In der politischen Geschichte Österreichs des 19. Jh.s bezeichnet man mit R. sowohl die Zeit nach Beendigung der napoleonischen Kriege durch den Wiener Kongress 1814/15 (auch Vormärz bzw. kultur- und kunstgeschichtlich Romantik und Biedermeier) sowie das Jahrzehnt nach der Revolution von 1848 (auch Neoabsolutismus). In beiden Fällen unterdrückte ein streng konservatives Regime alle liberalen und nationalen Bestrebungen und verfuhr rigoros mit den Anhängern der jeweiligen Revolution, unter denen sich auch Musiker fanden. Wer sich mit der Wiederherstellung der alten politischen Verhältnisse nicht anfreunden konnte, wurde nicht selten hingerichtet (A. J. Becher) oder musste emigrieren (L. Jansa). Von denen, die blieben, wurden deutliche Zeichen der Huldigung erwartet. Eine Flut von Gelegenheitswerken entstand (auch Beispiele von L. v. Beethoven und Fr. Schubert; J. N. Hummel schrieb 1814 etwa die Oper Die Rückkehr des Kaisers anlässlich der Rückkehr von K. Franz I. aus Paris), speziell auch zu dynastischen Ereignissen (z. B. der Huldigungs-Walzer op. 80 von Joh. Strauss Vater zur österreichischen Erbhuldigung für K. Ferdinand 1835). Die Volkshymne wurde bevorzugt als Grundlage für Variationen herangezogen. Kritik war fortan nur mehr versteckt möglich, wobei die Musik allerdings in einer besseren Lage war als die Literatur (vgl. F. Grillparzers Ausspruch zu Beethoven: „Den Musikern kann doch die Censur nichts anhaben. Wenn man wüsste, was Sie bei Ihrer Musik denken."), und so manche revolutionäre Anspielung entging der Zensur (z. B. frz. Militärsignal in A. E. Titls Nächtliche Heerschau [T: Joseph Christian Freiherr von Zedlitz]). Auch ausgesprochene Revolutionsanhänger beeilten sich, ihre wieder gewonnene Treue zum Herrscherhaus zum Ausdruck zu bringen: Joh. Strauss Sohn, der 1848 mit dem Walzer Freiheits-Lieder op. 52 und dem Revolutions-Marsch op. 54 in Erscheinung trat, schrieb nach der gescheiterten Revolution einen Kaiser Franz Joseph-Marsch op. 67 (1849) und sogar einen Triumph-Marsch op. 69 zur Feier der Niederwerfung des Aufstandes in Ungarn (1850), während sein Vater (u. a. mit dem Radetzky-Marsch op. 228) seine Kaisertreue unter Beweis stellte. Musikkritiker, die – ungeachtet C. W. L. Metternichs Diktum von der Musik „als wahrem Geplauder“ – zuvor aus der Musik durchaus auch Revolutionäres herausgehört hatten, änderten jetzt die Richtung ihrer Interpretation oder suchten – wie E. Hanslick – das Heil gleich in einer politisch unantastbaren Formalästhetik (Musikästhetik).
Th. Antonicek in T. Erben (Hg.), Bürgersinn und Aufbegehren 1988; MGÖ 2 (1995); B. Boisits in B. Boisits/K. Hubmann (Hg.), Musizierpraxis im Biedermeier 2004.