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Ostersingen
Gemeinschaftliches Singen religiöser, auf das Fest bezogener Lieder am frühen Morgen des Ostersonntags oder auch schon in der vorangehenden Nacht. Was gelegentlich als Restform alter Flurumgänge dargestellt wird, dürfte zumindest auch durch die Missionierungen im Zuge der Gegenreformation mit ihrer Vorliebe für Inszenierungen von Landschaft, Tages- und Nachtzeiten und Katechisierung durch Lieder beeinflusst worden sein. Während das O. heute noch bei den Sorben, in Franken oder in Siebenbürgen in größerem Umfang gepflegt wird, ist es in Österreich nur noch an wenigen Orten bekannt, so z. B. in Marz/Bl, wo alljährlich Männer singend in der Osternacht durch die Ortschaft ziehen und in gewissen Häusern bewirtet werden. 1937 wurde der Brauch als in Niederösterreich und im Burgenland noch lebendiger Umzug von Burschen, Männern oder des ganzen Kirchenchores geschildert. Der Brauch war auch in der im 14. Jh. von Kärnten aus besiedelten Gottschee üblich: Burschen und Mädchen zogen in der Osternacht, teilweise mit brennenden Kerzen in den Händen, singend zu verschiedenen Kirchen und Kapellen. Das O. scheint mitunter auch mit dem Abbrennen des Osterfeuers verbunden gewesen zu sein. Liedaufzeichnungen gibt es aus Waidhofen an der Ybbs/NÖ, Gußwerk bei Mariazell/St, Marz und Müllendorf/Bl, wobei J. Gablers Aufzeichnung von 1890, eine mixolydische Choralweise, auf ein höheres Alter deutet. Mitunter erscheinen Frauen oder Mädchen als Brauchträger, was auch von dem in Müllendorf aufgezeichneten Lied Drei heilige Frauen gingen früh nahe gelegt wird. Als O. werden heute auch Singwochen oder Konzerte der Volksmusikpflege in der Osterzeit benannt, was aber mit dem traditionellen Brauch nichts zu tun hat.
Literatur
J. Gabler, Geistliche Volkslieder 1890; J. Pommer in Das dt. Volkslied 9 (1907), 63 Das dt. Volkslied 42 (1940), 31; K. M. Klier in Das dt. Volkslied 20 (1918); E. Hoffmann-Krayer/H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des dt. Aberglaubens 1932; R. Wolfram in JbÖVw 6 (1957); C. Castelpietra in JbÖVw 15 (1966); O. J. M. Schmidt in JbÖVw 15 (1966); R. Wolfram in Österr. Volkskundeatlas, 3. Lieferung 1968, 1–96; L. Schmidt, Volksgesang und Volkslied. Proben und Probleme 1970 [11937], 388–444; H. Wulz in G. Haid (Hg.), Kärnten und seine Nachbarn. Brauchlied 2000; www.burgenland.at/index.jsp?activePage=/gemeinden/marz (6/2004).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
30.6.2004
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Ostersingen‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 30.6.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dc0c
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