuss. Neu gewählter Musikleiter war Wenzel Ulrich (1870–1932); 1928/29 wird Julius Gellner erwähnt, dann Richard Lobovsky. 1933 war Hans Jost (1910–70) Kapellmeister der Musikvereinskapelle, 1936–43 ein gewisser Umlauf. 1946 übernahm neuerlich Jost die Leitung der Marktkapelle und stellte eine eigene Tanzkapelle zusammen. 1952 wurde er von Johann Österreicher (1900–57) abgelöst. 1977 folgte auf Günter Kindler (* 1940) Manfred Wechselberger (* 1953). 1979 wurde sie in Stadtkapelle T. umbenannt. Seit 2002 ist G. Baumann Kapellmeister. Das Archiv der Stadtkapelle besitzt ein umfangreiches Notenkontingent für Blasorchester, Big-Band und Streichorchester.

1923 wurde von Arbeitern des Hüttenwerkes Donawitz und des damaligen Sensenwerkes T. sowie Eisenbahnern, Handwerkern und Arbeitslosen der Arbeitergesangverein T. gegründet (Arbeiter-Musikbewegung). 1938 kam es zur Liquidierung und nach 1945 zur Neugründung. 1979 erfolgte die Namensänderung in AGV Stadtchor T. Erster Chorleiter war 1923–39 Franz Buchner (Justizwachebeamter aus Leoben). An weiteren Chorleitern sind noch zu erwähnen: 2002–04 Alfred Rohr (* 1941), 2005–11 Christian Stary (* 1980) und seit 2012 Christian Schmelz (* 1982).

Der Heimat- und Trachtenverein T. hat seine Wurzeln in der 1921 von Peter Kaltenegger gegründeten Schuhplattlergruppe, der bald darauf auch eine Volkstanzgruppe folgte. 1922 kam es zur offiziellen Vereinsgründung mit dem Namen D’Wildschütz’n z’T. Zum Verein gehörten damals eine eigene Musikgruppe sowie eine Sängerrunde, die neben der Brauchtumspflege auch bei diversen Festlichkeiten auftrat. Franz Scharofsky gründete im Tollinggraben eine Vereinssektion Die Bärenkogler, welche 1935 zur Gänze in den Verein einbezogen wurde. 1972 kam es zur Umbenennung in Heimat- und Trachtenverein T. Seit 1995 ist Helmut Zöhrer Obmann. Seit 2000 besteht die Theatergruppe T. unter Leitung von Elfriede Brandl. Der Reinerlös der Aufführungen kommt immer sozialen Zwecken zugute. Seit den 1930er Jahren gab es ein Kino, dessen Schließung zu einem unbekannten Zeitpunkt erfolgte.


Literatur
A. Seebacher-Mesaritsch in F. Goldmann/N. Reisinger (Hg.), Österr. Städtebuch 6/4 (1995); G. Baumann, Stadtkapelle T., Dipl.arb. Graz 2001; 800 Jahre Pfarre T. zum Heiligen Rupert. Fs. 1995; Ä. Reiter (Hg.), T. Altes Kulturzentrum im steirischen Erzgebiet 1963; T.er Stadtchronik mit Schwerpunkten der Jahre 1985 bis 1990, hg. v. der Stadtgemeinde T. 1990; J. Freudenthaler, Eisen auf immerdar! Gesch. der Stadt und des Bezirkes Leoben in Kulturbildern 1936; B. Wieser, Zur Besitz- und Siedlungsgeschichte des T.er Beckens, Diss. Graz 1972; T.er Gemeinde-Ztg. Amtsbl. der Marktgemeinde 1977ff, seit 2013 unter dem Titel Gemeinsam; Fs. anlässlich der Einweihung der neuen Orgel in der Rupertikirche T. [2007]; E. K. Neuer, „Das T.er Becken“ (Eine länderkundliche Darstellung), Diss. Graz 1967; A. Seebacher-Mesaritsch, T. Heimatbuch zur Stadterhebung 1979; J. Freitag (Hg.), Fs. 1462–2012. 550 Jahre Pfarrkirche zum Hl. Rupert in T. Altarweihe 2012.

Autor*innen
Ingrid Schubert
Letzte inhaltliche Änderung
10.9.2015
Empfohlene Zitierweise
Ingrid Schubert, Art. „Trofaiach“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 10.9.2015, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003277c8
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DOI
10.1553/0x003277c8
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