Sätzl, Sätzl, true
Christoph
*
1592-02-2020.2.1592
Meersburg am Bodensee?/D,
†
1655-04-1313.4.1655
Hall in Tirol.
Komponist, Kapellmeister.
„Brixinensis ex dioecesi Constantiensi“ laut
Brixner Weihematrikeln. Geburtsort genannt im
Liber ordinandorum III, 6 (Diözesanarchiv Brixen, Mitt. v. Diözesanarchivar Eduard Scheiber). Lesart unklar, doch sehr wahrscheinlich
Mersburg. Mit seinen Eltern Christoph sen. S. und Anna geb. Malepreinin verlebte S. die Kindheit in Brixen. Nach dem Besuch des Gymnasiums und der Univ. zu Freiburg i. Br./D ist S. 1612 als
Praeceptor (Lehrer) an der Schule des Domstiftes Brixen nachgewiesen. In Brixen 1616 Subdiakonats- und Diakonatsweihe unter der Bedingung, dieser Diözese zu dienen, 1617 Priesterweihe. Während des Examens zur Tonsur 1614 war er ausdrücklich ermahnt worden, sorgsam den Brixner Ritus zu studieren. 1619 bezog er als
„Cormaister auf dem Tuembstifft“ 50 fl Besoldung von der
„fürstlich Camer“, woraus auf seine Ernennung zum Brixner Domkapellmeister zu schließen ist. Das Domkapitel belohnte ihn 1621 und 1628 mit Extra-Honoraren für Kompositionen, also wohl für die Motettensammlungen
Ecclesiastici concentus (
Innsbruck: Daniel Paur 1621), Fürstbischof Erzhzg. Karl von Österreich gewidmet, und
Hortus pensilis (Innsbruck: Johann Gäch 1628), Fürstbischof Daniel Zen zugeeignet. Einzelne
Motetten S.s erschienen 1624–29 u. a. in
München, Ingolstadt/D, Straßburg (Strasbourg/F) und Trier/D. 1632 folgte S. dem ehrenvollen Ruf an das königliche Damenstift
Hall i. T. als Kapellmeister und Kaplan. Hier leitete er bis an sein Lebensende die Kirchenmusik und unterrichtete die Singknaben. Während dieser Zeit erschienen in Innsbruck weitere Werke:
Certamen musicum (Motetten, 1641), Deutsche Gesänge zum Weihnachts- und Osterfest (1640/41),
Novem missae novae (1646) und (bei korrekter Jahreszahl auf dem Druck) 1661 posthum die doppelchörigen
Missae quatuor novae, bei denen das Benedictus nicht vertont ist.
S. schrieb mit den Ecclesiastici concentus (1621) einen herausragenden, innovativen Typus geistlicher Motetten: In Nachfolge zu Lodovico Viadanas Cento concerti ecclesiastici (1602) übertrug er deren neue Stilrichtung der Monodie, zumindest als einer der ersten Komponisten außerhalb Italiens, auf vokale Sakralmusik, bei kleiner, wechselnder Besetzung und obligatem Instrumentarium. Viadanas Vorbild und die lokalen Gegebenheiten des Musizierens einer erstklassigen, doch kleinen Kapelle in Hall vereint er in den Novem missae novae, die nicht wie damals üblich als Missa concertata oder mehrchörig gestaltet sind, sondern „neu“ in Kleinform, für 1- bis 5-stimmige Vokalbesetzung und B. c., mit vollständigem liturgischem Text, doch musikalisch komprimiert.
TD: Ersteinspielungen der vollständigen
Ecclesiastici concentus (1621), von Messen (1646, 1661) und Motetten (1641, 1644) auf CDs des
Instituts für Tiroler Musikforschung Innsbruck (2002, 2004), von 2 weiteren Messen (1661 [s.
Tbsp.]) durch die
Brixner Initiative Musik und Kirche (ORF 2002); alle CDs mit Kommentaren im Booklet (v. M. Schneider bzw. H. Herrmann-Schneider).
14 Messen (davon die Weihnachtsmesse super Diei solemnia in Cantiones genethliacae 1644), 4 Salve Regina, 2 Litaneien, 12 Psalmen, 84 Motetten, 17 Weihnachtslieder, 10 Osterlieder. Verschollen: Epinicium Christi. – NA: Resonet (1621) 1954; Ecclesiastici concentus (1621, vollständig), Hortus pensilis (1628, Auswahl), Certamen musicum (1641, Auswahl), Cantiones genethliacae (1644, Auswahl), Novem missae novae (1646, vollständig), Missae quatuor novae (1661, vollständig), alle in: www.musikland-tirol.at (Musikedition Tirol 2003). – WV v. H. Bermoser in KmJb 57 (1973).
NGroveD 22 (2001); MGG 11 (1963); K. Greiter, Die Weihematrikel des Bistums Brixen 1514–1640Karl Greiter, Die Weihematrikel des Bistums Brixen 1514–1640. Diss. Innsbruck 1971., Diss. Innsbruck 1971; H. Bermoser, Die Vokalmessen von Ch. S. (ca. 1592–1655),Heidrun Bermoser, Die Vokalmessen von Christoph Sätzl (ca. 1592–1655) (Musikwissenschaftliche Schriften 11). Salzburg 1977. 1977; E. Knapp, Die Kapellmeister u. Organisten am Dom zu BrixenErnst Knapp, Die Kapellmeister und Organisten am Dom zu Brixen. Brixen 2007. 2007; E. Knapp, Kirchenmusik SüdtirolsErnst Knapp, Kirchenmusik Südtirols – Südtiroler Kirchenmusikkomponisten im musikgeschichtlichen Zusammenhang. Bozen 1993. 1993; E. Knapp, Kirchenmusik Südtirols. Ergänzungsbd.Ernst Knapp, Kirchenmusik Südtirols. Ergänzungsband. Brixen 1997. 1997; A. Kirwan-Mott, The Small-Scale Sacred Concertato in the Early Seventeenth CenturyAnne Kirwan-Mott, The Small-Scale Sacred Concertato in the Early Seventeenth Century (Studies in British musicology 3). Ann Arbor 1981. 1981; A. Beer, Die Annahme desstile nuovo‘ in der katholischen Kirchenmusik SüddeutschlandsAxel Beer, Die Annahme des ‚stile nuovo‘ in der katholischen Kirchenmusik Süddeutschlands (Frankfurter Beiträge zur Musikwissenschaft 22). Tutzing 1989. 1989; A. Waczkat, ‚Ein ehrenhaftes Spielen mit Musik‘. Dt. Parodiemessen des 17. Jh.s Andreas Waczkat, ‚Ein ehrenhaftes Spielen mit Musik'. Deutsche Parodiemessen des 17. Jahrhunderts. Kassel 2000.2000; Mitt. Diözesanarchivar E. Scheiber.
Hildegard Herrmann-Schneider
15.5.2008
Hildegard Herrmann-Schneider,
Art. „Sätzl, Christoph“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.5.2008, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e026
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