Sbarra,
Francesco SJ
* 19.2.1611 Lucca/I,
† 20.3.1668 Wien.
Librettist, kaiserlicher Hofpoet, Mitglied des Geheimen Rates, der Accademia degli Oscuri, degli Accesi und degli Illustrati.
Die kleinadelige Familie S. stammt aus Lombrici in Versilia/I und gliedert sich in das Handelspatriziat der Republik Lucca ein, wo F. S. auch seine Ausbildung erhielt. Er schrieb ab 1636 allegorisch-moralische Dichtungen für Festveranstaltungen der Stadt und des Jesuitenkollegs (z. B. noch 1652 La moda. Favola morale). Nach ersten Erfolgen als Librettist für A. Cesti (Alessandro vincitor di se stesso, Lucca 1654, gewidmet Erzhzg. Leopold Wilhelm) kam S. 1659 auf Anregung von Cesti und Kardinal Ernst Adalbert von Harrach als Hofpoet von Erzhzg. Ferdinand Karl nach Innsbruck. Die dort aufgeführten Musikdramen (La Magnanimità d’Alessandro, 1662, M: Cesti) werden teilweise auch am Wiener Hof übernommen (La Generosità d’Alessandro, 1662, M: G. Tricarico). Nach Aussterben der Tiroler Linie wirkte S. ab 1665 als Hofpoet in Wien, wo er in den Gattungen der Azione sacra, des allegorischen Musikdramas und des Rossballetts neue Maßstäbe setzte: La contesa dell’aria e dell’acqua wurde als Festa a cavallo am 24.1.1667 auf dem Burgplatz mit der Musik von A. Bertalli und der Ballettmusik von J. H. Schmelzer in der Inszenierung des Florentiner Spezialisten Alessandro Carducci zum Geburtstag der K.in Margarita unter Mitwirkung des Kaisers und zahlreicher Vertreter des Hochadels aufgeführt und am 31.1. mit bescheidenerer Besetzung wiederholt. Diese vier Stunden dauernde allegorische Inszenierung eines Turniers fand durch ihre Dokumentation in 27 Kupferstichen eine ungewöhnlich weite Verbreitung. Il lutto dell’Universo, in der Vertonung durch Leopold I. am 29.3.1668, wenige Tage nach dem Tod von S., am Heiligen Grab in der Burgkapelle in Wiener Neustadt gespielt und am 27.3.1682 in der Hofburgkapelle wiederholt, stellte einen Höhepunkt der Sakraldichtung der Zeit dar. Die Huldigungsoper Il pomo d’oro, geplant zuerst für die Hochzeit von Leopold und Margarita im Dezember 1666, dann für den Geburtstag des Kaisers am 9.6.1667, schließlich in zwei Teilen am 12. und 14.7.1668 im Hoftheater zum Geburtstag von Margarita mit der Musik von Cesti und Leopold I. und der Ballettmusik von J. H. Schmelzer aufgeführt und in 4 Drucken (1667 und 1668) mit 24 Kupferstichen weit verbreitet, kann als exemplarische Verwirklichung dieser Gattung gelten.
Literatur
G. Sforza in Gazzetta letteraria 14 (1890); U. de Bin, Leopoldo I imperatore e la sua corte nella letteratura italiana 1910; Senn 1954; M. Dietrich (Hg.), Der guldene Apfel 1965; Seifert 1985; E. Rosand, Opera in the Seventeenth-Century Venice: the Creation of a Genre 1991; NGroveD 22 (2001); A. Catalano in Maske und Kothurn 48 (2002).
G. Sforza in Gazzetta letteraria 14 (1890); U. de Bin, Leopoldo I imperatore e la sua corte nella letteratura italiana 1910; Senn 1954; M. Dietrich (Hg.), Der guldene Apfel 1965; Seifert 1985; E. Rosand, Opera in the Seventeenth-Century Venice: the Creation of a Genre 1991; NGroveD 22 (2001); A. Catalano in Maske und Kothurn 48 (2002).
Autor*innen
Alfred Noe
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Alfred Noe,
Art. „Sbarra, Francesco SJ“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.5.2005, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e06d
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