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Menuett (Menuet)
Höfischer Tanz, der ab dem späteren 17. Jh. als Inbegriff eines französischen Tanzes und als Symbol von Würde, Anmut und Leichtigkeit, ja der Tanzkunst schlechthin galt. Als Herkunftsgebiet wird die frz. Landschaft Poitou angesehen, der Name von seinen „kleinen“ Schritten abgeleitet. Der (erst seit etwa 1900: das) M. wird in offenen Paaren getanzt, abgesehen von einem Grundschema (zwei Beugeschritte, gefolgt von zwei Steifschritten) sind von den Tanzmeistern unzählige Touren (anfangs eine „8“, dann ein „S“ und später ein „Z“ umschreibend) erfunden worden: nach der stilisierten Begrüßung der Partner und Zuschauer nähert sich der Tänzer seiner Dame und entfernt sich wieder von ihr. Die Musik steht im ¾-Takt und weist aus choreographischen Gründen zwei zu repetierende Abschnitte von vier oder acht Takten (zumindest paarig-metrische Taktanzahl) ohne besondere harmonische Finessen auf. Im Übrigen wurde seit der Basse-Danse des Mittelalters wohl kein Tanz mehr derart intellektualisiert als das M., es blieb bis zuletzt von Tanzlehrern abhängig und wurde trotz der Interpretation als Werbetanz stets als eine Kunstform betrachtet.

Bereits kurz nachdem das M. unter Ludwig XIV. am französischen Hof von Versailles und durch Jean-Baptiste Lully in die Oper eingeführt worden war, kam es auch nach Wien. Hier wurde es ab den 1670er Jahren von J. H. Schmelzer, M.? Ebner u. a. für Ballettmusiken aufgegriffen, bald darauf auch ein beliebter Bestandteil der Lautenmusik (besonders als Einschub in Suiten) und weiter stilisiert. Ketten von (gemäß alter Tanzmusik-Tradition 12) instrumentalen M.en sind schon seit J. J. Fux zu beobachten und können, v. a. wenn das letzte in besonderer Weise (d. i. zu einer Art Coda) gestaltet ist, als eine Art Suite angesehen werden. Aufgrund dieser Traditionen sowie der Einschätzung, der Gesellschaftstanz par excellence zu sein, wurde das M. schließlich ab etwa der Mitte des 18. Jh.s ein Hauptbestandteil der Divertimenti und im Zyklus der jungen Symphonie der Repräsentant des Tanzes (angeblich zuerst und in besonderer Weise durch die Österreicher G. M. Monn, G. Chr. Wagenseil, J. Starzer; die Normierung der somit viersätzigen Symphonie ab etwa 1765 geht offenbar auf Vorbildwirkungen von J. Haydn zurück). Nicht zuletzt damit nahm es auch Elemente anderer im Dreiertakt stehender Tänze in sich auf. Ja, da es sogar zum Paradigma des Kompositionsunterrichts geworden war, ist es zurecht auch als „Inbegriff einer musikalischen Bewußtseinslage“ der klassischen Zeit bezeichnet worden (Eggebrecht). Gleichzeitig fand es in getanzter Form zunehmend bürgerliche und schließlich sogar bäuerliche Nachahmer. (Auf der Ebene stilisierter Werbung sind die Choreographien von M. und Ländler durchaus vergleichbar; das Bauernm. ist ein wesentlicher Teil des österreichischen Volksbarock; zahlreiche Instrumental-M.e österreichischer Komponisten gemahnen an verkappte Ländler.) In diesem Zuge wurde das anfangs mittelschnelle M. (Johann Joachim Quantz 1756: 2 Viertel auf einen Pulsschlag) langsamer und (gegenläufig zum Langaus) gegen 1800 gravitätisch, kurz: mehr und mehr ein Repräsentant der „alten Zeit“ (so schon in W. A. Mozarts berühmter Tanz-Szene des Don Giovanni, 1787).


Literatur
K. H. Taubert, Das M. Gesch. u. Choreographie 1988; MGÖ 2 (1995); W. Salmen (Hg.), Mozart in der Tanzkultur seiner Zeit 1990; J. Gmeiner, M. u. Scherzo 1979; H.-H. Eggebrecht, Versuch über die Wr. Klassik 1972; W. Steinbeck, Das M. in der Instrumentalmusik Joseph Haydns 1973.

Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger, Art. „Menuett (Menuet)“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d961
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