Zu einem besseren Verständnis einschlägiger Literatur ist die Begriffsklärung noch weiter zu entfalten. Die im Hochmittelalter vollzogene Parallelentwicklung von öffentlicher, gemeinschaftlicher M. einerseits und Privat-M. des Priesters andererseits führte im Missale des Papstes Pius V. 1570 (ungenau als „Tridentinisches Messbuch“ bezeichnet) zur Festschreibung von zwei strikt zu unterscheidenden Arten der M., was auch weitreichende Konsequenzen für die musikalische Gestaltung hatte. Bei der Missa in cantu (Missa cantata, gesungene M., Amt) musste der Priester alle dazu vorgesehenen Teile laut kantillieren, der Chor musste dabei das im Messbuch vorgesehene Proprium und Ordinarium (s. u.) vollständig lateinisch singen (und der Priester parallel dazu still beten), die Verwendung muttersprachlicher Gesänge war (bis auf wenige v. a. in konfessionell gemischten Gebieten geduldete oder privilegierte Situationen: deutsches Amt) grundsätzlich verboten. Bei der Missa lecta (stille M., Privatmesse) wurde vom Priester alles still gebetet, die Teilnahme der Gemeinde erfolgte nach unterschiedlichen (lokalen) Bräuchen: parallel zum Geschehen am Altar wurde individuell oder gemeinsam gebetet, die Messtexte still oder laut mitgelesen (z. B. Volksmessbuch „Schott“), es wurden volkssprachliche Kirchenlieder gesungen (Messlieder oder Lieder passend zur Zeit im Kirchenjahr, Marienlieder usw.), Chor- und Orgelmusik (Improvisationen) in freier Wahl konnte erklingen. Sonderformen der missa in cantu waren die missa solemnis (Hochamt mit Assistenz von Diakon, Subdiakon, Presbyter assistens, Akolythen [Kerzenträger/Messdiener] und Thuriferi [Weihrauchträger]), die missa conventualis (Konventmesse: gemeinsam zu besuchende tägliche Hauptmesse eines Klosters oder Kapitels) und die missa pontificalis (Pontifikalamt eines Bischofs, Abtes oder dazu privilegierten Prälaten mit Mitra und Stab). Eine in Österreich und Süddeutschland beliebte, aber von der kirchlichen Autorität nur geduldete und heute verbotene Sonderform war die Segen-M., eine M. vor dem in der Monstranz ausgesetzten Allerheiligsten mit sakramentalem Segen unter dem Gesang des Tantum ergo, welche vom Volk als besonders „feierlich“ erachtet worden ist. Eine besondere Gestalt hatten auch die vielen Toten-M.n (missa pro defunctis, Requiem), sei es als Begräbnis-M. (missa exsequialis) oder als gewöhnliche Seelen-M. (missa animarum). Diese Regelungen galten bis zur Neuordnung der M. ab 1965 (lat. Missale 1970, dt. Messbuch 1975) im Zuge der Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils.
Das Verständnis der katholischen Kirche bezüglich der M. hat Thomas v. Aquin in der 2. Magnificat-Antiphon des Fronleichnamsfestes auf eine einprägsame Kurzformel gebracht: „O sacrum convivium, in quo Christus sumitur: recolitur memoria passionis eius, mens impletur gratia et futurae gloriae nobis pignus datur, alleluia.“ (O heiliges Mahl, in dem Christus unsere Speise ist: Gedächtnis seines Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit. Halleluja) Die M. ist eine von Jesus Christus selbst eingesetzte Gedächtnisfeier an sein Leiden und seinen Tod für das Heil aller Menschen, bei der das ein für allemal vollzogene Lebensopfer am Altar des Kreuzes im Gedächtnis danksagend vergegenwärtigt und sakramental wirksam wird. Die M. ist insofern Opfer, als Christi Opfer gegenwärtig gesetzt, und die feiernde Gemeinde in ihrem dankenden „Opfer des Lobes“ in den Lebensvollzug Christi mithineingenommen wird. In den gewandelten Gestalten von Brot und Wein reicht der Herr sich selbst als Speise dar, die ein Vorauskosten vom Gastmahl des ewigen Lebens ist. Die Feier ist der Kirche aufgetragen und hat dort ihren Ort. Ihr Vorsteher ist der ordinierte Priester, der „in der Person Christi, des Hauptes“ der Gemeinde gegenübersteht, aber auch selbst Teil der Gemeinde ist. Die Eucharistiefeier ist die Mitte und der Höhepunkt des Lebens der Kirche.
Die Grundgestalt der M. mit ihren zwei Hauptteilen Wortgottesdienst und Eucharistiefeier (im engeren Sinn) ist allen christlichen Kirchen gleich, die konkrete Ausgestaltung dieser Feier im Detail erfolgte in den großen kirchlichen Zentren des Ostens (z. B. Jerusalem/IL, Alexandrien [Alexandria/ET], Antiochien [Antakia/TR], Byzanz [Istanbul]) und des Westens (Rom, Mailand, Benevent, Nordafrika, Spanien, Frankreich usw.) unterschiedlich nach dem Prinzip der Einheit in der Vielfalt. Im Westen wurden erst durch die karolingischen Reichsreformen die lokalen Liturgien (außer Mailand) auf Dauer verdrängt und durch eine fränkisch-römische Liturgie ersetzt, die sich auch in Rom durchsetzte. Diese Form der M., die auch im hohen und späten Mittelalter noch zahlreiche Varianten in den einzelnen Diözesen und Orden aufwies, wird seit dem 8. Jh. im Prinzip auch heute noch gefeiert; zahlreiche notwendige Liturgiereformen haben Grundstruktur und Substanz der Feier nicht wesentlich angetastet, wenngleich es sich oft um äußerlich starke Veränderungen gehandelt hat, wie etwa durch die Liturgiereform nach dem 2. Vatikanum.
Die Kompetenz zur Ordnung der Liturgie lag im Mittelalter in den Händen des Metropoliten bzw. Ortsbischofs oder des höheren Ordensoberen. Für das heutige Österreich gab es bis zur Einführung des römischen Missale im 17. Jh. die diözesanen Liturgien von Salzburg, Brixen und Passau. Einen wesentlichen Einfluss übten die Stifte der Augustiner-Chorherren aus, die auch mit Salzburger Eigenbistümern wie Seckau, Gurk und Lavant verbunden waren. Das Missale Pius’ V. von 1570 konnte, aber musste nicht in diesen alten Diözesen nach dem Konzil von Trient eingeführt werden; in Salzburg geschah dies jedoch schon ab 1588, in Brixen 1603 und in Passau 1608. Seither liegt die Kompetenz zur Herausgabe eines Missale in Rom. Die letzte, schon deutlich veränderte Auflage des Missale von 1570 erschien 1962 am Vorabend des Konzils, die erste Auflage des gemäß der Liturgiekonstitution reformierten Missale Pauls’ VI. stammt von 1970. Die dritte amtliche Auflage mit einigen Änderungen erschien 2002. Das definitive deutsche Messbuch wurde 1975 in Gebrauch genommen, eine revidierte Neuausgabe ist in Vorbereitung (2004).
Gesang und Musik gehören wesentlich zur Gestalt der M., sie sind mit Pius X. (Motu proprio 1903) ein „integrierender Bestandteil der feierlichen Liturgie“. Der Terminus „pars integralis“ wurde auch ein Schlüsselbegriff im Kirchenmusikkapitel der Liturgiekonstitution 1963 (2. Vatikanisches Konzil). Historisch gesehen ist eine gesungene M. – abgesehen von der Privatmesse – der Normalfall, gesprochene Liturgien sind generell eine Erscheinung der Neuzeit. Basis aller Entwicklung von Messgesängen ist das liturgische Rezitativ mit seiner Ausführungstechnik des Sprechgesangs, der Kantillation. Ein liturgisches Rezitativ besteht aus Rezitationstönen, Einleitungsformeln und Kadenzen, welche die unterschiedlichen Arten von Satzgliederungen (kleiner Einschnitt, Halbsatz, Satzschluss, Ende des Textes) markieren. Die verschiedenen musikalischen Formeln erfüllen die Funktion von akustischen Satzzeichen, sie sind eine akustische Form der Textgliederung, welche die Verständlichkeit des Vortrags steigert. Alle musikalischen Formeln sind dabei an den natürlichen Sprechrhythmus gebunden. Die Hauptkategorien der liturgischen Rezitation sind die Orations- und die Lektionstöne. Eine Sonderform des liturgischen Rezitativs ist die Psalmodie, welche strukturbildend für zahlreiche Gesangsgattungen der M. wurde. Zur ältesten Schicht der Messgesänge gehören der Psalmus responsorius (in Rom eine „musikalische“ Psalmenlesung als 3. Lesung vor dem Evangelium im Wortgottesdienst), der seit Mitte des 5. Jh.s vom Graduale abgelöst und 1967 (im Graduale simplex) wiederhergestellt worden ist, der Tractus und der Kommunionpsalm 33 (34). Aus Letzterem entwickelte sich die Communio, deren Repertoire Mitte des 8. Jh.s fixiert ist. Etwas jünger sind der Begleitgesang zur Einzugsprozession, der Introitus, und das Offertorium, beide Gesänge sind im 5. Jh. nicht bezeugt und im 7. Jh. voll entwickelt. Der jüngste der gregorianischen Messgesänge ist das Alleluia. Dies ist der einzige Gesang, der auch nach dem 10. Jh. noch eine größere Repertoireentwicklung mitgemacht hat. Die Alleluiareihen der Osterzeit und der Sonntage nach Pfingsten sowie bei etlichen Heiligenfesten sind von Diözese zu Diözese und von Kloster zu Kloster im Mittelalter verschieden. Ab dem 8. Jh. aber stehen die meisten der Gesänge fest und werden in einem Zyklus überliefert, der Proprium (ca. 150 Introitus, ca. 120 Graduale, ca. 100 Alleluia oder 21 Tractus, ca. 100 Offertorium, ca. 150 Communio) genannt wird, weil diese Teile wechseln und somit jeder Feier „eigen“ sind. Das authentische gregorianische Repertoire (Choral, gregorianischer) des 8. Jh.s kennt etwa 650 Propriumsgesänge, die heute mit Ergänzungen auf etwas über 700 angewachsen sind. Das Repertoire erweitert sich immer wieder v. a. durch Paraphrasen, wird aber bei Liturgiereformen in den Addenda auch wieder reduziert. Seit dem 9. Jh. kommt eine neue Gattung zur Kategorie Proprium hinzu, die Sequenz. Diese unterscheidet sich von den übrigen Gattungen in Kunstprosa v. a. durch ihre Strophenformen, zu denen sich später der Reim gesellt.
Der lokale Beitrag zu den genannten Gesangsgattungen beschränkt sich auf späte Alleluiakompositionen und v. a. auf Sequenzen, die in Seckau, Klosterneuburg und St. Florian eine besondere Pflegestätte mit Eigendichtungen hatten (Reimsequenzen seit dem 12. Jh. und Paraphrasen älterer Formen). Vereinzelt gibt es auch Neukompositionen anderer Gattungen, die aber meist ebenfalls Paraphrasen sind. Die Überlieferung von Tropen in österreichischen Handschriften spiegelt das reduzierte Spätstadium der Gattung seit dem 12. Jh. wider. Den wenigen Propriumstropen stehen mehr Ordinariumstropen gegenüber, v. a. bei damals weit verbreiteten Kyrie- und Gloriagesängen. Die Gesänge wurden in einem eigenen Buch, dem Graduale aufgezeichnet. Da bis ins 14. Jh. prinzipiell auswendig gesungen worden ist, dienten diese Bücher zunächst als Studienbücher. Die Kantoren hatten für ihr spezielles Repertoire an Solostücken ein Cantatorium (auch Cantionar), das die Vorsängerverse zu den klassischen Gesangsgattungen sowie Prozessionsgesänge, Tropen (v. a. Seckauer Cantionar 1345, A-Gu 756) und Sequenzen enthielt.
Die gleichbleibenden Teile der Messe (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus mit Benedictus, Agnus Dei) bildeten ursprünglich ein sehr kleines Repertoire, das erst seit dem 10. Jh. mit großen Gesängen ausgeweitet worden ist. Die Gesänge wurden zuerst einzeln oder paarweise (Kyrie/Gloria, Sanctus/Agnus) überliefert und erst unter dem Einfluss der mehrstimmigen Musik in Zyklen geordnet, die dann Ordinarium genannt wurden. Das Repertoire ist bei einigen konstant bleibenden prominenten Stücken (z. B. Kyrie fons bonitatis oder Kyrie cum iubilo, die Bezeichnung ist nach dem Tropus) lokal sehr unterschiedlich in Umfang und Inhalt überliefert und kann selbst bei Nachbarkirchen verschieden sein (z. B. in Salzburg: Dom und St. Peter). Wurden diese Gesänge in einem eigenen Buch überliefert und nicht als Anhang zum Graduale, hieß dieses später Kyriale. Obschon sich zur Zeit der Karolinger der später gregorianisch genannte fränkisch-römische Kirchengesang sehr einheitlich ausgebreitet hat, wuchsen im Laufe der Zeit die Varianten und auch die Deformationen der Gesänge. Ein Tiefpunkt der Choralgeschichte ist die in Österreich bis ins späte 19. Jh. kaum bekannte Editio Medicaea von 1614, die für die Regensburger Cäcilianer das Ideal des Choralgesangs darstellte. In Österreich selbst waren vom 17. Jh. an hauptsächlich venezianische Drucke verbreitet. 1903 kündigte der neu gewählte Papst Pius X. mit seinem Motu proprio Tra le sollecitudini eine umfassende Kirchenmusikreform an und sanktionierte die wissenschaftlichen Restaurationsarbeiten der Benediktiner von Solesmes (Choralreform). 1905 erschien im Rahmen der Editio Vaticana das erneuerte Kyriale, 1908 das gesamte Graduale, welches von da an mit Ausnahme der Bücher der Zisterzienser, Dominikaner und Prämonstratenser im ganzen Land verwendet wurde. Das Graduale von 1974 ist zwar liturgisch erneuert, enthält aber noch immer die korrekturbedürftigen Melodiefassungen von 1908. Die in der Liturgiekonstitution geforderte Editio magis critica, eine kritischere Edition der Gesänge, wird erst ansatzweise publiziert und harrt ihrer Vollendung. Für den Gesang in „kleineren Kirchen“, also an Orten mit wenig künstlerischem Potential, erschien 1967 und 1975 ein Graduale simplex mit Gesängen aus dem Offizium, die für die M. speziell angeordnet, aber nicht in ihrer Substanz bearbeitet worden sind.
Die Begriffe Proprium und Ordinarium sind durch die Neukonzeption der Messgesänge im Missale von 1970 überholt, sie sind für die heutige Liturgie historische Begriffe. Heute werden die Gesänge eingeteilt in selbständige liturgische Gesänge, die selber eine rituelle Handlung sind, und Begleitgesänge, welche eine rituelle Handlung begleiten. Zur ersteren Gruppe gehören Kyrie, Gloria, Responsorialpsalm/Graduale und Credo. Begleitgesänge sind Introitus, Alleluia, Offertorium, Agnus Dei und Communio.
Die Geschichte der M. als mehrstimmige zyklische Vertonung der Teile des Ordinariums beginnt mit der Messe de Nostre Dame (ca. 1360) von G. de Machaut, der ab 1323 im Dienste des Kg.s Johann v. Luxemburg in Prag stand. Sie gilt als erstes zyklisches Werk eines einzelnen Komponisten, nachdem schon vorher anonyme Messsätze zu Zyklen zusammengestellt worden sind. Zu den frühesten Zeugnissen von Messkompositionen im heutigen Österreich zählen die u. a. in den Trienter Codices überlieferten Messsätze. Mit J. Brassart beginnt ein über 100 Jahre lang dauernder Einfluss der franko-flämischen Schule auf die Kirchenmusikpraxis an österreichischen Höfen. Messzyklen scheinen ab ca. 1460 üblich geworden zu sein. Ein Hauptvertreter der Messkomposition im späten 15. und frühen 16. Jh. ist der in Innsbruck und Wien tätige H. Isaac, dessen 36 M.n alle Spielarten der Cantus-firmus-M.n (gregorianische Gesänge, weltliche Vorlagen) und Parodie -M.n (mehrstimmiger Satz als Vorlage) abdecken. Von seinem Schüler L. Senfl sind 7 M.n überliefert. Im 16. Jh. waren es v. a. die Höfe der Habsburger in Prag , Wien, Innsbruck und Graz, in denen die herkömmliche M. weitergepflegt wurde und schließlich auch stilistische Neuerungen eindrangen. Hauptvertreter waren H. Finck, J. Vaet (8 M.n, 1 Requiem), Ph. de Monte (ca. 40 M.n), J. Regnart (ca. 34 M.n), L. de Sayve (7 M.n), A. Utendal (3 M.n), J. de Cleve (13 M.n).
Die italienischen stilistischen Neuerungen im ausgehenden 16. Jh. brachten A. Padovano, G. Valentini (ca. 22 M.n), F. Stivori, A. Tadei und Ch. Strauss (14 M.n, 2 Requien) in die Hofkapellen. Auf Basis dieser (meist) venezianischen Vorbilder wurde zu Beginn des 17. Jh.s im heutigen Österreich ein neuer Messtypus ausgebildet bzw. weiterentwickelt, die Missa concertata oder Concerto-M. (Valentini, Missae concertatae, Venedig 1617). Gemeint ist damit Terminus nicht ein „Konzert“ im heutigen Sinn, sondern die obligate Verwendung von Instrumenten zum Vokalsatz. Die Instrumente gehen in homophonen (Chor-)Stellen colla parte mit den Stimmen, bei Solopartien und in Vor- und Zwischenspielen werden sie selbständig geführt. Ein cantus firmus als Grundlage der Komposition verschwindet. Wichtige Komponisten der ersten Hälfte des 17. Jh.s sind An. Stadlmayr (26 M.n, 10 davon im alten Stil), S. Erthel (14 M.n), V. Fux, St. Bernardi (16 M.n), P. Bonamico (Gutfreund), P. Verdina (nur 1 M. erhalten), A. Bertali (33 M.n). Bertali führte in die Komposition die Amen-Fuge zunächst im Credo, dann auch im Gloria ein. In der 2. Hälfte des 17. Jh.s werden die Fugen auf die letzten Sätze im Text von Gloria (Cum sancto spiritu) und Credo (Et vitam venturi saeculi) ausgeweitet, fugiert können auch das Hosanna in Sanctus und Benedictus, sowie das Dona nobis pacem im Agnus sein. In der Komposition kommt es anstelle der Gegenüberstellung zweier Chöre zur konsequenten Gegenüberstellung von Tutti (homophon, häufig im stile antico) und Soli (polyphon/konzertierend geführt). Das Benedictus wird zum Solo-Satz. Die Basis des Orchesters ist die Streicherbesetzung und ein breit ausdifferenziertes Continuo. Die bedeutendsten Komponisten sind J. H. Schmeltzer (11 M.n), A. Draghi, A. Megerle (ca. 10 M.n erhalten), A. Hofer (4 M.n), H. I. F. Biber (13 M.n), Ge. Muffat, J. K. Kerll (25 M.n), G. F. Sances (54 M.n), M. A. Ziani (22 M.n). M.n liegen auch von den K.n Ferdinand III. und Leopold I. vor.
In der Geschichte der M. nimmt das 18. Jh. einen besonderen Platz ein. Kirchenbau und auch Kirchenmusik werden zu wichtigen Repräsentationsmitteln, sie stellen göttliche und menschliche Herrschaft dar und vermitteln eine Vision der Größe und Schönheit des überirdischen Lebens. Eine umfassende und professionelle Kirchenmusikpflege wird – bedingt auch durch das Ende der Türkengefahr 1683 – neben den Höfen v. a. auch in den vielen Stiften und Klöstern (Klosterkultur) des Landes ein wichtiges Anliegen. Die in der Regel des Hl. Benedikt vorgeschriebene Handarbeit für jeden Mönch wird nun auch durch das Spiel von Instrumenten in Kirche und Kammer erfüllt. In der Abtei St. Peter in Salzburg verzeichnet der Chorregent im Jahre 1777 an „musikalischen Gottesdiensten“ 135 Konventämter, 72 Frühämter, zahlreiche Totenämter und vieles andere mehr, darunter 125 Vespern. Wallfahrtsorte wie Mariazell übertreffen diese Aufführungszahlen bei weitem. Bis zu den gravierenden Einschnitten der josephinischen Gottesdienstreformen ab 1783 (Josephinismus) sind die Kirchen voll von mehr oder minder kunstvoller Musik. Auch kleinere und größere Stadt-, Markt- und Dorfkirchen trachten mit ihren Mitteln, den großen Musikzentren nachzueifern und deren festlich angelegte Kirchenmusikpraxis zu kopieren. So entwickelt sich der Typus der Landmesse (Ruralmesse), die in geringer Besetzung (z. B. 1–2 Singstimmen, Orgel, Bass, 2 Hörner) an die Formensprache der großen Vorbilder anknüpft. Häufig werden auch groß besetzte Werke auf kleine Besetzungen umgearbeitet. In kleineren Städten werden vom Magistrat ein Organist, der Lehrer als Regens chori, ein Tenorist und drei Knaben für die pfarrliche Kirchenmusik besoldet, die Instrumente werden von den Stadttürmern (Thurner) gespielt. Im Franziskanerorden wird mit der speziellen Form der Franziskanermesse ein sehr volkstümliches Genre in den Ländern der Donaumonarchie gepflegt. Kirchenmusik wird so auch zu einem wichtigen Mittel der Volksbildung. Bruderschaften und Kirchenmusikvereine nehmen sich der Kirchenmusikpflege an, deren Hauptgattungen an Festtagen die vormittägige M. und die nachmittägliche Vesper werden. In der Messkomposition entwickeln sich feste Typen für die unterschiedlichen Ränge der liturgischen Feiern, was v. a. durch die Instrumentation ausgedrückt wird. Basis ist das Kirchentrio mit 2 Violinen und Bass (Bassetl, das Violoncello kam erst im späten 18. Jh. dazu), das zur gewöhnlichen Musik an Sonntagen (stilus ordinarius, stilus dominicalis) gehört. Für mittlere Feste (stilus mediocris) kamen Oboen mit Fagott und ev. Hörner dazu, Kennzeichen der großen Fest-M. (stilus solemnis) waren Pauken und Trompeten. Streich-, Holz- und Blechinstrumente waren somit nach dem Trio-Prinzip organisiert. Posaunen spielten in vielen Fällen zwei oder drei Singstimmen colla parte mit, die Orgel ist als Continuoinstrument immer dabei.
Unabhängig vom Grad der Festlichkeit gab es eine Missa longa oder Missa brevis. Bei den Kurz-M.n wurde häufig der Text von Gloria und Credo geschachtelt, d. h., jede der vier Singstimmen hat in einem mehr oder minder homophonen Satz je ein Viertel des gesamten Textes gleichzeitig mit den anderen gesungen. Diese Praxis gilt seit dem Cäcilianismus aufgrund mangelnder Textverständlichkeit als verpönt, Neuausgaben für den liturgischen Gebrauch wurden zu Beginn des 20. Jh.s dahingehend bearbeitet, dass meist durch Verdoppelung der kompositorischen Originalsubstanz eine vollständige Textrezitation durch alle Singstimmen erreicht werden konnte. Für die Fastenzeiten und Toten-M.n (Requiem) gab es M.n im stilus a capella, die ohne Instrumente oder mit Orgelcontinuo (einschließlich Bassetl) allein ausgeführt worden sind. Daneben gibt es auch das solenne Requiem mit Instrumenten.
Unter J. J. Fux und A. Caldara bildete sich jener Formenkanon aus, der mit gewissen Varianten die strukturelle Anlage der Messkompositionen bis weit in das 20. Jh. bestimmen sollte und häufig vom Prinzip der Dreiteiligkeit bestimmt war, z. B. eine dreisätzige Anlage von Gloria und Credo: schnell – langsam – schnell. Die Textteilung erfolgte im Gloria meist bei Qui tollis und Quoniam tu solus sanctus, im Credo bei Et incarnatus und Et resurrexit, wobei dem dritten Teil meist eine Schlussfuge angehängt worden ist. Auch das Sanctus ist häufig dreiteilig: Sanctus – Pleni – Hosanna. Bei der Vielzahl der Werke und dem Bestreben nach Originalität ist dies ein Grundkanon, der viele Variationen erfahren hat. Um die vielen M.n, die meist in Tonarten mit wenig Vorzeichen stehen, auch unterscheiden zu können, bekommen sie Titel, häufig ist dies der Name eines Heiligen, auch besondere Anlässe werden genannt. Als Besonderheit entsteht um 1722 die sog. Credo-M. Dabei wird im Credo das Wort Credo nach Art eines Rondos bis zu zwölfmal in den Verlauf der Komposition eingefügt. Nach einem Vorläufer von Ziani 1710 wird 1722 der Prototyp von J. G. Reinhard oder M. Oettl geschaffen, G. Donberger und W. A. Mozart liefern mehrere Beispiele. Daneben ist für große Anlässe auch der Typus der neapolitanischen Kantatenmesse zu finden. Eine weitere Sonderform ist die M. mit obligater Orgel, die Orgelsolomesse. Erstes Beispiel ist die 1737 von J. G. Zechner komponierte Missa Sancti Christofori, weitere Hauptvertreter der Gattung sind G. Reutter, F. Wrastil, L. Hofmann, F. X. Widerhoffer und J. Haydn. Bevorzugter Platz für Soli ist das Benedictus, zahlreiche M.n haben Soli in allen Messsätzen oder in Kyrie, Gloria und Agnus. Gerade in dieser Gattung wird der galante Stil stark präsent. Zahlreiche M.n beinhalten auch Soli für andere Instrumente wie Violine, Oboe, Fagott, Posaune. Eine weitere Sonderform wird die Pastoral-M., eine Weihnachts-M. mit besonderen volkstümlichen Anklängen, oft im 6/8-Takt. Bekannte spätere Beispiele stammen von A. Diabelli und F. X. Schiedermayr.
Die überragenden Messkomponisten am Wiener Hof waren J. J. Fux (ca. 80 M.n) und A. Caldara (ca. 77 M.n), welche auch Lehrer zahlreicher Klosterkomponisten wurden. Bedeutsam sind für Wien die M.n von G. Ch. Wagenseil (19 M.n), G. Reutter d. J. (über 80 M.n, 6 Requiem), F. Tuma (64 M.n, 2 Requie), G. Monn (ca. 10 M.n), G. Bonno (30 M.n, 2 Requien) und F. L. Gaßmann (5 M.n). In Salzburg wirkten J. E. Eberlin (58 M.n) und A. C. Adlgasser (8 M.n).
Die zahlreichen Klosterkomponisten (meist Konventualen, aber auch angestellte Laien) sind z. T. weniger erforscht. In einer ersten Generation wirkte im Wiener Schottenstift K. Pachschmidt (12 M.n). In Göttweig komponierten Othmar Tschoblar, Willibald Burckhardt und Robert Schäffer, in Melk A. Baumgartner, in Gleink Paulus Conrad, in Admont M. Schopf, in Heiligenkreuz F. Pruneder (30 M.n), in in Klosterneuburg B. Paumann (10 M.n), in Waldhausen der Chorherr Preglauer, in St. Florian C. Langthaler, Franz Ertl (8 M.n) und M. J. Kampfl (11 M.n). Eine überragende Gestalt einer zweiten Generation ist J. G. Zechner (64 M.n), der Hauskomponist von Göttweig, wo auch F. L. Graff (10 M.n) wirkte. In Herzogenburg war G. Donberger (92 M.n) beheimatet. In St. Pölten wirkte J. A. Scheibl (mehr als 20 M.n), in Seitenstetten Ch. Widmann (12 M.n), in Mariazell F. Wrastil (mehr als 20 M.n), in Kremsmünster F. Spary (Werke verloren) und V. Schmid (10 M.n), der Grazer Minorit Ä. Schenk (23 M.n), der Wiener Augustiner-Eremit I. Prustmann (ca 20 M.n), dessen Mitbruder J. Keinz (ca. 10 M.n), sowie der Pauliner A. Ivanschiz (ca. 10 M.n) aus Graz-Maria Trost. Im letzten Drittel des 18. Jh.s komponierten in Melk R. Kimmerling (ca. 5 M.n), M. Paradeiser und M. Stadler (10 M.n), vor seiner Wiener Zeit auch J. G. Albrechtsberger (32 M.n, 3 Requien) und F. Schneider (48 M.n). In Göttweig wirkte M. Prazner (3 M.n bekannt), in Seitenstetten F. Raab, in Herzogenburg J. Krottendorfer (12 M.n), in Mariazell F. X. Widerhoffer (9 M.n), in Admont Ph. Pusterhofer, in Kremsmünster G. Pasterwiz (14 M.n), in St. Florian F. J. Aumann (37 lat. M.n, 1 dt. M.).
Die Messkomposition zur Zeit der Wiener Klassik verändert die Großarchitektur der Werke kaum, die zeitgenössischen Formen wie Sonatensatz, Rondo usw. verbinden sich jedoch mit der herkömmlichen Großgliederung des Textes. Die Satzweise und Instrumentation der symphonischen Musik findet auch Eingang in die M. Vereinzelt bei Mozart, generell aber seit dem späten Haydn wird die Viola im Streichersatz obligat, Flöten und Klarinetten treten hinzu, das Cello wird obligatorisch. Das musikalische Geschehen entwickelt sich nun hauptsächlich im Orchester, der Chor singt meist homophon in den harmonischen Verläufen des Instrumentalsatzes. Diese Orchestermessen stehen auch im Banne aufklärerischer Gottesdienstreformen (Erzb. Colloredo in Salzburg, Joseph II. in Wien und in den Erblanden) seit 1783. Die rigorosen Verbote orchesterbegleiteter Kirchenmusik für weite Teile des kirchlichen Lebens führte zu vielen Traditionsbrüchen und sozialen Problemen der Berufsmusiker, die damals noch die Kirchenmusik besorgten. J. Haydn hat zwischen 1782 und 1796 keine Messen komponiert. Erst die Milderung der josephinischen Gottesdienstordnung erlaubte es ihm, ab 1796 die sechs großen M.n zu schreiben, welche die Vollendung des klassischen symphonischen Kirchenstils und einen Höhepunkt der Gattung in Österreich darstellen. L. v. Beethoven knüpfte mit seinen zwei M.n an diese Formen an. Auch seine D-Dur-M. (Missa solemnis) ist ursprünglich für den Gottesdienst konzipiert, erklang aber von Anfang an hauptsächlich konzertant, auch mit deutschem Text. Mozart hingegen musste im Dienst am Salzburger Hof sehr kurze M.n schreiben. Neben den M.n von Mozart (16) und J. Haydn (14) sind v. a. jene von M. Haydn (33 lat., 9 dt., 3 Requiem) bedeutsam, der in Salzburg diese Gattung zur letzten Blüte führte. Neben diesen großen Meistern ist das Messschaffen von C. Ditters v. Dittersdorf (20), L. Gatti (29), J. Eybler (33), A. Salieri (5), F. X. Süßmayr (5) und J. Preindl (13) zu beachten, welches z. T. schon der nachklassischen Periode angehört, in welcher neben der zeitgenössischen Romantik in der Kirchenmusik die klassische Schreibweise retrospektiv und teilweise epigonal weiter gepflegt wird. Die klassische Formensprache bleibt dabei eine Schablone, mit der mehr oder weniger gekonntes Kunsthandwerk produziert wird. Klassischen Schemata folgten J. N. Hummel (3 M.n), I. Ritter v. Seyfried (16 M.n, 4 Requiem), J. B. Gänsbacher (33 M.n), I. Assmayr (26 M.n), J. Weigl (11 M.n), J. G. Lickl (24 M.n), L. Ebner (19 M.n) und S. Sechter (32 M.n). Die ländliche Variante dieses Stils repräsentieren u. a. F. Schöpf (55 M.n), J. G. Zangl (ca. 30 M.n) und R. Führer (ca. 100 M.n).
Im 19. Jh. wird Kirchenmusik zusehends eine retrospektive Kunst, auch auf dem Hintergrund zeitgenössischer Musikanschauungen. Auf dem Gebiet der Messkomposition finden wenig Innovationen statt, die Gattung tritt seither in den Hintergrund der allgemeinen Musikentwicklung. Herausragend sind die 6 lateinischen M.n von Fr. Schubert, religiöse Bekenntnismusiken voll von spiritueller Tiefe vor einem kirchen- und dogmenkritischen Hintergrund. Eine zweite Ausnahmeerscheinung sind die drei großen M.n von A. Bruckner, die nochmals liturgische Musik an die Höhe der zeitgenössischen Profanmusik heranführen. Peripher sind M.n im Schaffen von O. Nicolai, J. Brahms, F. v. Suppè, während R. Ritter v. Herbeck 8 M.n schreibt.
Aus mehreren Ursachen – kirchenpolitischen (Josephinismus), ökonomischen wie ideologischen – entsteht schon in den letzten beiden Dezennien des 18. Jh.s die neue Gattung der Orgel-M., bei der anstelle eines Orchesters die Orgel den Chor begleitet. Zu den frühesten Beispielen zählen M.n von Albrechtsberger. Die Entwicklung dieser Gattung ist darüber hinaus eng mit dem Cäcilianismus und seiner Ablehnung der Orchestermesse verbunden. Die Orgel fungiert entweder als Ersatz des Orchesters (Orgelauszug der Partitur), als Alternative zum Orchestersatz, oder der Orgelsatz ist genuiner Bestandteil der Komposition. Prominentes Beispiel ist die Missa choralis von F. Liszt, die unter cäcilianischem Einfluss entstanden ist. Die meisten Werke dieses Genres sind kirchliche Gebrauchsmusik, mehr oder minder gutes Kunsthandwerk, auf die technischen Möglichkeiten des nunmehr sich durchsetzenden Laienmusizierens abgestimmt und dem Geschmack der Rezipienten angepasst. Die cäcilianischen Orgel-M.n des 19. und 20. Jh.s sind formal fest in der Tradition der Wiener Klassik verankert (Satzteilung, stereotyp gewordene Formeln der Textdeutung usw.), deren Formensprache en miniature kopiert wird, wenngleich die Soli deutlich in den Hintergrund treten. J. Habert versuchte einen österreichischen Weg des Cäcilianismus zu gehen, auch mit seinen 50 M.n Orgel-M.n mehr oder minder cäcilianischen Zuschnitts (teils alternativ auch mit Orchester) schrieben u. a. V. Berger (mehr als 55 M.n), W. Briem, E. Brunner, A. Faist (12 M.n), R. Fuchs (3 M.n), Karl Greith (ca. 20 M.n), F. X. Gruber (5 lat., 38 dt. M.n), J. Gruber (ca. 60 M.n, 17 Requiem), P. H. An der Lan-Hochbrunn (4 M.n), J. Höllwarth (8 M.n), Franz Krenn (29 M.n), J. G. Meuerer (41 M.n), I. Mitterer (45 M.n, 10 Requiem), F. X. Müller (11 M.n), M. Nagiller (5 M.n), A. Niedrist (2 M.n), J. Obersteiner (50 M.n), M. Ortwein (mehrere), J. Pembaur (9 M.n), G. Preyer (17M.n), K. Santner (ca. 15 M.n), P. Singer (89 M.n, 13 Requiem), A. Weirich (5 M.n), G. M. Zahlfleisch (3 M.n). In diesen Typus fügen sich auch die Franziskaner-M.n des 19. Jh.s ein.
Zu Beginn des 20. Jh.s postulierte das Motu proprio Pius’ X. Tra le sollecitudini 1903 für eine Reform der Kirchenmusik Choral und Palestrinastil als die wahren Formen liturgischer Musik und schränkte orchesterbegleitete Kirchenmusik weitestgehend ein, nicht aber die Orgel-M. Dies rief unter österreichischen Kirchenmusikern großen Widerstand hervor, Kaiser Franz Josef selbst ließ beim Papst durch seinen Hofkaplan wegen einer Ausnahmeregelung für Wien intervenieren. Das Motu proprio umzusetzen, schrieb sich jedoch die Schola Austriaca, der Kreis von Kirchenmusikern rund um die 1910 gegründete Kirchenmusikabteilung der Wiener MAkad. auf ihre Fahnen. Ihre Messkompositionen richteten danach aus: F. X. Müller, J. Messner, K. Senn, K. Koch, Franz Krieg, Johannes Kobeck, H. Bauernfeind, H. und J. Kronsteiner, N. Gerhold, A. Fastl, H. Täubl, H. Kapfer. Orgel-M.n aus cäcilianischem Geiste konnten häufig mit Bläserbegleitung verfeierlicht werden, vom Bläserquartett bis zu größeren Besetzungen.
Den Anschluss an die neue Musik fand nach 1945 A. Heiller mit seinen Zwölfton -M.n, an J. M. Hauer knüpft das kirchenmusikalische Werk von N. Fheodoroff an. Eine zeitgenössische Tonsprache vertreten im engeren Bereich der Kirchenmusik A. F. Kropfreiter, J. F. Doppelbauer, E. Romanovsky, H. Haselböck, P. Planyavsky, M. Radulescu, H. Kratochwil, H. Gattermeyer, K. Estermann, W. Sauseng, eine Ausnahme im Schaffen der Avantgarde der zweiten Jh.hälfte sind die M.n von E. Krenek, K. Schiske, D. Kaufmann und H. M. Pressl. Am Rande ihres Schaffens stehen die M.n von G. Arányi-Aschner, G. v. Einem, K. H. Füssl, H. K. Gruber, J. M. Hauer, A. Kubizek, P. Kont, J. Sengstschmid, U.-D. Soyka, B. Strobl, E. Urbanner.
Durch die Erneuerung der Liturgie nach dem Zweiten Vaticanum wird die herkömmliche Gattung M. in etlichen Punkten inkompatibel mit den Grundstrukturen der heutigen Messliturgie. Nachdem Sanctus und Benedictus bis 1965 parallel zum still gebeteten eucharistischen Hochgebet gesungen wurden, fügen sich diese Messsätze in ein laut vorgetragenes Hochgebet nur disproportional ein. Ein Agnus ist normalerweise viel zu lang für den kurzen Ritus der Brotbrechung, das Sanctus ist primär Gemeindegesang usw. Trotz dieser strukturellen Probleme wird die herkömmliche Pflege des überkommenen Messrepertoires durch die Musikinstruktion 1967 und das Zeremoniale für die Bischöfe 1998 ausdrücklich erlaubt und gefördert, weil die Werte des Thesaurus musicae sacrae als Ausdruck katholischer liturgischer Identität und Gläubigkeit bewahrt werden sollen. Dies soll jedoch nicht der Normalfall der Gemeindeliturgie sein. Die herkömmliche zyklische Ordinariumsform ist obsolet geworden, es sollen auch keine neuen Ordinariumsvertonungen nach traditioneller Anlage mehr geschaffen werden, obschon frühere Werke wegen ihres spirituellen und künstlerischen Wertes in der Liturgie erhalten bleiben sollen. Die Form der gewohnten M. hat sich jedoch nach dem Konzil weiterentwickelt. Nach 1965 wurden zahlreiche deutsche Ordinariumsvertonungen geschaffen, viele davon mit Gemeindebeteiligung. Dennoch hat sich diese Form der M. überlebt, Aufgabe der liturgischen Komposition heute ist es, neue Formen zu finden, die strukturell dem heutigen Messordo adäquat sind.
Der Terminus M. wird seit Ende des 18. Jh.s auch für eine neue, im Zuge der Aufklärung entstandene Gattung gebraucht, die sich v. a. über die josephinischen Gottesdienstreformen rasch im Bereich der ganzen Donaumonarchie verbreitete: das deutsche Messlied bzw. die deutsche Sing-M. als Begleitung und Kommentar zur missa lecta. Nach Vorläufern im Münsterschen Gesangbuch 1677 steht im Paderborner Gesangbuch 1726 erstmals ein Messlied, das 1756 im Innsbrucker Gesangbuch Auserlesener Meß-Gesang mit Noten erscheint. 1766 edierte Ignaz v. Felbiger in seinem Gesangbuch für die Schulen in Sagan (Zagan/PL) erstmals das Messlied von Ignaz Franz Wir werfen uns darnieder. Auf eine gemeinsame Melodie werden hier verschiedene Strophen zu den einzelnen Teilen der (stillen) M. gesungen (z. B. „Zum Gloria“). Mit leicht verändertem Text wird dieses Messlied der josephinische „Normalmessgesang“, seit 1783 der überall vorgeschriebene einfache Gemeindegesang, welcher mit wenigen Ausnahmen die mehrstimmige Kirchenmusik hätte ablösen sollen. Das Salzburger Pendant ist die im Landshuter Gesangbuch 1777 erstmals edierte Messliedreihe von F. S. Kohlbrenner Hier liegt vor deiner Majestät, deren verschnörkelte Melodien von Norbert Hauner M. Haydn 1789 in die heute geläufige Form gebracht hat („Haydn-M.“). Bei dieser Messreihe hat jedes Lied zu den einzelnen Messteilen seine eigene Melodie. In diesen beiden Grundformen wurden im Laufe des 19. und 20. Jh.s zahlreiche M.n geschaffen. Was ursprünglich für den Gemeindegesang gedacht war, mutierte rasch zum Messliederzyklus für den Chor, zumeist als Ersatz für die verbotenen lat. M.n. Haydn selbst hat den Messtext des Landshuter Gesangbuches mehrfach zu einem „Deutschen Hochamt“ gemacht, am verbreitetsten war die Version in der Ruralbesetzung für 2 Singstimmen, 2 Hörner, Bass und Orgel. Im 19. Jh. wird die Haydn-M. häufig die Sonntagsmesse, während der Normalmessgesang für die Werktage bestimmt war. Beide M.n wurden in die gängigen Sprachen der Donaumonarchie übersetzt, oftmals auch mehrfach. Für den Schulgebrauch gibt es auch lat. Versionen (En supplicem tibi, Pater, gregem fidelium bzw. Te Deum adoramus, auctorem gratiae). Als weitverbreitete dritte M. kam die Kinder-M. Jesus rief zu sich die Kleinen dazu. Die 1827 entstandene „Deutsche M.“ von Fr. Schubert (D 872) ist eine Chor-M., die erst spät im 19. Jh. Eingang in den Gemeindegesang gefunden hat. Die Messliedreihen des 19. Jh.s werden Vorbild für neue Spielarten von „M.n“, die nach 1965 im Zuge der Einführung der Volkssprache in die Liturgie plötzlich entstehen: die Heimat-, Volkstums- und Mundart-M. Ahnfrauen dieser für die nachkonziliare Liturgie völlig unbrauchbaren, aber bei vielen Leuten sehr beliebten Produkte sind die Kärntner M.n von Joseph Hopfgartner und H. Drewes, die Steirische Meß von Martha Wölger und K. Muthspiel, sowie die Oberösterreichische Bauern-M. von A. Fürthauer und Andreas und Franz Danter. Die Messliedreihe stand auch Pate für Kinder-M.n (Tiroler Kinder-M. von Pater Raimund Kreidl) und Jugend-M.n („rhythmische M.n“), auch für M.n im Jazzstil (H. Neuwirth, Heimo Smola). Das liturgische Problem dieser Werke besteht in der oftmals sehr freien und inhaltlich diffusen Paraphrasierung der offiziellen Liturgie. Zahlreiche deutsche M.n neueren Datums für Chor bilden darüber hinaus aus den klassischen Vorbildern freie Zyklen und verwenden oftmals neu geschaffene Texte, welche in Spannung zu den offiziellen liturgischen Texten stehen. Ein falsches zyklisches Denken schließt oftmals noch den Gemeindegesang aus und schafft damit ein zusätzliches Problem.
Die Vertonung der wörtlich übersetzten und nicht paraphrasierten Ordinariumstexte beginnt in Österreich mit der liturgischen Bewegung in Klosterneuburg. Für die dort von P. Parsch entwickelte „Betsingmesse“ schuf V. Goller 1922 ein deutsches Ordinarium, das unter verschiedenen Namen (Deutsche Chor-M., Klosterneuburger M., Leopold-M. u. a.) sich bis zum heutigen Tag großer Beliebtheit erfreut. Weitere bedeutende Vertonungen deutscher Ordinarien für den Gemeindegesang schufen J. Kronsteiner und H. Haselböck. Deutsche Ordinarien für Chor (teilweise für Chor und Gemeinde) erschienen nach 1965 von nahezu allen damals an Kirchenmusik interessierten Komponisten, vielfach auch als Auftragswerke.
Der Terminus M. wird heute auch zunehmend für (Chor)Werke verwendet, die keinen liturgischen Konnex haben, z. B. die Kleine M. um C – für den lieben Gott von W. Pirchner.
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