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Natursänger
Betont bei Sängern das Naturhafte ihrer Darbietung, was aber in verschiedenen Zusammenhängen jeweils auch Verschiedenes meinen kann. So bezog Wilhelm Müller, als er über Johann Wolfgang von Goethe sagte, dass er ein „echter deutscher N.“ sei, dies zweifellos ausschließlich auf Goethes Literatur, während die Nationalsänger (Alpensänger), die seit dem frühen 19. Jh. von Tirol und anderen Alpenländern aus ganz Europa durchreisten und sogar bis Amerika kamen, wenn sie sich N. nannten, die Naivität hervorkehrten, mit der sie Musik machten. Insbesondere war damit auch die Jodelstimme (Jodler) gemeint, die sich durch den unverschmolzenen Registerwechsel vom Belcanto unterscheidet und von den Nationalsängern als besondere Attraktion eingesetzt wurde. In Wien wiederum bezeichnete N. seit dem späteren 19. Jh. jene Sänger aus dem Volk, die – im Gegensatz zu den konzessionierten Volkssängern – der Idee nach spontan, auf Aufforderung und ohne Gage, v. a. in den Heurigenschänken (Heurigenmusik), auftraten. Unter ihnen waren viele Fiaker (Fiakersänger), von denen es einige als N. zu großer Berühmtheit gebracht haben, wie z. B. J. Bratfisch. Da sie sich großer Beliebtheit bis in höchste Kreise erfreuten, wurden sie zum fixen musikalischen Bestandteil der Heurigenszene, insbesondere zur Zeit der Brüder Schrammel. E. Eysler hat ihnen in seiner Operette Der N. (UA Wien 1911) ein Denkmal gesetzt. Als nach dem Ersten Weltkrieg die Institution der konzessionierten Volkssängergesellschaften verschwand, verschwammen auch wieder die Begriffe Volkssänger und N. Man verwendet seither beide für jene Wienerliedsänger, die aus der Volksüberlieferung kommen, um sie von professionell ausgebildeten Opern- und anderen Bühnensängern zu unterscheiden, die nebenbei auch Wienerlieder in ihrem Repertoire haben.
Tondokumente
TD: „'s Weaner Gmüat.“ Die Wr. N.-Szene der Siebziger Jahre, Document-Records/Basilisk-Records DOCD-4010 [o. J.]; vgl. auch zahlreiche weitere CDs mit historischen Aufnahmen von Wr. Musik bei Basilisk-Records, mit ausführlichen Kommentaren von Ernst Weber.
Literatur
C. Lorens in Illustriertes Wr. Extrabl. 7.7. 1895; M. Egger, Die Schrammeln in ihrer Zeit 1989; Hauenstein 1976; J. Koller, Das Wr. Volkssängertum in alter und neuer Zeit 1931; H. Mailler, Schrammel Quartett 1943; R. J. L. Neuwirth, Das Wienerlied 1999.

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
16.5.2004
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Natursänger‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 16.5.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dadf
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001dadf
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