Wenzel (Václav, Venceslaw): get. 4.3.1675 Prag, † 24.? 9.1737 Prag. Adeliger, Mäzen. Aus der älteren Linie, die v. a. in Hohenelbe (Vrchlabí/CZ) und Prag saß. Der Sohn von Johann Rudolf v. M. (1641–1702) besuchte die Jesuitenschule in Prag. 1693 erfolgte seine Aufnahme in die Ritterakademie Wolfenbüttel/D, 1694 war er in Brüssel. Einige Zeit dürfte er auch am Hof K. Leopolds I. gewesen sein. Er begann eine militärische Karriere, heiratete 1697 in Pressburg, wo er 1704 noch lebte, Maria Catharina Praskovich (verw. Erdödy, 1670–1750). Nach dem Tod seines älteren Bruders Maximilian 1706 übernahm er mit viel Engagement die Verwaltung der Familiengüter. Nach seinem eigenen Tod geriet die Familie jedoch bald in zunehmende finanzielle Schwierigkeiten.
Ab 1714 liegen Nachrichten über die gräfliche Hauskapelle (Adelskapellen) vor, die zu diesem Zeitpunkt bereits als exzellent bezeichnet wurde. Über die exakte Größe der Kapelle und deren Mitglieder können aufgrund der Quellenlage nur punktuelle Angaben gemacht werden. Sicher ist jedenfalls, dass auch Bläser beschäftigt waren. An der Spitze stand ein Konzertmeister bzw. Musikdirektor. Als solche sind belegt: Franz Forstmayer 1718–20 (zuvor ab 1707 in Innsbruck), Melchior Hlava (Hlawa) ab 1720 bis mindestens 1726. Johann Friedrich Fasch (1688–1758) war 1721/22 Komponist beim Grafen M. Von den anderen Kapellmitgliedern komponierten Christian Gottlieb Postel (ca. 1697–1730; Violine), Lorenz Seyche (Violine) und Antonín Reichenauer (1696–1730; Cembalo) auch für den Grafen. František Jiránek (1698–1778), 1728 als Violinist in den Gehaltslisten des Grafen nachweisbar und wahrscheinlich ein Schüler A. Vivaldis, dürfte dann in den 1730er Jahren neben Joseph Anton Sehling (1710–56; Hofmusiker und Hofkomponist bis 1737) vorrangig für M. komponiert haben. Vivaldi, den M. vermutlich 1718 im Zuge einer Italienreise kennengelernt hatte, widmete ihm 1725 die zwölf Konzerte Opus 8 Il cimento dell’armonia e dell’inventione, dessen ersten vier Konzerte Die vier Jahreszeiten (Le quattro stagioni) bilden. Zumindest 1719–29 erhielt Vivaldi von M. regelmäßige Zahlungen für neue Kompositionen. Auffällig ist, dass alle für den Grafen tätigen Komponisten überdurchschnittlich viele Fagottkonzerte schrieben.
V. Kapsa in Early Music 40/4 (2012); M. Talbot, The Vivaldi Compendium 2011; W. Kolneder, Lübbes Vivaldi Lex. 1984; Wurzbach 19 (1868) [M., Ferdinand Johann]; Sterbebuch 1713–60 der Pfarre St. Nikolaus auf der Prager Kleinseite, fol. 211r.
Wenzels Cousin
Ferdinand (II.) Maximilian Franz: * 21.12.1693 (Ort?), † 22.10.1763 Unter-Lukawitz. Adeliger, Mäzen, k. k. Kämmerer und Geheimer Rat. war seit 22.11.1714 mit Anna Catherina Gräfin Kolowrat-Nowohradsky († 1736) verheiratet. Er soll bei F. J. Habermann Tonsetzkunst studiert haben. Es ist nicht ganz klar, ob er oder sein Sohn J. Haydn engagiert hat.
Ferdinands Sohn
Karl Joseph Franz: * 23.1.1717 (Ort?), † 2.9.1783 (Ort?). Adeliger, Mäzen. War seit 4.2.1749 verheiratet mit Wilhelmine Freiin von Raisky. M. hielt sich im Sommer vorzugsweise in Unter-Lukawitz auf, im Winter jedoch in Wien (im Palais Batthyány). Er unterhielt eine Musikkapelle in Unter-Lukawitz, 1758 oder 1759 wurde J. Haydn dort Musikdirektor, der hier vermutlich seine 1. Symphonie schrieb. Die Kapelle umfasste in etwa 6–8 Violinen, eine Viola, eine Bassgruppe (Fg., Vc., Kb.) sowie Bläser (2 Ob., 2. Fg., 2 Hr.; Fl.?). Haydn komponierte in seiner Zeit beim Grafen M. auch Harmoniemusik sowie vermutlich Kammermusik mit Cembalo. Am 26.11.1760 heiratete Haydn noch als „Musicae Director bey tit: H: Grafen V: Marzin“ im Wiener Stephansdom. Bald danach wurde die Kapelle aufgelöst; Haydn trat bereits im Frühjahr 1761 in die Dienste der Fürsten Esterházy. F. Aspelmayr war 1759–61 Sekretär des Grafen M. (Vater oder Sohn?).
A. Raab/Ch. Siegert/W. Steinbeck (Hg.), Das Haydn-Lex. 2010; H. Ch. R. Landon, Haydn: Chronicle and Works 1 (1980); C. F. Pohl, Joseph Haydn 1 (1878), 190–199; MGÖ 2 (1995); Sterbebuch 1658–1784 der Pfarre Unter-Lukawitz, pag. 266; Trauungsbuch 1758–60 der Dompfarre St. Stephan (Wien I), fol. 417v; M. Lorenz, Joseph Haydn’s Real Wife (michaelorenz.blogspot.com, 9/2023).