Lautentabulatur
Griffschrift für Lauten- im Besonderen bzw. Zupfinstrumente im Allgemeinen (
Notation). Die mehreren gedachten oder niedergeschriebenen (meist fünf oder sechs) Linien, auf die die Zeichen für die Tonhöhen (entweder Buchstaben- oder Zahlenreihen) gesetzt werden, mögen zwar an die vom Gesang her kommende Liniennotation erinnern, symbolisieren jedoch die Saiten des Instruments: die höchsten Töne entweder (gemäß der Spielhaltung) in der untersten oder (in Analogie zur Notenschrift) in der höchsten Linie. Der Rhythmus wird durch eigene Zeichen in gewisser Anlehnung an die gewöhnliche Notenschrift über dem System angegeben (s.
Abb. aus dem sog.
Hallwil-Lautenbuch, um 1645;
F. Hinterleithner). Nach der bevorzugten Verwendung unterscheidet man gemeinhin sog. deutsche, italienische und französische
L.en. In Österreich wurde zunächst die deutsche, ab dem 17. Jh. die (neu)französische bevorzugt (
Laute).
Über die Erfindung der L. gehen die Meinungen auseinander, die Grundprinzipien sind immerhin auch in Außereuropa zu beobachten. Tatsache ist, dass die deutsche L. im Wien des frühen 16. Jh.s eine besondere Pflege erfuhr: von hier stammt die derzeit (2003) früheste bekannte handschriftliche L. (Jak. Thurner, um 1524); die beiden hier gedruckten L.en von H. Judenkünig (zw. 1515/19, 1523) gehören nach Sebastian Virdungs Musica getutscht (Basel 1511) zu den frühesten Lehrwerken, ein weiteres, 1515 von St. Monetarius angekündigtes, ist wahrscheinlich nicht erschienen. Neben der deutschen Orgelkunst (Virdung, Arnold Schlick, Tabulatur 1512) dürften die Vorbilder auch in Venedig (Petrucci) zu suchen sein. Österreich besitzt eine reiche Überlieferung von handschriftlichen L.en (geschätzt: etwa ein Viertel der internationalen Produktion der Zeit; aufbewahrt in Ebenthal bei Klagenfurt [J. P. v. Goess], Göttweig, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Klosterneuburg, Kremsmünster, Linz, Salzburg, St. Paul i. L., Seitenstetten, Wien, Wilhering).
(NA) DTÖ 37 (1911), 50 (1918), 84 (1966); Erbe dt. Musik II,1 (1942).
J. Wolf, Hb. der NotationskundeJohannes Wolf, Handbuch der Notationskunde. Leipzig 1919. 2 (1919); NGroveD 15 (2001) [Lute]; MGG 7 (1958) [Judenkünig]; TMA 2 (1965), 8 (1974); R. Flotzinger, Die L.en des Stiftes Kremsmünster,Rudolf Flotzinger, Die Lautentabulaturen des Stiftes Kremsmünster. Thematischer Katalog (Tabulae musicae Austriacae 2). Wien–Graz–Köln 1965. 1965; E. Maier, Die handschriftlich überlieferten Tabulaturen für Lauteninstrumente des 17. und 18. Jh.s aus dem Bestand der Österr. NationalbibliothekElisabeth Maier, Die handschriftlich überlieferten Tabulaturen für Lauteninstrumente des 17. und 18. Jahrhunderts aus dem Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek mit dem Wiener Lautenbuch des Jacques de Saint Luc. Diss. Wien 1972., Diss. Wien 1972; J. Tichota in Acta Universitatis Carolinae – Philosophica et HistoricaJirí Tichota, Tabulatury pro Loutnu a Príbuzné Nástroje na Území CSSR, in Acta Universitatis Carolinae – Philosophica et Historica 2 (1965), 139–149. 2 (1965); K. Schnürl in StMwKarl Schnürl, Zur Übertragung von Lautentabulaturen, in: Studien zur Musikwissenschaft 43. 1994, 51–55. 43 (1994).
14.3.2004
Rudolf Flotzinger,
Art. „Lautentabulatur“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
14.3.2004, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d713
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