Schwerpunkt von de M.s äußerst umfangreichem Œuvre ist mit mehr als 1000 zum größten Teil in 36 Individualdrucken erhaltenen Stücken das weltliche Madrigal. Mit fünf Büchern von madrigali spirituali ist de M. weiterhin der produktivste Vertreter der Gattung des geistlichen Madrigals.
Die Werke der 1560er Jahre zeigen, dass de M. den damals modernsten, von A. Willaert und Cyprian de Rore repräsentierten Madrigalstil zur Kenntnis genommen hatte. Die anschließende Entwicklung seines Komponierens, von Einstein als beginnender Konservativismus infolge einer Isolierung vom Hauptstrom der Produktion gedeutet, wird heute als Ausarbeitung eines ausgeprägten Individualstils angesehen. Auch die Hinwendung zu einem leichteren Idiom bzw. zum Canzonetten-Madrigal (mit einem homophoneren und transparenten Satz und dem Übergang zum undiminuierten tempus imperfectum) in den 1580er Jahren zeigt, dass der Anschluss an den aktuellen Zeittrend keineswegs abgerissen war. In seinen späteren Madrigalen kehrte de M. wieder zu einer stärker polyphonen, dadurch auch harmonisch komplexeren Faktur und einem ernsteren Tonfall zurück.
Die ca. 40 Messen de M.s sind in einem gegenüber den zeitgenössischen Tendenzen zur Homophonisierung auffällig polyphonen Satz gehalten. Zum größten Teil handelt es sich um Parodiemessen, in denen das präexistente Material flexibel gehandhabt und intensiv ausgeschöpft wird, wodurch weite Teile der Messe aus der Vorlage entwickelt werden.
De M.s rund 250 Motetten gelten als meisterliche Beispiele einer „klassisch“ ausgewogenen vokalpolyphonen Musiksprache. Grundaffekt und Sprachrhythmus des Textes werden in einem souverän beherrschten kontrapunktischen Satz sorgfältig beachtet, extremere madrigalistische Ausdrucksmittel und artifizielle bzw. konstruktivistische Techniken aber eher gemieden.
De M., der als kaiserlicher Kapellmeister eines der prestigereichsten musikalischen Ämter Europas bekleidete, galt spätestens in den 1570er Jahren als einer der herausragenden Meister seiner Zeit. Widmungen seiner (weit verbreiteten) Drucke an Patrone in ganz Europa und Kontakte u. a. zu William Byrd und v. a. zu O. di Lasso zeigen, wie sehr er in die internationale Musikszene eingebunden war. Die weitere Rezeptionsgeschichte bildet dazu einen auffälligen Kontrast. Auch heute noch steht de M. im Konzertleben, diskographisch und im (musikwissenschaftlichen) Schrifttum ganz im Schatten seiner „großen“ Zeitgenossen Palestrina und Lasso. Inwieweit der Ruf des (späteren) de M. als eines „Konservativen“ dafür ausschlaggebend war, inwieweit die persönliche und politische Isolierung Rudolfs II. den Nachruhm auch seines Kapellmeisters beinträchtigte bzw. welche Faktoren sonst eine Rolle spielten, bedarf noch genauer Untersuchung.
NGroveD 17 (2001); G. van Doorslaer, La vie et les œuvres de Ph. de M. 1921; A. Einstein, The Italian Madrigal , 3 Bde. 1949; P. Nuten, De Madrigali spirituali van Filip de M. , 3 Bde. 1958; R. Lindell, Studien zu den sechs- und siebenstimmigen Madrigalen von Filippo di M. , Diss. Wien 1980; B. Mann, The secular madrigals of Filippo di M., Diss. Univ. of California Berkeley 1981; R. B. Lenaerts in KmJb 66 (1984); C. P. Comberiati, Late Renaissance Music at the Habsburg Court. Polyphonic Settings of the Mass Ordinary at the Court of Rudolf II. (1576–1612) , 1987; Th. Hindrichs, Ph. de M. (1521–1603). Komponist, Kapellmeister, Korrespondent 2002.