Johann („Mongo“): * 20.5.1929 Guntramsdorf/NÖ, † 16.3.2014 Wien. Musiker, Schriftsteller. War in den Konzentrationslagern Auschwitz-Birkenau, Buchenwald/D, Flossenbürg/D, mit K. St. befreit am 24.4.1945 durch die 3. US-Armee während eines Todesmarsches nach Dachau bei Rötz in Bayern/D. 1947 Rückkehr nach Wien, Einzelhandelskaufmann (Textilien, Orientteppiche). Verfasste früh Gelegenheitsgedichte und -lieder. Mit Sas man mamo dosta Lowe [Mutter, ich war einmal ein reicher Mann], 1947 für eine familiäre Weihnachtsfeier geschrieben, gelang ihm ein Klassiker der modernen Roma-Musik. Angeregt durch die musikalischen Karrieren der jüngeren Familienmitglieder begann M., der zuvor als Amateur musiziert hatte, ab den 1990er Jahren als Sänger und Gitarrist zu konzertieren und CDs, mit z. T. eigenen Texten, im Romanès der Lovara, mit musikalischen Einflüssen von Jazz und Salsa, aufzunehmen (gem. m. seinen Kindern). M. St. betätigt sich auch als Schriftsteller.
Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich 2001.
CDs Amari Luma [Unsere Welt] 1994; Newi Luma [Neue Welt] 1997.
Papierene Kinder. Glück, Zerstörung u. Neubeginn einer Roma-Familie in Österreich 2000; Legenden der Lowara. Lieder u. Gesch.n der Roma v. Wien, hg. v. E. Molden 2004.
Sein Bruder
Karl: 20.4.1931 Wampersdorf/NÖ, † 9.4.2003 Wien. Maler, Schriftsteller. Vater von K. Ratzer. Ab März 1943 in den Konzentrationslagern Auschwitz-Birkenau, Buchenwald, Flossenbürg. Gemeinsam mit J. von der US-Armee befreit, ab 1947 in Wien. Einzelhandelskaufmann (Textilien, Orientteppiche), danach verschiedene kaufmännische Tätigkeiten in mehreren europäischen Ländern und den USA, 1973 Rückkehr nach Österreich. Ab 1985 als Maler tätig, v. a. autobiographische Motive, Verarbeitung der Erlebnisse in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern (Ausstellungen in Europa, den USA – u. a. im Weißen Haus – und Japan). Als Schriftsteller autobiographische Texte und Lyrik, als Schauspieler Mitwirkung am Film Abschied von Sidonie (Regie: Karin Brandauer, 1991, nach dem Roman von Erich Hackl).
Orden des Holocaust Memorial Centre 1992; Ehrenmitglied des Kulturvereins österr. Roma 1993; Prof.-Titel 1999; Ehrenzeichen der Republik Österreich 2001.
Ein Kind in Birkenau 1990 (engl. als A Childhood in Birkenau 1992); gem. m. R. Pohanka, Auf der ganzen Welt zu Hause. Das Leben u. Wandern des Zigeuners K. St. 1994; Gas 1996.
G. Grassl (Hg.) K. St. Nach der Kindheit im KZ kamen die Bilder 1992; S. Zwitter, The Story of K. St.: K. St. – „Mein Name war Z 5742“, 1992 [Videodokumentation].
Seine Schwester
Margarete („Ceija“): * 23.5.1933 Kraubath an der Mur/St, † 28.1.2013 Wien. Schriftstellerin, Malerin, Sängerin. Ab 1943 Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück/D und Bergen-Belsen/D, am 15.4.1945 von der britischen Armee befreit. Nach 1945 Marktfahrerin in Wien und Umgebung, später Einzelhandelskauffrau (Orientteppiche). Schriftstellerin, v. a. zur Geschichte und Tradition der Roma und Sinti und über deren Schicksal während des Nationalsozialismus, auch Lyrik. Ein Japanbesuch 1989 regte sie zur Malerei ein: Motive aus dem Leben der Roma vor dem Krieg und zur Erfahrung in den Konzentrationslagern (Ausstellungen u. a. in Österreich, Deutschland, Tschechien und Japan, Beteiligung an den Dauerausstellungen in Auschwitz und Ravensbrück). Als Sängerin trat sie mit traditionellem Liedgut der Roma und auch mit Wienerliedern, häufig begleitet von der Band Amenza Ketane [Wir gemeinsam], auf.
Ehrenhalber gewidmetes Grab auf dem Friedhof Groß-Jedlersdorf (Wien XXI); C.-St.-Platz (Wien VII).
Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch 1993; Goldenes Verdienstkreuz des Landes Wien 2001; Humanitätsmedaille der Stadt Linz 2004; Goldenes Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich 2005; Fernsehpreis der Österreichischen Erwachsenenbildung 2006; Prof.-Titel 2009.
Ihre Söhne
Willibald („Hoida“): * 17.5.1949 Wien. Gitarrist. Der Gitarrist von Amenza Ketane ist auf Roma-Musik der Lovara spezialisiert. Sein Sohn Michael (* 18.2.1982 Wien) ist Gitarrist und Schlagzeuger, u. a. bei Amenza Ketane.
Jano: * 21.12.1955 Wien, † 11.10.1979 Wien. Jazz- und Rockschlagzeuger, spielte mit seinem Cousin Harri bei Gipsy Love und P. Wolfs Objective Truth Orchestra sowie mit H. Känzig und H. Sokal in der Band Triotonal.
Josef-Felder-Preis f. Gemeinwohl u. Zivilcourage 2000; Ehrenmitglied von Romano Centro 2003.
CD Me Diklem Suno [Ich hatte einen Traum] 2000; Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin 1988; Reisende auf dieser Welt. Aus dem Leben einer Rom-Zigeunerin 1992; Meine Wahl zu schreiben – ich kann es nicht / O fallo de isgiri-me tschischanaf les 2003 [Gedichte in Romanès u. Dt.].
K. Berger, Ceija Stojka. Portrait einer Romni 1999 [Dokumentarfilm]; K. Berger (Hg.), Träume ich, dass ich lebe? Befreit aus Bergen-Belsen 2005; G. Horak in an.schläge 2005; http://de.wikipedia.org (11/2019).
Johanns Kinder
Doris: * 17.4.1950 Wien. Sängerin. Verheiratet mit dem Musiker und Lehrer Robert Weinrich von der Volksgruppe der Sinti (Onkel von Z. Weinrich). Sängerin u. a. in von ihrem Bruder Harri geleiteten Bands und mit ihrem Vater M. St.
Elisabeth („Sissi“; verh. Asenbaum): * 28.1.1953 Wien. Sängerin u. a. in von ihrem Bruder Harri geleiteten Bands (z. B. Gitancœur) und mit ihrem Vater M. St. (nicht zu verwechseln mit ihrer gleichnamigen Schwägerin vom Musikprojekt E. T. Sound).
Harald Wakar („Harri“): * 22.7.1957 Wien. Gitarrist und Komponist. Vermengt z. T. Jazz und Rock mit Elementen der traditionellen Roma-Musik; Texte häufig in Romanès. Erste öffentliche Auftritte ab 1970: zuerst in der Formation Jano + H. St., später als Bassist in der Band seines Cousins K. Ratzer (Gipsy Love) und Leadgitarrist in P. Wolfs Objective Truth Orchestra. Gründete 1973 die Band H. St.-Expreß. Internationaler Durchbruch beim Open Air Festival im Wiener Praterstadion 1981, im selben Jahr Einladung zum Guitar-Summit beim Jazzfestival in Montreux/CH (Live-LP). Zusammenarbeit u. a. mit seinem Vater M. St. sowie A. Heller, E. Pluhar und dem Geiger Z. Weinrich. Roma-Musik-Projekte Gitancœur (2003 in Montreux) und Gipsysoul. Vorstandsmitglied von Romano Centro. H. St. ist einer der international bekanntesten Jazz-Musiker aus Österreich. Seine Frau Valerie (* 1.12.1961 Wien) leitet die Konzertagentur Gypsy Production und den Gipsy Music Musikverein, der – 2003 gegründet – sich der Förderung und Popularisierung der Musik der Roma und Sinti widmet (auch verlegerische Tätigkeit).
Goldenes Ehrenzeichen der Republik 2013.
LPs bzw. CDs: Off the Bone 1980, Live at Montreux 1981, Gitancœur 2000, Live at the Roma Wedding 2004, A Tribute To Swing 2005, Garude Apsa [Verborgene Tränen] 2005.
Mongos, Karls und Ceijas Neffe
Johann („Bebi“): * 26.2.1960 Wien. Schlagzeuger, Pianist und Komponist. Sohn von Maria („Mitzi“) St. Spielte gemeinsam in verschiedenen Jazz-, Samba- und Funkbands u. a. mit seinen Cousins H. St. und K. Ratzer und zahlreichen Musikern der Wiener Jazzszene sowie mit den eigenen Formationen J. St. and Band und Blues Age (mit Chris [„4er“] Peterka). 1984–95 in Norwegen, Zusammenarbeit mit norwegischen Jazzmusikern.
(Allgemein:) S. Steinmetz, Österreichs Zigeuner im NS-Staat 1966; E. Turnher, Nationalsozialismus u. Zigeuner in Österreich 1983; G. Lewy, „Rückkehr nicht erwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich 2001; http://romani.uni-graz.at/ (11/2005); Gypsysoul. Die Musikerfamilie St. 2002 [TV-Dokumentation, ORF/BR Alpha]; pers, Mitt. Ceija St., D. Weidrich, V. St., Bebi St.