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Tafelklavier
Saitenklavier mit Hammermechanik und rechteckigem Korpus, das einem Tisch ähnelt. Die Saiten verlaufen horizontal und quer zur Tastatur, die sich an der Längsseite befindet. Der Begriff T. taucht erstmals in einer Abhandlung über das Fortepiano von Carl Dieudonné und Johann Lorenz Schiedmayer auf (Stuttgart/D 1824). Davor war es meist unter dem Begriff „Fortepiano in der Form des Claviers“ bekannt. Damit wurde auf die enge Beziehung zum Clavichord verwiesen, dem das T. seine Herkunft und Korpuskonstruktion verdankt. Erste Hinweise auf T.e sind in der 1. Hälfte des 18. Jh.s zu finden. Einen Durchbruch als Hausinstrument in Konkurrenz zum Clavichord erzielte es in der 2. Hälfte des 18. Jh.s, bevor seine Dominanz in dieser Funktion gegen Ende des 19. Jh.s allmählich vom Pianino übernommen wurde. Im Vergleich zum Hammerflügel (Klavierbau) war das T. kostenkünstiger herzustellen und daher ein Experimentierfeld für frühe Hammermechaniken. Ein weiteres Kennzeichen waren zahlreiche Einrichtungen, die Klangvariationen erlaubten und andere Instrumente nachahmten, wie etwa die Dämpferaufhebung, der Moderatorzug, der Lautenzug oder der Harfenzug.

Die an T.en zu findenden Hammermechaniken können grob in zwei Gruppen eingeteilt werden: 1. die sog. Stoßmechanik, bei welcher der Hammer unabhängig von der Klaviatur geachst ist und durch einen Stoß der Taste gegen die Saite schlägt, und 2. die sog. Prellmechanik, bei der der Hammer als zweiarmiger Hebel direkt mit der Taste verbunden ist und durch den Anschlag an ein Hindernis in Richtung Saite geschleudert wird. Beide Mechanikarten sind seit den 1760er Jahren in T.en zu finden, die Stoßmechanik in England und die Prellmechanik im deutschsprachigen Raum.

In Wien sind die ersten T.e aus den 1780/90er Jahren erhalten. Sie weisen eine Stoßmechanik auf, bei der der Hammerkopf nach vorne zum Spieler zeigt. T.e mit der sog. Wiener Mechanik, einer verfeinerten Prellmechanik, sind in den letzten Jahren des 18. Jh.s in Wien nachweisbar. Im 19. Jh. folgten T.e im Allgemeinen den Entwicklungslinien der Hammerflügel und wurden unter Einbeziehung von Metallstreben zunehmend massiv gebaut, ab Mitte der 1830er Jahre auch mit einem ganzen Metallrahmen. Sowohl die Wiener Mechanik als auch spezielle Wiener Formen der Stoßmechanik, etwa die Patentmechanik von J. B. Streicher, kommen in T.en des 19. Jh.s in Wien vor. Wichtige Hersteller Wiener T.e waren I. Kober (s. Abb.), J. Brodmann, Anton Walter, André Stein, C. Graf, Joseph Franz Ries (F. Ries) und I. Bösendorfer.


Literatur
NGroveD 24 (2001) [Square pianoforte]; A. Huber in G. Stradner (Hg.), [Kat.] Die Klangwelt Mozarts. KHM Wien 1991; A. Huber in The Galpin Society Journal 55 (2002); S. K. Klaus in Journal of the American Musical Instrument Society 24 (1998) u. 27 (2001).

Autor*innen
Sabine Klaus
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Sabine Klaus, Art. „Tafelklavier‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x00044b37
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Ignatz Kober, Wien 1788 (KHM, Sammlung Alter Musikinstrumente, Inv.-Nr. 496)© KHM-Museumsverband
© KHM-Museumsverband

DOI
10.1553/0x00044b37
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