Die Instrumente der Spielleute: In den Wirren der Völkerwanderung verstummte auch die Kriegsmusik der Antike. Für das frühe Mittelalter bleiben also zunächst die einfacheren Instrumente übrig: Signalhörner, Trompeten, Pfeifen und Trommeln. Diese sind, nach vielfachen Verbesserungen, die wichtigsten Instrumente der heutigen Sp.e und werden wegen ihrer verschiedenen militärischen Entwicklungsgeschichten gesondert beschrieben.
Große Trommel und Becken fanden durch die Musikkapellen der türkischen Elitetruppen – die Janitscharen – in Westeuropa in der Musik Einzug. Schon Berichte von den Türkenbelagerungen Wiens 1529 und 1683 erwähnen solche Instrumente im „nur auf Rhythmus und weniger auf Melodie ausgerichteten Spiel“ und sprechen von einer „wilden, aufregenden Wirkung“ der Janitscharenmusik. Seit 1743 lässt sich die „türkische Musik“, so nannte man alle Bläsergruppen, in denen dominierendes Schlagzeug verwendet wurde, im Deutschmeister-Regiment nachweisen. In Deutschland erscheint die große Trommel als erstes Schlaginstrument der Militärmusik im Jahr 1800, die kleine Trommel folgte erst 1816.
Das jüngste Instrument der Sp.e ist die Lyra (s. Abb.), die um 1860 in deutschen Infanteriekapellen Eingang gefunden hat und ihren Namen vom lyraförmigen Rahmen hat, auf dem chromatisch angeordnete Stahlplättchen montiert sind, die mit einem Schlegel angeschlagen werden. Dieses Metallophon wurde aus dem Glockenspiel entwickelt, das aus zwölf Glöckchen bestand, die auf einer Tragstange übereinander befestigt waren und mit einem Hämmerchen angeschlagen wurden.
Der Tambourstab taucht in Deutschland erstmals um 1800 auf. Die vereinigten Trommler eines Regimentes waren beim Zusammenspiel einem Regimentstambour unterstellt.
Der Taktstock des Militärmusikmeisters ist seit 1860 in Verwendung. Früher dirigierten die Kapellmeister der Militärmusik mit der kleinen oder Es-Klarinette.
Die mittelalterlichen Vorläufer der heutigen Spielleute: Die Wurzeln der Spielmannsmusik sind überwiegend militärische. Die alten Instrumente der Spielleute haben die Jh.e überlebt, weil sie weiterentwickelt wurden. Ihre Bedeutung und Gewichtung hat sich jedoch in den Orchestern der Neuzeit verschoben, wie aus dem Rückblick in vergangene Jh.e hervorgeht.
Trompeter und Pauker: Im frühen Mittelalter haben die Heerführer ihr Signalhorn selbst geblasen, wie es von Roland und seinem Hifthorn (oder Hiefhorn, von althochdt. hiofan, „wehklagen”), ein aus einem Rinderhorn gefertigtes Signalinstrument, bekannt ist. Später übernahm der Signalist des Heerführers diese Funktion.
Aus dieser Tradition ergibt sich die besondere Stellung der Trompeter, die sich aus den Musikerinnungen lösen konnten und eine eigene Zunft mit besonderen Privilegien errichteten (Heertrompeter und -pauker).
K. Maximilian I. teilte Feldtrompeter und Pauker den Reiterregimentern zu, Trommler und Pfeifer verpflichtete er zur Dienstleistung beim Fußvolk. K. Karl V. (reg. 1519–56) legte die Sonderrechte der Trompeter in der Carolina (1528) fest, die im Wesentlichen besagte: 1. Nur die Musiker Zunft der Trompeter und Pauker, die „Karoliner“, dürfen die Trompete blasen. 2. Die Trompete darf nur bei der Reiterei verwendet werden und 3. nur die Pauke ist als Begleitinstrument für die Trompete zulässig.
In der Folge wurde das Spiel der Trompeter und Pauker als „adelig-ritterlich freie Kunst“ bezeichnet. Der Trompeter galt als der Repräsentant höfischer Lebensform. Einer Dienstvorschrift aus dem Jahre 1555 ist zu entnehmen: „Feldtrommeter under ein geschwader Reuter gehörig. Unter jedem geschwader Reuter soll zum wenigsten ein Trommeter sein/der wart auff sein Hauptman/ […].“ Aus diesem Reglement ergibt sich, dass der Feldtrompeter ein vielseitiger Mann sein musste. Er war Adjutant seines Hauptmannes, er fungierte als Parlamentär, er verhandelte mit fremden Heerführern, er befragte Gefangene. Trompeter und Pauker wurden den Offizieren gleichgehalten, sie erhielten doppelten Sold und einen eigenen Reisewagen samt zusätzlichem Gespann. In Kriegszeiten wurden gefangene Trompeter nur gegen Offiziere ausgetauscht.
Die Trompeter spielten auf silbernen Instrumenten, an denen reich verzierte Wappenfahnen hingen, sie trugen Federhüte und bunte Röcke mit weiten Ärmeln, den sog. Schwalbennestern. Das Tragen einer Rüstung blieb ihnen erspart. Es gibt auch kaum ein Bild aus dieser Zeit, das nicht bei Paraden, Turnieren, Hoffesten oder Aufzügen stolz daher reitende Trompeter und Pauker zeigt.
Es wird berichtet, dass diese Trompeter und Pauker wahre Virtuosen auf ihren Instrumenten gewesen sind. Allerdings musste ein Trompeter eine fünfjährige Lehrzeit und zwei weitere Jahre Unterricht bei einem Feldtrompeter hinter sich gebracht haben, bevor er vor versammeltem Regiment seine Prüfung zum Feldtrompeter ablegen konnte. Die Ausbildung mussten der Regimentsinhaber und der König (Kaiser) zu gleichen Teilen tragen. Als Friedrich Wilhelm III. von Preußen 1810 wiederum für fünf Karoliner das Lehrgeld entrichten sollte, war es dem Sparsamen zuviel. Mit königlicher Verordnung löste er die stolze Zunft der Trompeter auf.
Allerdings wurde zu dieser Zeit das Zunftwesen bereits überall als rückschrittlich betrachtet. Und die Naturtrompeten wurden von Instrumenten mit Klappen überholt, auf denen vielseitiger gespielt werden konnte. Das Ende der Kavallerietrompete kam – technisch gesehen – mit der Erfindung der Ventile durch Friedrich Blümel und Heinrich Stölzl 1813. Neuere Quellen nennen A. und I. Kerner (Wien, 1806) als Erfinder der Ventil-Trompete; allerdings besaß dieses Instrument nur zwei Ventile, die nachträglich in eine Naturtrompete eingebaut worden waren. Seit 1830 hat die Trompete die heutige Form mit drei Ventilen. Die Naturtrompete in Es lebt in den Fanfarenzügen und in den österreichischen Sp.en weiter, weil sie sich besonders gut zur Charakterisierung festlicher Stimmung und zur Wiedergabe historischer Musikstücke eignet.
Trommler und Pfeifer: Die Schlachten des Mittelalters waren vorwiegend Reiterkämpfe. Das Fußvolk hatte nur eine untergeordnete Bedeutung, denn es kam trotz oft fünffacher Übermacht über die Abwehr von Reitergeschwadern nicht hinaus, weil die Art der Bewaffnung der Fußknechte – Lanzen, Hellebarden, Schwerter und Streitkolben – zwangsläufig den Kampf von Mann gegen Mann bedingt. Erst die Einführung der Schusswaffen, zuerst die Armbrust, später die Muskete, schuf einen zunehmend größeren Abstand der streitenden Parteien. Hand in Hand damit ging eine zweckmäßigere Unterteilung der fechtenden Haufen. Als kleinste taktische Einheit galt das Fähnlein, das von einem Feldhauptmann geführt wurde und aus 400 und mehr Söldnern bestehen konnte. Acht bis zehn Fähnlein bildeten ein Regiment unter einem Obristen.
Die Trommel war das Instrument der Landsknechte. Ihr Zweck war, die schwerfälligen Landsknechtshaufen auf ihrem Marsch aufzumuntern, die Trommel alarmierte die Truppe beim Herannahen des Feindes, sie begleitete lustige Stücklein, und bei gedämpftem Trommelklang wurde der arme Sünder zum Richtplatz geführt. Die Landsknechte würfelten auf der Trommel Gewinn oder Verlust und manche spielten auch um ihr Leben. Über der Trommel schlossen der Landsknecht und sein freies Liebchen einen Bund, und wenn ein Fußknecht als „Soldat und Brav“ gestorben war, so begleiteten ihn seine Kameraden mit dem Ehrenmarsch der Landsknechte auf seinem letzten Weg.
Zu dem unerbittlichen, ernsten Klang der Trommel spielte die Pfeife eine muntere oder traurige Melodie dazu. Die eigenartig belebende Wirkung dieser beiden Tonwerkzeuge, wenn sie die Lieder der marschierenden Söldner begleiteten oder ganz ablösten, war schon seit langem bekannt.
Die Pfeife war ursprünglich eine Blockflöte, sie wurde von der Querflöte verdrängt. Ihrer Herkunft nach nannte man sie „Schweitzerpfeiff“ oder auch Schwegel“ (von althochdt. swegala = „Rohr, Pfeife“). Die „Schweitzerpfeiff“ ist der direkte Vorläufer der heutigen Trommelflöte, sie wurde erstmals 1511 in Basel/CH beschrieben.
Schon um 1500 hatte sich das Zusammenspiel von Trommel und Pfeife in großem Umfang durchgesetzt und hat sich mit unwesentlichen Änderungen bis zum heutigen Tag behauptet.
In Lienhard Fronspergers ältestem deutschen Reglement aus dem Jahre 1555 (s. Abb.), das die soziale Stellung und den Aufgabenbereich der Spielleute charakterisiert, ist zu lesen: „Under einem jeden Fändin Knecht werden auch gehalten zum wenigsten zwey Spil/ das ist zwen Trommelschlager und zwen Pfeyffer / die bestellt gewönlich der Fänderich mitt zulassen des Hauptmans / so Ir Ampt und Beuelch ist / das sie sich aolzeit bey dess Fändrichs Losament halten und finden sollen lassen / wa man jr bedarff / das man sie bey der Hand habe / so der Fändrich mitt seinem Fändlin auff ist/“. Ferner, „sollen sie spielen, bis sich die Landsknechte versammelt haben. Wenn dann der Fähnrich mit dem Fähnlein dahin zieht, bleibt das eine Spiel bei der Fahne, das andere nimmt Platz vorn zwischen den Schützen und den langen Spießen. Auf dem Marsch sollen sie die Ordnung bei der Truppe aufrechterhalten. Die Trommler sind verpflichtet, die Befehle und Anordnungen des Obersten und ihres Hauptmannes allzeit mit Beflissenheit auszurichten. Wird es einem befohlen aufzuschlagen, so muss er das sofort tun und fleißig ausrufen. Deshalb ist es gut, dass die Trommler helle und verständliche Stimmen haben. Da man sie öfters auch hinausschickt, Besatzungen aufzufordern oder andere Befehle bei den Feinden auszurichten, ist es notwendig, dass sie geschickt, tapfer und redlich sind. Man muss Vertrauen zu ihnen haben, wenn man sie zu den Feinden schickt, uns sie sollen da nicht mehr oder weniger reden, als man ihnen befohlen hat [...]. Es wird auf jedes Spiel vier Sold gegeben, jeder Spielmann steht also im doppelten Sold“ (Aigner 1983).
In der Landsknechtzeit pfiffen und trommelten die Spielleute nur solange, wie sie angeworben waren, dann liefen sie wieder auseinander und verdingten sich bei einem neuen Herrn.
Im 17. Jh. begann die Zeit der stehenden Heere. Die ältesten Regimenter stammen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Die Spielleute wurden in das stehende Heer übernommen. Um 1650 wurden auch „Schallmey-Pfeiffer“ aufgenommen und damit begann die Ära der eigentlichen Militärmusik. Neben der Schalmei die als Vorläufer der Oboe anzusehen ist und wegen ihres durchdringenden Klanges auch „Feldgeschrei“ genannt wurde, wurden Fagott und Klarinette zu den Hauptinstrumenten der Militärmusik im 18. Jh. Trommler und Pfeifer wurden durch die neuen Blasinstrumente von ihrer ursprünglichen Rolle verdrängt, sie wurden aber bei den Infanteriekapellen belassen und später marschierten sie als eigene Sp.e den Musikkorps, mit diesen abwechselnd spielend, voraus.
Beim Großen Zapfenstreich der heutigen Militärmusik treten Trommler und Pfeifer aber noch in Aktion, und sie erinnern dabei an eine ihrer Aufgaben in der Landsknechtzeit, wenn der Profoss zur Zeit des Zapfenschlagens oder Zapfenstreichens, von einem Trommler und einem Pfeifer begleitet, durch das Lager ging und den zechenden Soldaten Ruhe gebot.
Die Signalhornisten: Das Signalhorn wurde 1788 bei der als Füsiliere bezeichneten „leichten Infanterie“ eingeführt (fusil = französische Flinte). Diese Signalhornisten waren eine Neuerung bei den Spielleuten der Infanterie, die wegen der neuen Kampfweise der Fußtruppen in losen Schützenketten notwendig geworden war. Die Fechtweise in Schwarmlinie bedingte die Einführung eines weithin vernehmbaren Signalinstrumentes auch für die Fußtruppen. Auch der Klang musste sich von jenem der bei der Reiterei verwendeten Trompete unterscheiden.
1806 wurde das Signalhorn bei der gesamten Infanterie eingeführt. 1846 wurden die Pfeifer als eigens gehaltene Spielleute abgeschafft und die Hornisten wurden auch als Pfeifer ausgebildet. Sämtliche preußischen Infanteriebataillone verfügten nun einheitlich über einen Bataillonstambour, zwölf Trommler und vier Hornisten. Auf dem Marsch spielten die Hornisten auf den Querpfeifen, begleitet von den Trommlern. Wenn die Regimentskapelle dazu traf, bildeten die vereinigten Trommler und Pfeifer einen Sp.
Von der Militärmusik zu den Turner-Sp.en: Die Anfänge des turnerischen Spielmannswesens sind in Deutschland – im Gegensatz zu Österreich – recht revolutionärer Art. Als sich die Turner nach Aufhebung der Turnsperre in Preußen (1819–42) der revolutionären Bewegung zur Erringung der deutschen Einheit und demokratischer Rechte anschlossen, traten Turnertrommler und Hornisten 1848 erstmals urkundlich in Erscheinung. Die Turner waren entschlossen, für dieses Ziel mit der Waffe zu kämpfen. So benötigte man beim Exerzieren und Schießen („Wehrturnen“) zur Betonung des Marschtaktes Trommeln und bei den Gefechts- und Alarmübungen Signalhörner. So ist z. B. in der Hanauer Chronik zu lesen: „4. April 1848 Turner durch Alarmblasen zu den Waffen gerufen.“
1850 wurde das Turnen in den meisten deutschen Ländern wieder verboten, und damit auch die Sp.e. Als 1858 das Turnen wieder erlaubt wurde, entstanden auch wieder Trommler- und Pfeiferkorps. Nach 1866 hört man nichts mehr von politischer Tätigkeit der Turner, die dann 1868 auch gemäß § 2 der Satzungen der Deutschen Turnerschaft ausdrücklich verboten wurden. Das Politisieren ließ man sein, das Trommeln behielt man jedoch bei. Aus den einst revolutionären Trommlern, Pfeifern und Hornisten wurden nun rein Märsche musizierende Sp.e.
Eine besondere Förderung erfuhr das Spielmannswesen im Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB), der 1892 das Spielmannswesen in sein Gründungsprotokoll aufgenommen hat. 1922 traten 220 Hamburger Spielleute in einheitlicher weißer Kleidung erstmals als geschlossenes Korps beim 1. Bundes-Arbeiter-Turnfest in Leipzig/D auf. 1925 begann die Pflege konzertanter Musik in verschiedenen Sp.en. Im gleichen Jahr umrahmten 2.000 Spielleute die 1. Arbeiter-Olympiade in Frankfurt am Main/D musikalisch und 1926 erfolgte die Eröffnung der ATSB-Bundesturnschule in Leipzig bereits mit 4.200 Spielleuten in Weiß.
In der Deutschen Turnerschaft (DT) blieb das Spielmannswesen lange Zeit fast bedeutungslos, bis es schließlich 1928 als eigenes Arbeitsgebiet auf Bundesebene erfasst wurde.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der ATSB 1933 verboten, die Deutsche Turnerschaft wurde zum Fachamt für Geräteturnen und Sommerspiele im Reichsbund für Leibesübungen (NSDRL) umgewandelt und löste sich zwangsweise 1936 selbst auf. Damit endete vorerst das Turner-Spielmannswesen.
Sp.e in der Bundesrepublik Deutschland: Schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Übungsbetrieb in den Sp.en unter den kritischen Augen der Besatzungsmächte wieder aufgenommen. Nach Gründung des Deutschen Turnerbundes (DTB) 1950 wurde am 14.1.1951 das Spielmannswesen in Hamburg/D neu gegründet und dem Kulturwart zugeordnet, seit 1956 ist das Spielmannswesen ein eigenständiges Fachgebiet im DTB.
Beim ersten Nachkriegsturnfest 1953 in Hamburg beteiligten sich rund 2.200 Spielleute. Beim Deutschen Turnfest 1958 in München/D mit 3.000 Spielleuten zeigten sich erste Ansätze zur Blasmusik. Ein entsprechend überarbeitetes Marschbuch von 1963 und die Herausgabe eines Konzertalbums für Sp.e 1965 legten den Grundstein für die musikalische Weiterentwicklung des Fachgebietes Spielmannswesen.
Seit 1967 wird auch eine fachgebietseigene Zeitschrift, Der Turnerspielmann, heute (2005) Der Turnermusiker, herausgegeben. Eine Anzahl von Musikverlagen bemüht sich durch die Herausgabe neuzeitlicher Literatur und verwendbarer Bearbeitungen darum, den Fortbestand der reinen Sp.e zu sichern. Sp.-Noten deutscher Verleger enthalten Flötenstimmen in Ces für Sopran- und Tenorflöte und in Fes für Altflöten, weiters Stimmen für Trommel und Schlagzeug. Lyra- und Fanfarenstimmen werden nur in Verbindung mit Blasmusikausgaben geliefert, die Hornstimmen sind bei den Sp.en verschwunden. Der Sp. in Deutschland besteht also heute aus Flöten, Trommeln und Schlagzeug. Daneben gibt es eigene Fanfarenzüge, Hörnerzüge und Blasorchester, die den österreichischen Blasmusikkapellen von der Besetzung her am nächsten kommen. Mischformen sind selten.
Sp.e in Österreich: Die Militärmusik des Vielvölkerstaates wurde schon im 16. Jh. spürbar von der Janitscharenmusik beeinflusst und nahm ihre eigene kontinuierliche Entwicklung hin zur heutigen Instrumentierung, die bereits im frühen 19. Jh. prinzipiell gegeben war. Die Quellen der österreichischen Militärmusikgeschichte werden daher nicht fündig auf der Suche nach altösterreichischen Sp.en.
So kann nur wiedergeben werden, was in den Unterlagen einzelner Sp.e festgehalten ist. Auslöser für die Gründung von Sp.en in Österreich war das Auftreten der deutschen Turnerspielleute beim Deutschen Turnfest 1953 in Hamburg, von dem die österreichischen Teilnehmer so sehr beeindruckt waren, dass sie beschlossen, auch in ihren Turnvereinen einen Sp. ins Leben zu rufen. Der erste österreichische Sp. wurde 1954 in Ried im Innkreis vom Turnwart des TV Ried 1848, Sepp Schendl, gegründet. In weiterer Folge kam es zu Gründungen in Gmunden/OÖ, Salzburg, Wien und Linz. Hermann Berghammer aus Ried, Max Spindelböck aus Linz und Karl Waltl aus Graz sind als Väter des Spielmannswesens im Österreichischen Turnerbund (ÖTB) zu bezeichnen.
Sie mischten reine Sp.e mit reinen Fanfarenzügen und schufen so ein Zusammenspiel von Flöte, Trommel, Lyra, Schlagzeug und Fanfare, das vom musikhistorischen Standpunkt aus gesehen bisher keine Vorbilder hatte, im Gegenteil, diese Instrumente wurden beim Militär streng getrennt.
Organisatorisch wurde das Spielmannswesen im Österreichischen Turnerbund 1965 durch die Errichtung eines Bundesfachausschusses für Spielmannswesen im Rahmen des Bundesturnausschusses verankert. Seit 1987 ist es als Fachgebiet direkt im Bundesturnrat vertreten.
Mit der Zeit wurde die Instrumentierung verbessert (Vereinheitlichung von Ces- auf B-Flöten, später Gesamtumstellung auf C-Flöten, Einführung von Trompeten) und erweitert, wodurch auch im Repertoire der Weg von Marsch und Lied zum konzertanten Musikvortrag beschritten werden konnten.
H. Aigner in 25 Jahre Sp. Graz. 1958–1983, 1983; G. Schreeck in Der Turnermusiker 1998, Nr. 5; G. Stradner, Musikinstrumente in Grazer Slgn. 1986; [Kat.] Die steirische Landwehr einst und jetzt , hg. v. Landeszeughaus am Landesmuseum Joanneum 1977; Trommeln u. Pfeifen, Militärzelte, Anderthalbhänder, Nürnberger Waffen, Waffenhandel u. Gewehrerzeugung in der Steiermark , hg. v. Landeszeughaus am Landesmuseum Joanneum 1976; L. Fronsperger, Fünff Bücher. Von Kriegßs Regiment und Ordnung wie sich ein Jeder kriegßman inn seinem Ampt... halten soll 1555; Brixel/Martin/Pils 1982; W. Suppan (Hg.), [Kgr.-Ber.] 2. internationale Fachtagung zur Erforschung der Blasmusik Uster/Schweiz 1977 , 1979; S. Fiedler, Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Landsknechte 1985; W. Salmen (Hg.), Der Sozialstatus des Berufsmusikers vom 17. bis 19. Jh. 1971; F. Blau, Die dt. Landsknechte 1882; [Fs.] 50 Jahre Spielmannswesen im ÖTB. Eine Gemeinschaft nach Noten , hg. v. Österr. Turnerbund 2004; [Fs.] 50 Jahre ÖTB – 1952 bis 2002, hg. v. Österr. Turnerbund 2002, 32–26; H. Hampl, Der Sp. in Österreich 1987; W. Pfannhauser, Unser Turnen 1981; W. Watermann, Hb. f. den Turnerspielmann 1985; G. Bodenstein et al., Ausbildungs-ABC für Sp.e 1974; Beiträge in Bundesturnzeitung (BTZ) u. Junger Bund (JB); www.spielmannszug.at/ (1/2005); www.turnermusiker.de/ (1/2005); www.blasmusikverbaende.de/start/hauptseite.htm (1/2005); www.bdmv-online.de.