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Sepolcro
Eine im 17. Jh. selten gebrauchte Kurzform für Rappresentazione sacra al Santissimo Sepolcro, eine szenische musikdramatische Aufführung vor dem Heiligen Grab; die einzige musikalische Gattung, die autochthon auf dem Boden der kaiserlichen Hofmusikkapelle in Wien entstanden ist und zwischen ca. 1640/1705 am Karfreitag oder Gründonnerstag auch nur dort gepflegt wurde. Zu Beginn der 1640er Jahre schuf sie der Hofkapellmeister G. Valentini, und während der Regentschaft Leopolds I. wurde sie Teil des Hofzeremoniells für die Karwoche. Nach einer Nachricht von 1640 und zwei von Valentini verfassten und vertonten Libretti von 1642/43 gibt es bis 1660 nur vereinzelte Nachweise, doch ab 1660 je ein S. der Kaiserin Witwe Eleonora [II.] am Gründonnerstag (bis zu ihrem Tod 1686) und eines von K. Leopold I. am Karfreitag. Für die Musik waren die jeweiligen Kapellmeister zuständig oder auch der Kaiser selbst (z. B. Il Sagrifizio d’Abramo 1660 oder Il Lutto dell’Universo 1668 u. ö.). Mit wenigen Ausnahmen fand je eine Aufführung bei den Heiligen Gräbern in der Kapelle Eleonoras am Gründonnerstag und in der Hofburgkapelle am Karfreitag statt, beide in Kostümen und mit einem Minimum an szenischer Aktion, jedoch nur in der größeren kaiserlichen Kapelle mit einem hinter dem Grab aufgehängten, von L. O. Burnacini entworfenen Hintergrundprospekt. Im Unterschied zu den vorher in der Fastenzeit konzertant gesungenen Oratorien waren die S.i ein- statt zweiteilig und beinhalteten Reflexionen auf den Tod Christi, mit den damit verbundenen Personen und/oder allegorischen Personifikationen. Seit 1669 war ihr Librettist N. Minato, nach seinem Tod seine Nachfolger als Hofdichter, D. Cupeda und P. A. Bernardoni. Die Instrumentation setzte dunklere Farben ein, v. a. Violen, Cornetti muti und Fagotte. Schon seit 1706, unter K. Joseph I., waren die Aufführungen nicht mehr bühnenmäßig, sondern wie bei den Oratorien konzertant, d. h. ohne Aktion, Kostüme und Szenerie. Ab 1715 unter Karl VI. wurden sie der Gattung Oratorium noch mehr angeglichen.
Literatur
G. Renker, Das Wr. S., Diss. Wien 1913; G. Gruber, Das Wr. S. u. Johann Joseph Fux 1972; R. Schnitzler in M. T. Muraro (Hg.), L’opera italiana a Vienna primo di Metastasio 1990; St. Saunders in Relazioni musicali tra Italia e Germania nell’età barocca 1997; H. Seifert in P. Besutti (Hg.), L’oratorio musicale italiano e i suoi contesti 2002.

Autor*innen
Herbert Seifert
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Herbert Seifert, Art. „Sepolcro“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e258
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