Wiener Künstlerfamilie.
Karl Wilhelm: 16.4.1885 Wien, 4.5.1948 Wien. Offizier, Sänger (Bass), Gesangpädagoge. Sohn des Uhrmachers Karl Vinzenz R., der Erfinder Josef Ressel soll ein Vorfahre von ihm gewesen sein. Er erlernte in den Kinderjahren mehrere Instrumente, u. a. Klavier und Orgel. Später war er außerordentlicher Hörer an der Univ. Wien, wo er musiktheoretische, kunstwissenschaftliche, philosophische und medizinische Studien betrieb. Gesangunterricht erhielt er von A. Robinson. 1904–19 war er Offizier in der k. u. k. Armee (zuletzt Major). 1919 begann er seine Tätigkeit als Gesangpädagoge und betrieb einschlägige Stimmforschungen auf psycho-physiologischer Basis; hielt Vorträge und schrieb Fachbeiträge zu der Thematik. Als Konzertsänger unternahm er Tourneen, Auftritte in der Wiener Urania, Mitglied bzw. Leiter des Heiteren Quartetts des Wiener Männergesang-Vereins (Reisen ins In- und Ausland). Engagements führten ihn nach Salzburg (1921/22, Gastspiel), Reichenberg (1924/25) und an die Volksoper Wien (1925–27). Daneben unterrichtete er 1921–24 und 1925–30 Gesang am Wiener Konservatorium Lutwak-Patonay, danach war er 1930–34 als Spielleiter in Saarbrücken/D tätig. 1934–38 (sein Korrepetitor in dieser Zeit: F. Schadler) und 1945–48 Prof. für Operndramatischen Vortrag bzw. für Gesang an der Wiener MAkad., wo er sich bereits 1926 erfolglos um die Nachfolge von F. Forstén beworben hatte. Als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus wurde er 1939 kurzzeitig inhaftiert und entging nur mit Glück einer Deportation. Er nannte sich ab 1925 R.-M., die offizielle Namensänderung erfolgte jedoch erst 1936; wahrscheinlich hing dies mit seinem durch die Aufnahme in den Maria-Theresien-Orden erworbenen Anspruch auf den Freiherrenstand zusammen.
Ritter des Militär-Maria-Theresien-Ordens 1918.
E. Strouhal (Hg.), Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Univ. für Musik und darstellende Kunst Wien 2023, 236ff; DBEM 2003; F. Planer (Hg.), Das Jahrbuch der Wr. Gesellschaft 1929; K. F. v. Frank zu Döfering, Alt-Österr. Adels-Lex. 1928; Ulrich 1997; Salzburger Volksbl. 23.5.1921, 4, 2.5.1922, 5; Neues Wr. Tagbl. 24.11.1921, 9; Neues Wr. Journal 4.12.1921, 14; Wr. Allgemeine Ztg. 25.11.1925, 12, 30.5.1926, 6; Freiheit! 12.5.1930, 6; Taufbuch 1885 der Pfarre Gumpendorf (Wien VI), RZ 286; ÖStA (AdR, UWFuK BMU PA 3/143; AVA BA MMThO IV R 176); Akten Archiv MUniv. Wien.
Sein Sohn
Karl Wilhelm Viktor: * 2.12.1916 Wien, † 6.8.2000 Wien. Rundfunkmitarbeiter und Anthroposoph. Erlernte verschiedene Musikinstrumente (vermutlich am Konservatorium Lutwak-Patonay) und studierte ab 1935 an der Univ. Wien (Dr. jur. 1939, Dr. phil. 1948, Dr. rer. pol. 1952) , wo er auch musikwissenschaftliche Vorlesungen hörte. Während der NS-Zeit war R.-M. ein glühender Widerstandskämpfer, 1940 erfolgte seine Verhaftung als Mitbegründer (1938) der Widerstandsgruppe Großösterreichische Freiheitsbewegung, 1944 kam es zur Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Sein jüngerer Bruder Viktor (* 1919) starb 1944 in einem deutschen Straflager. Nach dem Krieg begann K. R.-M. beim Rundfunk zu arbeiten, war wissenschaftlicher Referent der RAVAG und ab 1946 stellvertretender Direktor der dortigen wissenschaftlichen Abteilung. Ab 1952 auch Geschäftsführer der Stiftung für Rundfunkforschung. Tätigkeit als Journalist, „Volksbildner“ (nach eigener Aussage) und Lektor an der Univ. Wien (1952/53). R.-M. war Gründer und Präsident der Stiftung Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik, 16 Jahre Vorsitzender der Gewerkschaft Kunst, Medien und freie Berufe (KMSfB), Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft für Kunst und Wissenschaft in Österreich, Vizepräsident der Österreichischen Künstlerunion und Vorsitzender der Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich. 1989 gründete er das Goetheanistische Konservatorium (und Waldorfpädagogische Akad.), das 2017 aufgelöst wurde und seither als Freie MSch. und Akad. R.-M. weiterbesteht.
Medaille des österr. Widerstandes; Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien; Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Rundfunk und Kulturpolitik 1962; Vom Wunder der menschlichen Stimme 1975; Hörspiele; zahlreiche Artikeln in Ztg.en u. Zss.
Czeike 6 (2004); Who is who in Öst. 1997; E. Strouhal (Hg.), Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Univ. für Musik und darstellende Kunst Wien 2023, 237; Ulrich 1997; www.doew.at (10/2024); www.anthrowiki.at/Goetheanistisches_Konservatorium (4/2024); www.anthrowiki.at/Freie_Musikschule_und_Akademie (4/2024); www.waldorf-hietzing.at (4/2024); ÖStA (AdR, UWFuK BMU PA 15/27).
Dessen Frau
Hilde (Hildegard, Maria; geb. Figl): * 30.1.1921 Moosbierbaum/NÖ, † 15.12.2010 Wien. Sängerin (Alt). Tochter eines Fleischhauers. War 1945–49 Schülerin ihres Schwiegervaters (sie heiratete K. R.-M. am 2.7.1945) an der MAkad. Wien, 1931 debütierte sie als Solosängerin-Elevin an der Wiener Staatsoper. 1951 gelang ihr mit dem „Urlicht" in G. Mahlers 2. Symphonie unter Otto Klemperer der Durchbruch zu einer internationalen Karriere als Lied-, Oratorium- und Opernsängerin, im selben Jahr ging sie einen Vertrag mit der Wiener Staatsoper ein (ab 1955 Ensemblemitglied); ab 1954 trat sie auch bei den Salzburger Festspielen auf. 1966 begann R.-M. ihre pädagogische Karriere mit einem Lehrauftrag an der MAkad. in Graz, wo sie 1970 zur a.o. Prof. für Lied und Oratorium ernannt wurde. 1972 übernahm sie eine Professur für Stimmbildung an der MHsch. Wien (1976 o. Prof., 1991 emeritiert). Danach unterrichtete sie am von ihrem Mann gegründeten Goetheanistischen Konservatorium.
Kammersängerin 1962; Österr. Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse 1982; Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold 1986.
K-R 2003; [Kat.] 100 Jahre Wr. Oper 1969, 219; Riemann 1961 u. 1975; Who is who in Öst. 1997; Ulrich 1997; Taufbuch der Pfarre Heiligeneich 1906–26, fol. 150; https://de.wikipedia.org/ (10/2024); Akten Archiv MUniv. Wien.
Christian Fastl