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Laternenlied
Vornehmlich von Kindern im Rahmen organisierter Umzüge mit selbstgebastelten Laternen rund um den Martinitag (11. November) gesungen. Der Brauch hat sich in Österreich neu entwickelt, und zwar aufgrund von Vorbildern aus Deutschland, wo er eine längere Geschichte hat. Dort und in den Niederlanden sind Schülerbräuche mit Heischeliedern zu Martini, oft in Verbindung mit Feuerbräuchen, seit dem Mittelalter bezeugt. Im Laufe des 19. Jh.s kamen in den evangelischen Gebieten neue, auf Martin Luther bezogene Lieder auf. Eine Neugestaltung des Festes mit organisierten Kinderumzügen war nach dem Ersten Weltkrieg zuerst im Rheinland zu beobachten und griff dann auf andere katholische Gebiete über. Im Mittelpunkt der Festgestaltung steht dabei die Legende der Mantelteilung, die bei den „Martiniritten“ auch dramatisch gestaltet wird, während die den Zug formierenden Kinder ihre L.er singen. Wegen ihrer Einfachheit in Text und Melodie werden diese Lieder gerne in Kindergärten und Volksschulen vermittelt und stellen – im Zusammenhang mit dem Basteln der Laternen – ein willkommenes pädagogisches Projekt für die Herbstzeit dar, was sicher ein wichtiger Impuls zur Verbreitung des Brauches in Österreich war. Wann er hier Fuß gefasst hat, ist bisher nur vereinzelt dokumentiert. Er scheint sich zuerst im Burgenland verbreitet zu haben, was mit dem Hl. Martin als Landespatron zusammenhängt; in Niederösterreich ist er zu Anfang der 1970er Jahre aktuell geworden. Aus Kärnten wissen wir von der Einführung des Brauches, z. B. in Irschen, zu Ende der 1970er Jahre. In allen Sammlungen traditioneller Kinderlieder aus Österreich fehlen die L.er noch. Das erste in Österreich publizierte Martinslied (Martin war ein frommer Mann) findet sich bei Götz 1914, der dieses Lied aber aus Thüringen übernommen hat. Erst die L.er in der Sammlung von Deutsch et al. 1971 beziehen sich auf eine bereits geübte Singpraxis in Österreichs Kindergärten. Heute (2003) erscheinen L.er als Texte, aber auch mit Melodien und als Hörbeispiele in großer Anzahl im Internet, großteils auf sites aus Deutschland. Die Lebendigkeit der Gattung, zu der es sogar schon Parodien gibt (Im ganzen Dorf hat mans gehört, beim Fernsehn habn wir auch gestört...), wird dadurch bezeugt.
Literatur
D. Sauermann in Hb. des Volksliedes 1 (1973) [Martinslied]; O. Holzapfel, Lex. folkloristischer Begriffe und Theorien 1996; H. Wulz in G. Haid (Hg.), Kärnten und seine Nachbarn. Brauchlied 2000; J. Götz, Kindervolkslieder 1914; W. Deutsch et al., Sing mit uns! Lieder, Reime und Spiele für Kinder im Vorschulalter 1971; www.puschs.de/Lieder/laternenlied.htm (6/2003); St. Top in W. Deutsch/W. Schepping (Hg.), Musik im Brauch der Gegenwart 1988.

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Laternenlied“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d6d9
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.