Siena, das ab 1557 Teil des Hzg.tums T. war, verfügte seit dem 13. Jh. über ein reges Musikleben, das einerseits durch die Dommusik, andererseits durch die zünftisch organisierten Stadtmusiker dominiert wurde. Ab dem 16. Jh. wurde eine eigenständige Entwicklung durch die von Florenz ausgehenden und von der Herrscherfamilie gesteuerten kulturellen Impulse reduziert; von Bedeutung blieb die Domkapelle bzw. wurden adelige Dilettanten (Tommasso und Desiderio Pecci, Alessandro Della Ciaia) und die 1525 erstmals erwähnte Accademia degli Intronati aktiv. Erst 1670 fand die erste Opernaufführung in Siena statt (1690 Bau des ersten Theaters). Im 18. und 19. Jh. sank die Bedeutung Sienas noch deutlicher und erlebte erst durch das Mäzenatentum von Guido Chigi Saracini, der 1932 die Accademia Musicale Chigiana gründete (Musikfestival, Kompositionspreis, Stipendien), eine Wiederbelebung. Eine ähnliche Entwicklung ist auch im Musikleben Pisas zu beobachten: Auch in dieser Stadt, die ab 1284 unter der Herrschaft der Medici stand, wurde das Musikleben primär durch die Musik an der Domkirche und der anderen Hauptkirche der Stadt, San Stefano dei Cavalieri, bestritten. Ab dem 17. Jh. traten zahlreiche Akademien hinzu (Accademia dei Lunatici bzw. Pisani Accademici, Accademia dei Ravvivanti), die v. a. als Veranstalter musikdramatischer Darbietungen (Intermezzi, komische Opern, opere serie, opere buffe) hervortraten.
Als zu Beginn des 18. Jh.s das Aussterben der Medici abzusehen war, wurde im Frieden zu Haag/NL 1720 (Spanischer Erbfolgekrieg) dem König von Spanien eine Sekundogenitur in Parma/I, Piacenza/I und der T. versprochen; im Frieden von Wien 1735 wurde dies insofern revidiert, als Lothringen an Stanislaus Leszinski abgetreten wurde und Franz Stephan (Franz I.) mit der in nächster Zeit neu zu belehnenden T. entschädigt werden sollte (auch Parma und Piacenza fielen an Habsburg und wurden zu einer Tertiogenitur); im Gegenzug erhielt Spanien Neapel-Sizilien, wo es eine Sekundogenitur errichtete. 1737–65 war die T. lothringischer Besitz und wurde nach dem Tod K. Franz’ I. 1765 zur habsburgischen Sekundogenitur (unter Pietro Leopoldo/Leopold II.), der die T. zu einem Musterland der Aufklärung machte und es kulturell öffnete. In den napoleonischen Kriegen wurden die Habsburger aus der T. vertrieben (Republik Etrurien) und im Reichsdeputationshauptschluss 1803 mit Salzburg, dem Breisgau/D und Teilen des Bistums Passau entschädigt. Durch den Wiener Kongress erhielten die Habsburger ihre italienischen Besitzungen wieder zurück (nur Parma, Piacenza und Guastalla gingen an die zweite Frau Napoleons I., Erzhzg.in Marie Louise, blieben aber somit auch im österreichischen Einflussbereich). 1847 wurde Lucca, die alte Hauptstadt von Tuscien, Teil der T. Im Jänner 1849 kam es im Zuge der Einigungsbewegung, die Kg. Karl Albert von Sardinien-Piemont 1848 losgetreten hatte, zu einem Aufstand in der T., der niedergeschlagen wurde; jedoch schlug ab diesem Zeitpunkt die ohnehin latente Abneigung gegen die Fremdherrschaft zu glühendem Nationalismus und Patriotismus um. Im Frieden von Zürich/CH musste Österreich große Teile seiner oberitalienischen Besitzungen abgeben (mit Ausnahme Venetiens); T., Modena und Parma entschieden sich in einer Volksabstimmung für die Loslösung von Österreich und die Eingliederung in den neuen italienischen Staat unter der Führung des Königshauses Sardinien-Piemont, dessen Hauptstadt 1864–70 Florenz war. Für das Musikleben in den Städten der T. bedeutete die Vereinigung Italiens einerseits eine Reduktion auf Provinzniveau, das nur durch private Eigeninitative (in Siena) verbessert werden konnte, andererseits eine Angleichung an den internationalen Musikbetrieb.
dtv-Brockhaus-Lex. 18 (1982); R. A. Kann, Gesch. des Habsburgerreiches 1526–1918, 1990; eigene Forschungen.