Studentenlied
Lied, dessen Inhalt sich auf das Studentenleben beziehen, oder auch Lied zu
anderen Themen, das von Studenten, insbesondere in Studentenverbindungen,
gemeinschaftlich gepflegt wird. Man kann davon ausgehen, dass Studenten immer schon gesungen haben, wenn ihre
Lieder in früherer Zeit auch nur vereinzelt bezeugt sind, wie z. B. bei dem Steyrer
Ratsschreiber Matthias Abele von Lilienberg, 1651. Mit der Entwicklung studentischen
Selbstbewusstseins im deutschen Sprachraum seit dem späten 18. Jh. stieg auch der Bedarf
an studentischem Liedgut (erste Publikation: Kindleben 1781). Nach Aufhebung der
Karlsbader Beschlüsse 1848 kam es zum Aufleben von Studentenverbindungen und zur Herausgabe von „Kommersbüchern“, die studentisches Liedgut gesammelt anboten, und zwar zunächst in Deutschland. Zum überlieferten Repertoire (Ständelieder, Gesellschafts- und Festlieder, Lieder für Kneipe und Kommers, Trinklieder und Rundgesänge, Liebes-, Abschieds- und Wanderlieder, Balladen, Scherzlieder, Naturlieder) traten nun Neuschöpfungen im Sinne nationalliberaler Positionierung einerseits (z. B. Was ist des Deutschen Vaterland? von Ernst Moritz Arndt, M: Gustav Reinhardt) und romantischer Rückbesinnung andererseits (z. B. O alte Burschenherrlichkeit von Eugen Höfling?, M: unbekannt). Neu dazu kamen nun Loblieder auf Universitätsstädte (z. B. Alt-Heidelberg, du feine, Joseph Victor von Scheffel, M: Anton Zimmermann) und scherzhaft-historische Lieder (z. B. Als die Römer frech geworden; Scheffel, M: Ludwig Teichgräber). Auf mittelalterliche Vagantenpoesie gehen lateinische Lieder wie Gaudeamus igitur zurück; letzteres erklingt in Österreich bis heute (2021) bei akademischen Feiern, wenn auch häufig nur noch vom Tonband. 1880 erschien das von Max Breitenstein herausgegebene Commersbuch der Wiener Studenten, das insbesondere für die Universitätsstädte der Donaumonarchie: Wien, Innsbruck,
Graz,
Prag, Brünn und Czernowitz gedacht war und sich betont österreichisch gegen die großdeutsch und freiheitlich orientierte Burschenschaft absetzte. Es enthält neben österreichischen Fassungen der bekannten deutschen St.er zahlreiche in Österreich gesungene Lieder sowie Neuschöpfungen aus einem eigens dafür veranstalteten Preisausschreiben. Der Text des deutschen, zeitweise in Wien lebenden Autors Rudolf Baumbach „Schwört bei dieser blanken Wehre“, vertont vom Chormeister des Wiener Akademischen Gesangvereins,
Hans Treidler, gewann damals den 1. Preis, wurde sehr beliebt und
wird heute nicht nur von den konservativen österreichischen Studentenverbindungen
gesungen, sondern gilt auch als das Lied der national-freiheitlichen
Burschenschaften. Gegenwärtig sind in Österreich sowohl deutsche Kommersbücher
verbreitet wie auch die österreichischen der katholischen Couleurstudenten. Das 1984
zuletzt erschienene Österreichische Kommersbuch enthält – abgesehen vom
üblichen Repertoire – alle in Österreich üblichen „Farbenlieder“, „Verbandshymnen“ und
„Burschenstrophen“.
Literatur
F. Silcher/F. Erk (Hg.), Allgemeines Dt. Commersbuch 1858; M. Breitenstein (Hg.), Commersbuch der Wr. Studenten 1880; Commers-Buch für den dt. Studenten 1855ff; U. Gabriel, Die Funktion u. Bedeutung des St.es in Österreich , Hausarb. Wien 1971; Göpels dt. Lieder- u. Commersbuch 1847ff; W. Kindleben, St.er – Aus den hinterlassenen Papieren eines unglücklichen Philosophen, Florido genannt 1781; E. Kremser (Hg.), Kommersbuch der dt. Studenten für Klavier mit beigefügtem Text [o. J.]; P. Nettl, Prag im St. 1964; W. Schmied (Hg.), Österr. Kommersbuch 1965; Das Österr. Kommersbuch. Lieder der katholischen Couleurstudenten in Österreich 1984 [Weiterführung des von W. Schmied bearbeiteten Österr. Kommersbuches von 1965]; A. Plattner, Tiroler Studenten-Liederbuch. Burschen heraus! Lieder-Slg. für die katholisch-österr.en Mittelschulverbindungen Tirols 1947; R. Reimann/Th. Weichmann (Hg.), St.er aus Graz 1988; G. Scherer (Hg.), Dt. Studenten Lieder mit Bildern und Singweisen , illustriert v. F. Pocci u. L. Richter 1856 (s. Abb.; NA m. einem Vorwort v. R. W. Brednich 1978); L. Schmidt in R. W. Brednich et al. (Hg.), Hb. des Volksliedes 2 (1975); G. Walzel, Student sein in Graz. Das Grazer St. 1982.
F. Silcher/F. Erk (Hg.), Allgemeines Dt. Commersbuch 1858; M. Breitenstein (Hg.), Commersbuch der Wr. Studenten 1880; Commers-Buch für den dt. Studenten 1855ff; U. Gabriel, Die Funktion u. Bedeutung des St.es in Österreich , Hausarb. Wien 1971; Göpels dt. Lieder- u. Commersbuch 1847ff; W. Kindleben, St.er – Aus den hinterlassenen Papieren eines unglücklichen Philosophen, Florido genannt 1781; E. Kremser (Hg.), Kommersbuch der dt. Studenten für Klavier mit beigefügtem Text [o. J.]; P. Nettl, Prag im St. 1964; W. Schmied (Hg.), Österr. Kommersbuch 1965; Das Österr. Kommersbuch. Lieder der katholischen Couleurstudenten in Österreich 1984 [Weiterführung des von W. Schmied bearbeiteten Österr. Kommersbuches von 1965]; A. Plattner, Tiroler Studenten-Liederbuch. Burschen heraus! Lieder-Slg. für die katholisch-österr.en Mittelschulverbindungen Tirols 1947; R. Reimann/Th. Weichmann (Hg.), St.er aus Graz 1988; G. Scherer (Hg.), Dt. Studenten Lieder mit Bildern und Singweisen , illustriert v. F. Pocci u. L. Richter 1856 (s. Abb.; NA m. einem Vorwort v. R. W. Brednich 1978); L. Schmidt in R. W. Brednich et al. (Hg.), Hb. des Volksliedes 2 (1975); G. Walzel, Student sein in Graz. Das Grazer St. 1982.
Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid,
Art. „Studentenlied“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.5.2006, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e3d7
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