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St. Laurenz am Schottenfeld (Wien)
Pfarrkirche im siebenten Wiener Gemeindebezirk, errichtet in den Jahren 1784–87, am 29.9.1786 geweiht. Initiator des Baus war der Abt des Wiener Schottenstiftes B. Pointner. Einige Einrichtungsgegenstände stammten aus dem unter Joseph II. aufgehobenen Laurenzerinnenkloster. Erwähnenswert ist auch das Vorhandensein einer von Franz Josef Scheichel 1765 gegossenen Glocke im Kirchturm. Da die Glocke älter als die Kirche selbst ist, wird auch sie aus einer damals aufgelassenen Kirche stammen. Ursprünglich inkorporierte Stiftspfarre des Schottenklosters, wird die Pfarre seit 1946 von Deutschordenspriestern betreut.

Ursprünglich wollte man für die Kirche die Orgel von J. Hencke aus der Schwarzspanierkirche des aufgelassenen Benediktinerklosters Maria von Monte Serrato erwerben, die allerdings nach St. Augustin kam. 1788 stellte daher F. X. Chrismann eine neue Orgel (II/25) fertig, die Orgelprobe soll J. G. Albrechtsberger in Gegenwart W. A. Mozarts gespielt haben. 1825 arbeitete J. Deutschmann an der Chrismann-Orgel (Verkleinerung des Rückpositivs), die nach vielen Veränderungen 1966 abgetragen und unter Verwendung des Gehäuses und des vorhandenen Pfeifenmaterials von Ph. Eppel neu gebaut wurde (II/26); damalige Gesamtplanung von K. Kutil. Im 19. Jh. betreuten Deutschmann, St. Hechinger, J. Loyp und F. Ullmann die Orgel. 1989 Instandsetzung und Restaurierung durch Walcker-Mayer aus Guntramsdorf/NÖ.

Die Kirchenmusik der ersten Jahre litt zunächst unter den Einschränkungen der Reformen Josephs II. Erster Chorregent war J. M. Haroldt, der in einer Kindersingschule Sänger ausbildete, anscheinend jedoch mit geringem Erfolg. Ein ständiger Kirchenchor war anfangs nicht vorhanden, Aushilfskräfte kamen von der Pfarre St. Joseph ob der Laimgrube (Wien VI) und vom Theater an der Wien. In den Jahren um 1800 dürfte die Pfarre auch vom musikalisch sehr gebildeten und interessierten Kooperator Th. Zwettler profitiert haben, der 1786–1802 an St. L. wirkte. Zu dieser Zeit war J. Haroldt Regens Chori. 1812 berief H. Kraus, neuer musikbegeisterter Pfarrer, Aloys Weiß (?–?) zum neuen Chorregenten und Organisten. 1814 eröffnete Weiß eine MSch. der Pfarre Schottenfeld, die in den folgenden Jahrzehnten ein ansehnliches Niveau erreichte. Nach wie vor gab es jedoch weder einen eigenen Chor noch ein eigenes Orchester. Erst mit der Gründung eines Kirchenmusikvereins der am 14.7.1823 seine behördliche Genehmigung erhielt (Erster organisierter, von der hohen k. k. n. ö. Landes-Regierung bewilligter Kirchenmusikverein Wiens), sollte sich dies ändern; das Vereinskapital ermöglichte den Ankauf von Instrumenten und Musikalien, mehr als 50 Sänger und Instrumentalisten bildeten von nun an Chor und Orchester der Schottenfelder Kirchenmusik. Unklar ist die Provenienz der 1823 angekauften Kirchenmusikalien, unter ihnen einige sehr frühe Abschriften (vor 1800) von Werken J. Haydns und W. A. Mozarts. Trotzdem gab es nur an Feiertagen (an die 30 pro Jahr), nicht jedoch an normalen Sonntagen – hier wurden weiterhin deutsche Messlieder gesungen (bis 1807 Wir werfen uns darnieder, dann Hier liegt vor deiner Majestät von M. Haydn, erst ab 1916 Fr. Schuberts Wohin soll ich mich wenden) – musikalische Hochämter (diese Regelung hielt sich bis in die zweite Hälfte der 1880er Jahre); besonders feierlich war die Gestaltung zum Cäcilientag. Weiß dürfte gute Beziehungen zur Wiener Musikwelt gehabt haben, Persönlichkeiten wie I. v. Seyfried und F. Krommer förderten die Kirchenmusik an St. L.; beide traten auch als Dirigenten bei Aufführungen in Erscheinung. Um für rund 70 Sänger und Musiker ausreichend Platz zu haben, kam es 1836 zu einer Erweiterung der Orgelempore. Ab 1831 folgte Weiß‘ Sohn Aloys Ludwig Weiß (?–?) dem Vater sukzessive als Organist, Leiter der MSch. und Chorregent (ab 1846) nach. Der Tod von Pfarrer Kraus im Jahr 1850 dürfte für den Kirchenmusikverein eine entscheidende Zäsur gewesen sein, von ihm und Aloys Ludwig Weiß fehlt in der Folge jede Nachricht. Die Kirchenmusik wurde jedoch weiterhin mit viel Engagement und großem finanziellem Aufwand gepflegt, sämtliche Kosten trug nun jedoch die Pfarre selbst. Ca. 1857–62 war E. Stoiber Chorregent an St. L., er könnte Nachfolger eines gewissen J. Hackensöllner gewesen sein. Stoiber soll damals der jüngste Wiener Chorregent gewesen sein, er gründete gegen Ende der 1850er Jahre auch eine neue MSch. mit Schwerpunkt auf Kirchengesang. 1862–78 war F. Pammer Chorregent, ihm folgte 1878–90 Andreas Prinz. Letzterer brachte zum Kirchweihfest 1879 L. v. Beethovens C-Dur-Messe zur Aufführung. Während dieser Zeit hielten auch Messen von K. Kristinus, F. Schöpf und Ignaz Reimann im Repertoire Einzug. 1890–1922 war Ludwig Radl, Professor an der MSch. Horak, Chorregent, ihm folgte 1922–39? Ludwig Waissnix. 1922 wurde neuerlich ein Kirchenmusikverein ins Leben gerufen, auch während des Zweiten Weltkrieges gab es regelmäßig ein musikalisches Hochamt. 1942–62 amtierte Erich Reimann als Chorleiter, ihm folgte bis 1974 sein Schwiegersohn Bernhard Wamser und 1974–83 Karl W. Hagemayer (zuvor an St. Karl). Unter Hagemayer vereinigte sich der Kirchenchor mit jenem der Pfarre St. Joseph (Wien XV) und musizierte für beide Kirchen. Weiterhin standen v. a. Messen der sog. Wiener Klassik am Programm. 1983– 2004 leitete L. M. Kantner sehr erfolgreich die Kirchenmusik an St. L., wobei es ihm auch um eine Wiederentdeckung von Musikalien aus dem eigenen Chorarchiv ging. Seit 2004 steht Alfred Berger am Dirigentenpult.

Schon in den 1950er Jahren gab es eine von der katholischen Jugend ausgehende zweite musikalische Initiative an St. L., wobei aber auch Messen im Gregorianischen Choral gesungen wurden. Nach dem Zweiten Vatikanum gründete sich neben dem Chor unter dem Organisten Heinz Betelka eine sog. Schola als zweites Chorensemble. Diese Schola ist heute (2012) noch in der Pfarre tätig.


Literatur
L. M. Kantner in J. Kellner (Hg.), Pfarre Sankt Laurenz am Schottenfeld 1786–1986, 1986; Ch. Traunsteiner in StMw 49 (2002); Ch. Traunsteiner in M. Jahn/A. Pachovsky (Hg.), Figaro là, Figaro quà. Gedenkschrift Leopold M. Kantner (1932–2004), 2006; G. Lade, Orgeln in Wien 1990; K. Schütz, Der Wr. Orgelbau in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s 1969; W. Sauer in Kirchenmusikalisches Jb. 63/64 (1979/80); SK 13 (1966), 25 u. 37 (1990), 33; E. Th. Fritz-Hilscher/H. Kretschmer (Hg.), Wien Musikgesch. [2] (2011); A. Weißenbäck/J. Pfundner, Tönendes Erz 1961; Czeike 5 (1997); www.pfarreschottenfeld.at (5/2012).

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
10.9.2012
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „St. Laurenz am Schottenfeld (Wien)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 10.9.2012, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x002cd810
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x002cd810
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