Z. B. entstand aus einem Legat (1975) von F. Derra de Moroda an das Institut für Musikwissenschaft der Univ. Salzburg zunächst ein Forschungsarchiv [C. Schneider], das schließlich 2004 zur Institutionalisierung der Tanzwissenschaft an einer österreichischen Univ. führte.
Im 21. Jh. erscheint die inter-, ja transnationale Kommunikation, die kulturenübergreifende Verständigung darüber, was Tanz, Tanzen, Bewegung und Körper ist, als ein zentrales Bedürfnis von Tanzforschern jeglicher Provenienz. T. definiert sich über den Tanz ebenso wie über Materialien von T. Die Körperbewegung selbst wird also zum Material; gleichermaßen gilt ihre Vernetzung mit anderen Medien als Material, etwa mit Ikonographie, Literatur, Notation, Film, Video sowie alle digitalen Aufzeichnungs- und Verarbeitungsformen. Die Suche nach geeigneten Umsetzungen von Bewegung in andere Materialien ist so lange offen, so lange sich Bewegung und ihre Dokumentationsmittel weiter ausformen. Dokumentation und Rekonstruktion stellen in der heutigen T. sowohl das Produkt von Wissen dar, wie sie auch Wissen produzieren; sie sind Verfahrensweisen, die kinetische und kinästhetische Modi verständlich machen, in denen Tanz ‚Sinn‘ ergibt; gleichzeitig fordern sie den Kanon traditioneller Genres, Sujets und Topoi heraus und hinterfragen klassenspezifische, nationale Grenzziehungen.
Allgemein lassen sich an der Literatur, den ikonographischen Quellen und dem Gebrauch neuer Medien drei genreabhängige und geographische Situationen beobachten, die für die Entwicklung der T. typisch sind. Die erste Situation und dadurch bedingte Perspektivierung der T. zeigt sich in den Ländern, die über mannigfaltige praktische wie theoretische Ressourcen zu Volks-, Gesellschafts- und Bühnentanz verfügen; sie trifft zu v. a. auf die kontinental- und südeuropäischen Länder wie Frankreich, Deutschland und Österreich, auf Italien und Spanien. Die in diesem Fall signifikante Perspektive auf Tanz lässt sich als „Re-Präsentation von Kunst- und Gesellschaftsphilosophie“ beschreiben. Die zweite Situation bzw. Sichtweise entwickelt der Tanz, als das Ballett im Zuge seiner stilistischen Weiterentwicklung auf die „kulturpsychologische Suche nach Identität “ geht, die es v. a. auch in ‚fremden‘ Tänzen findet. Die dritte Situation und dementsprechende Verhandlung von Tanz, Bewegung, Körper zeigt sich in den geographischen Bereichen, in denen Ballett wie Volks- und Gesellschaftstanz Bedeutung haben, ohne dass sich Prioritäten ablesen ließen; hier sind v. a. die Länder mit angelsächsischer Tradition zu nennen. Sie setzen sich mit Tanz durch „Theoretisierungen: Rollen, Modelle, Metaphern“ auseinander; hiermit beginnt die Institutionalisierung von T.
Mit dem Ausgang des 20. Jh.s befasst sich die T. in den USA wie in Europa v. a. mit folgenden postpositivistischen Grundfragen: Wo soll der Fokus der T. liegen? Auf einer interdisziplinären Erweiterung dessen, was Tanz(en) ist? Oder auf einer Konzentration auf die Spezifikation von Tanz? Wie gehen andere Wissenschafts-Disziplinen mit einem erweiterten Tanzverständnis um? Führt der Trend weg von der Analyse der Bewegungsstrukturen und hin zu einer interdisziplinären Ausrichtung von T.? Schließen sich die beiden Annäherungsformen überhaupt aus? Welche Stellung hat Theorie im Tanz? Und ist T. ohne Tanzpraxis sinnvoll?
G. Haid in S. J. Cohen (Hg.), International Encyclopedia of Dance 1 (1998) [Austria. Dance Research and Publication ]; S. Dahms (Hg.), Tanz 2001; C. Jeschke/G. Vettermann in A. Grau/St. Jordan (Hg.), Europe Dancing: Perspectives on Theatre Dance and Cultural Identity 2000.