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Pörtschach (P. am Wörther See)
Gemeinde am Nordufer des Wörthersees, westlich von Klagenfurt. Vermutlich auf slawische Ursprünge zurückgehend, erfolgte zwischen 950 und 1000 die Belehnung der Seeburger (später: Leonsteiner) mit dem Gebiet um P.; 1150 erste urkundliche Erwähnung. Schloss und Herrschaft Leonstain kamen 1645 an die Jesuiten, die hier in der Folge eine Schule führten; ab 1773 war die Herrschaft unter staatlicher Verwaltung, ab 1817 zum Stift St. Paul im Lavanttal gehörig. 1328 ist erstmals eine Johannes-Kapelle nachweisbar, zuständige Pfarre war Maria Wörth/K; 1781 Kuratie, 1788 eigene Pfarre, 1787–94 Neubau der Kirche (1904–06 umfangreiche Vergrößerung). Der Ort erlebte ab der zweiten Hälfte des 19. Jh.s (1853 Beginn der Wörthersee-Schifffahrt, 1864 Eröffnung der Bahnstrecke Klagenfurt – Villach) durch den Tourismus einen enormen Aufschwung, der sich auch architektonisch in großzügigen Villenbauten niederschlug.

Die Nachrichten über die Kirchenmusik an der P.er Pfarrkirche Hl. Johannes der Täufer sind dürftig. Als Chorregenten dürften wie üblich die jeweiligen Schullehrer fungiert haben, die seit 1779 namentlich bekannt sind. Für das Jahr 1898 ist belegt, dass die Festmesse zu K. Franz Josephs I.Geburtstag am 18.8.1898 von den Wiener Feriencolonisten“ gestaltet wurde, wobei eine Messe von Fr. Schubert und ein Ave Maria von L. Cherubini zur Aufführung gelangten. In der erweiterten Pfarrkirche errichtete die Firma Mauracher 1906 eine neue Orgel (II/17), die 2008 unter Verwendung der Pfeifenbestände der alten Orgel durch ein Werk der Firma Eisenbarth Passau (mechanische Schleifladen, elektrische Registertraktur, II/30) ersetzt wurde.

Die zwischen 1956/58 errichtete evangelische Kirche beherbergt eine Orgel (I/4) der Firma Förster & Nicolaus.

Der MGV Seerose P. wurde 1889 vom kaiserlichen Rittmeister und Hotelbesitzer Ernst v. Lyro gegründet, der auch erster Chormeister war. Ihm folgten Josef Juvan, Otto Steyrer (bis 1904), Primus Lessiak (Initiator des Sängergaus Wörther See), Josef Großl (1919–25, 1927–30), Karl Schützenauer (1926), Thomas Kaiser (1931–52), Richard Slivka (1952–54), Franz Bukovschek (1954–72), Johann Lingenhel (1972/73), Wilhelm Hager (1973), Fritz Stossier (1973–84), Walter Krovat (1984, 1990/91), Egon Ratheiser (1984–90), Roland Loibnegger (seit 1991). Eng mit dem Verein verbunden war Th. Koschat, der auch das Vereinsmotto komponierte. 1923 setzte ihm der Verein ein Denkmal (s. Abb.). Ab 1920 hatte der Verein ein Hausorchester. 1954 wurde ein Frauenchor gegründet, aus dem 1962 der gemischte Chor Singgemeinschaft P. hervorging. Chorleiter waren Leonhard Zenz (1962–66), Georg Grimm (1966–85) und Eberhard Posch (1985–94), seit 1994 leitet (2015) Adrian Holzer den Chor. In der Zwischenkriegszeit gab es einen Arbeitergesangverein (Arbeiter-Musikbewegung). MGV und Singgemeinschaft gestalten auch die Gottesdienste in der P.er Pfarrkirche. Volksmusik und Brauchtum pflegten und pflegen das Kluger-Trio (1969–85), die Volksmusik P. (gegr. 1980) und die Volkstanz- und Brauchtumsgruppe P. (gegr. 1971, eine Volkstanzgruppe bestand schon in den 1930er Jahren).

Die P.er MSch. wurde 1991 ins Leben gerufen, erster Träger war der ebenfalls 1991 gegründete Musikverein P. Ab dem Schuljahr 1993/94 wurde sie zunächst als dislozierter Standort der Bezirksmusikschule Klagenfurt geführt, erst später als Ortsmusikschule in das Kärntner Landesmusikschulwerk (Musikschulwesen) eingegliedert. Seit 2007 führt sie den Namen Johannes Brahms-MSch. P. Erster Leiter war 1991–97 Gerald Juritsch, seit 2006 steht ihr Thomas Unterrainer vor.

Ab den 1880er Jahren kümmerte sich ein Verschönerungsverein, aus dem 1890 die Kurkommission hervorging, um die Gestaltung P.s und die Programmplanung der Sommersaison. Belegt sind Auftritte von B. Bianchi, Tanzmusik am Klavier spielte z. B. der Klagenfurter Musiklehrer Julius Summerer. 1897/98 gab es im Juli und August zweimal wöchentlich Kurkonzerte mit Tanzkränzchen der Militärmusikkapelle aus Klagenfurt unter der Leitung von Kpm. Karl Kees, weiters Zitherkonzerte und Liedertafeln (Männergesang); täglich fand mindestens eine musikalische Veranstaltung in P. oder in Velden/K statt. 1899 engagierte die Kurkommission dann eine eigene Kurkapelle, die aus rund 30 Wiener Musikern unter der Leitung von Anton Wolf bestand. Diese spielte zumindest 1899–1901 fast täglich vormittags ein Konzert und häufig auch nachmittags, wobei auch Eigenkompositionen von Orchestermusikern zur Aufführung gelangten. 1911 spielte dann wieder die Militärmusik die Kurkonzerte, jetzt allerdings täglich. In der Zwischenkriegszeit spielte auch das Wörthersee-Schrammel-Quintett Zettinig in P. auf, 1924/25 kam es zur Gründung einer Blasmusikkapelle Blasorchester). In den 1950er Jahren wurde das P.er Sommerprogramm neu belebt, tägliche Musikunterhaltung („Five o’clock Tea“, ab 21 Uhr Tanzmusik), z. B. durch F. Clement (schon 1932/33 in P.) und seinen Serenaders unter dem Titel „Jazz-Schau“ oder durch die Formation Herz 4, die Kapelle Keßler-Schild-Prinz oder die Sternkapelle, stand auf dem Programm. Klassische Kurkonzerte spielten v. a. Gastkapellen (z. B. 1950 Polizeikapelle Graz). 1950 und 1951 fanden in P. auch die Europameisterschaften im Standardtanz der Amateure statt. O. G. Klein verewigte P. im Marschfox In P. am Wörthersee.

Die Kur und Sommerfrische in P. genossen u. a. J. v. Herbeck (erstmals wohl 1864), J. Brahms (1877–79), W. Kienzl (1916) und F. Schreker (arbeitete hier 1927 an seiner Oper Der singende Teufel). Herbeck fand am P.er Landspitz die notwendige Ruhe für musikalische Einfälle und Skizzen; der MGV Klagenfurt errichtete ihm daher dort bereits 1878 ein Denkmal („Herbecks Ruhe“, s. Abb.). Brahms, der in P. u. a. die zweite Symphonie und das Violinkonzert komponierte, erhielt hier u. a. Besuch von Iwan Knorr (1877), Franz Wüllner (1877) und J. Joachim (1878). 1879 spielte ihm hier M. Soldat vor, mit der er (unter Mitwirkung von M. L. Dustmann-Meyer) am 12.8.1879 sein einziges Konzert in P. gab. An ihn erinnert eine 1907 errichtete Büste im Hof des Schlosses Leonstain. 1964 wurden erstmals Brahms-Wochen in P. organisiert, seit 1993 finden jährlich die P.er Brahms-Wochen statt, die von der 1991/92 initiierten und im Herbst 1993 vereinsrechtlich konstituierten Johannes Brahms Gesellschaft P. getragen werden. Letztere veranstaltet auch seit 1994 jährlich den Internationalen Johannes Brahms-Wettbewerb. 2000–11 fand jährlich die Starnacht am Wörthersee in P. statt.


Literatur
I. Lingenhel, Das Musikleben in P. am Wörthersee, Dipl.arb. Wien 1993; Chronik Poertschach. MGV P. Chronik 1969; R. Gratzer, „Großes Dorf an der Straßen.“ Eine Geschichte P.s 1989; S. Peschel, Johannes Brahms in P. 1877 – 1879, Dipl.arb. Wien 1995; Fs. zur Weihe der Mauracher-Eisenbarth-Orgel in der röm.-kath. Kirche, Pfarre Hl. Johannes der Täufer, P. am Wörthersee 2008; G. Juritsch, Die MSch. P. am Wörthersee, Dipl.arb. Wien 1999; [Kat.] 1. Juli – 2. Aug. 1964. Johannes-Brahms-Wochen, P. am Wörthersee 1964; Cur-Ztg. vom Wörthersee 1897–1902 u. 1911; Wörther See Kurztg. 1950/51; K. Schulz in Fox auf 78 7 (Sommer 1989); SK 56/1 (2009), 54; Eberstaller 1955; G. Allmer in Das Orgelforum 23 (Dezember 2019); www.sgpoertschach.at (8/2015); http://gesellschaft.brahmscompetition.org (8/2015); www.poertschach.gv.at (8/2015); eigene Recherchen.

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
8.1.2020
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „Pörtschach (P. am Wörther See)“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 8.1.2020, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x002a2bde
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Thomas Koschat-Gedenktafel© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger
„Herbecks Ruhe“© Christian Fastl
© Christian Fastl

DOI
10.1553/0x002a2bde
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