Die Anfänge der S. sind eng mit der Geschichte der Violine verknüpft. Schon bald nach dem Erscheinen der Sammlung Concerti ecclesiastici von Giovanni Paolo Cima (1610) mit der Sonata per il Violino (Nr. 3) wurde die S. neben der in Italien bis dahin vorherrschenden Triosonate bei Komponisten wie Biagio Marini, C. Farina, Ottavio Maria Grandi, G. B. Buonamente, Arcangelo Corelli u. v. a. zum hervorragenden Medium instrumentaler Virtuosität (Passagentechnik, mehrstimmige Spielweise oder auch Skordatur). Neben der Violine konnten sich aber auch Viola da gamba oder Violoncello und Fagott sowie um und nach 1700 auch Blasinstrumente wie Flöte oder Oboe als Soloinstrumente behaupten; die aus der Sammlung von C. Liechtenstein-Castelcorn (1664–95 Fürstbischof) in Kremsier erhaltene Sonata da Caccia con un Cornu stellt eines der frühesten Beispiele für die Verwendung des Horns in der Kunstmusik dar. Die im 17. Jh. häufig auftretenden Hinweise auf eine alternierende Besetzung (z. B. Girolamo Frescobaldi, Il primo libro delle Canzoni, Nr. 1–3 für violino solo over cornetto, 1628; Giovanni Battista Fontana, Sonate a 1. 2. 3. per il Violino, o Cornetto, Fagotto, Chitarone, Violoncino o simile altro Istromento, Venedig 1641) basiert auf der noch nicht zur Gänze ausgereiften bzw. bewusst zurückgehaltenen spezifischen Instrumentenidiomatik. Gelegentlich wurden als alternierende Instrumente auch Violine und Viola da gamba (vgl. die anonyme Sonatina à Viola de Gamba aut Violino solo, nach 1680, CZ-KRa) verwendet.
Bedeutende Beispiele der S. in Österreich, die sowohl dem Typus der sonata da chiesa (Kirchensonate) als auch der sonata da camera (Kammersonate) Rechnung trägt bzw. diese beiden Typen vermischt, sind nach den Drucken von G. A. Pandolfi Mealli (Sonate à Violino solo, per Chiesa e Camera […] Opera Terza, Innsbruck 1660, Sonate à Violino solo, per Chiesa e Camera […] Opera Quarta, Innsbruck 1660) oder I. Albertini (Sonatinae XII, 1692) v. a. die Drucke und und Manuskripte von H. I. F. Biber (Rosenkranz-Sonaten, nach 1670, Sonatae Violino solo, 1681) sowie J. H. Schmelzer (Sonatae unarum fidium, Nürnberg 1664), Ge. Muffat (Sonata Violino solo, Prag 1677, Autograph CZ-KRa) und Carl’Ambrogio Lonati (12 Violinsonaten, Mailand 1701, K. Leopold I. gewidmet). Zahlreiche S.n finden sich außerdem in den umfangreichen handschriftlichen Sammlungen Codex Rost aus der Zeit 1675–95 (F-Pn) sowie Codex 726 (A-Wm, um 1680) mit Sonaten für Solovioline und B. c. von Komponisten wie Biber, J. H. oder Andreas (?) Schmelzer, „Joan Woita“ oder „N. Faber“. Wie die erhaltenen zeitgenössischen Musikinventare aus Österreich oder Böhmen (z. B. den Stiften Ossegg [Oseg/CZ] in Böhmen oder Michaelbeuern bei Salzburg) belegen, waren die S.n Bibers weit verbreitet und bekannt. Seit ca. 1670–80 konnte sich in Bologna/I im Umkreis von Domenico Gabrielli (1651–90) auch das Violoncello etablieren, zunächst als unbegleitetes, danach als begleitetes Soloinstrument (z. B. Balli e Sonate a 2 Violini e Basso, a Violino e Basso ed a Basso solo, con B. c. von Antonio Gianotti); zum Aufschwung der Sonatenproduktion für Violoncello kam es inn- und außerhalb Italiens, wie in Österreich durch A. Caldara, anscheinend erst nach 1720.
Eine besondere Art stellt die S. „senza Basso“ (sine Basso, à Violino solo sine Basso) dar, in der die Violine ähnlich wie im Gamben- oder Lautenspiel durch mehrstimmige Stimmführung neben der Melodie- auch die Bassfunktion übernimmt. Nach der verschollenen Passacaglia (1673) von J. H. Schmelzer, der Passacaglia von H. I. F. Biber (Rosenkranz-Sonaten), einigen Beispielen aus dem Codex Rost, der Sammlung M 73 aus dem Klagenfurter Landesmuseum (um 1680) oder den anonymen, Biber zugeschriebenen Sätzen aus CZ-KRa stellen die Sonaten und Partiten von J. S. Bach (BWV 1001–1006) einen unübertroffenen Höhepunkt dar (Klavierbegleitung von R. Schumann). Die oben erwähnte Doppeldeutigkeit der Angabe Violino solo kann, wie etwa bei dem Druck Artificiosus Concentus pro camera von Johann Joseph Vilsmayr (1636–1722), Salzburg 1715, mit dem Untertitel à Violino Solo Con Basso bellè imitante, zu Schwierigkeiten in Hinsicht auf die Besetzung (mit oder ohne B. c.?) führen. Eine mögliche Entscheidungshilfe für senza basso bietet sich durch das Vorhandensein des mehrstimmigen Stils oder der (die Mehrstimmigkeit imitierenden) latenten Polyphonie an, die sich auf das fehlende harmonische Fundament ausgleichend auswirkt und deshalb eine zusätzliche Bassstimme entbehrlich macht.
Da der Begriff S. seit dem 19. Jh. einerseits nur mehr selten für eine größer besetzte Instrumentalmusik und andererseits für Soloinstrumente mit Klavierbegleitung verwendet wurde, verlor das Zusatzwort Solo in den Besetzungsangaben an Wichtigkeit und wurde entweder zur Gänze weggelassen oder nur dann verwendet, wenn es sich um eine tatsächliche Solobesetzung ohne weitere Instrumente handelt (G. Ligeti Szonáta [Sonate] für Violoncello solo, 1948/53, Sonate für Viola solo, 1991–94; G. v. Einem, Sonate für Solo-Violine op. 47, 1975/76, S. für Viola op. 60, 1980). Als besonders inspirierend erwiesen sich dabei die unbegleiteten Violinsonaten Bachs, die im 20. Jh. zur Entstehung mehrerer bedeutender Werke führten (Max Reger, Sieben Sonaten für Violine allein op. 91, 1905; Béla Bartók, Sonata für Violine solo, 1944, Hommage an J. S. Bach; Paul Hindemith, Sonaten für Bratsche allein und Sonaten für Violine allein). Der Bedarf des Konzertbetriebs ließ jedoch auch Werke für andere, mitunter weniger übliche Soloinstrumente entstehen (G. v. Einem, Sonata enigmatica für Kontrabass solo op. 81, 1986/87).
MGG 8 (1998) [Sonate]; NGroveD 23 (2001) [Solo sonata, Sonata]; D. G. Boyden, Gesch. des Violinspiels von seinen Anfängen bis 1761 , 1971; N. M. Jensen in N. Schiørring et al. (Hg.), [Fs.] J. P. Larsen 1972; H. Seifert, Giovanni Buonaventura Viviani 1982; W. Apel, Die ital. Violinmusik im 17. Jh. 1983; F. W. Riedel in W. Salmen (Hg.), [Kgr.-Ber.] Jakob Stainer und seine Zeit. Innsbruck 1983 , 1984; M. A. Eddy, The Rost Codex and its Music 1985; D. Glüxam, Die Violinskordatur in der Gesch. des Violinspiels 1999; D. Glüxam in ÖMZ 54/4 (1999); MaÖ 1997.