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Krauss-ElkaKrauss-Elkatrue (eig. Krauss), Leopold
* 1891-03-044.3.1891 Wien, † 1964-07-033.7.1964 Wien. Komponist, Klavierhumorist. Ältester von vier Söhnen (Fritz: * 20.2.1892 Wien, † 3.6.1893 Wien; Wilhelm [Willy]: * 21.4.1895 Wien, † ?.8.1972 Wien? [begr. Wien]; Ferdinand: * 21.3.1898 Wien, † 1968 Wien? [begr. Wien]) des aus Kroatien stammenden Holzhändlers Friedrich (Fritz) Krauss (* 5.6.1857 Esseg [Osijek/HR], † 13.9.1907 Wien) und von dessen Frau Wilhelmine (Minna), geb. Oesterreicher (* 29.3.1867 Prag, † 6.9.1942 KZ Theresienstadt [Terezín/CZ]). Zu seiner Ausbildung ist derzeit (2023) nichts bekannt. Hauptberuflich zunächst als Bankbeamter tätig, nannte er sich als Komponist seit spätestens 1914 K.-E., als im Februar bei einem Ball des Weißen Kreuzes in Wien, den er mit seiner späteren Frau Mitzi Schwarz (eig. Marie: * 29.8.1896 Wien, † ?, Heirat 21.6.1914, Scheidung 26.7.1917) besuchte, sein Walzer Kolonnadenzauber aufgeführt wurde. Ab 1916 erschienen seine Schlager und Wienerlieder in Wiener, später auch in Berliner Verlagen. Zu seinen Textautoren zählten u. a. sein Freund P. Herz, F. Löhner alias Beda, F. Rotter, K. Farkas, R. Katscher und E. W. Spahn. Unter seinen Co-Komponisten finden sich H. Leopoldi und P. Mann. Nach Beendigung des Kriegsdienstes im ersten Weltkrieg Auftritte als Klavierhumorist und Interpret seiner eigenen Kompositionen: Im Sommer 1920 in Innsbruck, danach an verschiedenen Kleinkunstbühnen in Wien (Kabarett „Nixe“ [Wien II, An der Marienbrücke], Simpl, Chat noir [Wien VI, Mariahilferstraße 106], Künstlerspiele Pan, Künstlerbühne Böse Buben [Wien II, Praterstraße 60], Lurion [Wien VIII, Siebensterngasse 42], Hölle, Fledermaus, City Bar [Wien I, Liliengasse 2], Hotel Palace [Wien VI, Mariahilferstraße 99], Mary-Bar [Wien I, Johannesgasse 16]), mitunter auch parallel, tätig. Im November 1922 spielte er in der Münchner Bonbonniére ein 12-minütiges Programm, von Oskar Geller folgendermaßen beschrieben: „[…] ein junger, eleganter Mann, spielt und singt. Ein Wiener; als solcher auf den ersten Blick kenntlich. Der lässige, gemütliche, freundliche Wiener, wie ihn ganz besonders die Kavallerie kannte. […] Ein bißchen ‚schlampert‘ in der Haltung, aber gerade dadurch kolossal distinguiert, mit einem Worte: Die Verlebendigung des unnachahmlich wienerischen ‚Aber bitt’ schön, gnä’ Frau, küß’ sämtliche Hände!‘“ (Neues Wr. Tagbl. 19.11.1922, 19). Der Text des Berliner Kabarettisten und Autors O. A. Alberts zu seinem „afrikanischen Shimmy“ Komm nach Mahagonne 1922 dürfte Bertolt Brecht und K. Weill als Vorbild für ihre Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny gedient haben. Seit 1924 war K. Mitglied der Artistengewerkschaft und der AKM, zeitweise auch Vorstandsmitglied der Internationalen Artistenorganisation. Seine Schlager wurden auf Schallplatten aufgenommen und waren bereits ab 1924 auf Radio Hekaphon und danach auf Radio Wien zu hören, u. a. interpretiert von Ensembles bzw. Kapellen unter B. Silving, I. Geiger, Ch. Gaudriot, H. R. Korngold, Ph. de la Cerda, B. Buchbinder sowie am 26.5.1932 von ihm selbst. Am 6.11.1927 heiratete er in zweiter Ehe die Soubrette Renée Becker (* 20.3.1899 Bugojno/Bosnien und Herzegowina [BiH], † ?; Scheidung 13.3.1958), die ab 1924 in Wiener Kabaretts aufgetreten war. Ab spätestens 1931 war K. großteils im Ausland (Berlin, Schweiz, Jugoslawien, Tschechien, Breslau [Wrocław/PL]) als Klavierhumorist tätig, Auftritte in Wien wurden selten. Für K. Farkas’ erste Kabarett-Revue Pinagls lassen bitten anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums des Simpl (UA 29.8.1931) schrieb er die Musik und wirkte auch selbst mit. Im März 1938 hielt sich K. in Aussig an der Elbe, etwas später in Prag auf. Im Oktober 1938 ging er erneut in die Schweiz, von wo aus er vermutlich nach Kroatien emigrierte (Exil). Im November 1941 wurde K. vom damals italienischen Spalato (Split/HR) nach Tarzo/I verbracht, wo man ihn bis September 1943 in einer Wohnung internierte und er sich zwei- bis dreimal täglich beim Bürgermeister zu melden hatte. Laut anderen Quellen soll er in der Pfarrkirche von Corbanese/I, dem Nachbarort, als Organist gearbeitet, Orgelwerke komponiert und unterrichtet haben. Danach sei ihm die Flucht nach Sorrento/I gelungen, wo er mit anderen Flüchtlingen eine Musikkapelle gegründet haben und in Nachtlokalen aufgetreten sein soll. P. Herz berichtet von einem Versteck durch Freunde in einem Dorf in den Apenninen. Nach dem Einzug der deutschen Wehrmacht habe er sich gestellt und wurde auf sein Bitten hin als Schreiber und Dolmetscher aufgenommen, nach der Versetzung seines vorgesetzten Offiziers sollte er allerdings der Gestapo ausgeliefert werden. Daraufhin sei er zu den Partisanen geflohen, wo man ihn für einen deutschen Spion hielt und K. kurz vor der Hinrichtung stand. Es ist anscheinend gelungen, die Partisanen von seiner Unschuld zu überzeugen und er soll schließlich auf deren Seite gekämpft haben. Nach Kriegsende lebte K. zunächst in Rom. Aufgrund eines zunehmenden Sehproblems musste er seinen Beruf als Alleinunterhalter aufgeben, er komponierte aber weiterhin Schlager und Wienerlieder, darunter das mit B. Uher komponierte Ich hab’ einen Onkel aus Grinzing, von H. Moser auf Schallplatte verewigt. Es gelang ihm jedoch nicht mehr, an seine Erfolge in der Zwischenkriegszeit anzuschließen. Ende der 1950er Jahre lebte K. unter ärmlichen Verhältnissen in Wien, zuletzt nach drohender Obdachlosigkeit in einer Einzimmer-Gemeindewohnung im Ernst Reuter Hof (Wien XII, Böckhgasse 6).
Ehrungen
Widmungsträger von F. Lehners Tanzlied Pierettchen (T: H. Pflanzer) 1920.
Werke
Revue Pinagls lassen bitten (T: K. Farkas) 1931; Schlager (Lied an den Morgenstern (Tannhäuser-Foxtrot), op. 33 [T: E. Wengraf], Komm nach Mahagonne, op. 50 [T: O. A. Alberts], Ruder-Fox (Wenn es Sonntag schön ist, geh’n wir rudern) [T: E. W. Spahn], Warum bist du nicht so wie and’re Frau’n? [T: R. Katscher], Eugen [T: E. W. Spahn]; Kukuruz [T: E. W. Spahn], Mein Süßer muß ein Trommler sein [T: E. W. Spahn], Ja, wär ich der Castiglioni [T: Beda/K. Farkas], Die Josefa mit dem Treffer [T: Salpeter [= Karl Pollach]], Muss es denn beim Lieben stets dieselbe sein [T: F. Grünbaum], Verschaffen Sie mir eine Wohnung, op. 75 [T: P. Herz], Ich hab’ an dich geglaubt [T: F. Rotter]; gem. m. Kurt Schwabach: Mein Hund beißt jede schöne Frau ins Bein [T: K. Schwabach]; gem. m. H. Leopoldi: Bambuleika [T: Wauwau], Mein Schatz ist bei der Feuerwehr in Kritzendorf [T: Bertl Berndt/Erwin Rosenberg]; gem. m. Charles Amberg: Wenn ich Richard Tauber wär’ [T: L. K.-E./Ch. Amberg]; gem. m. P. Mann: Hunderttausend weiße Rosen [T: H. Haller]; gem. m. H. Wiener u. P. Wehle: Sauerkraut [T: H. Wiener/P. Wehle/L. K.-E.]); Wienerlieder (Petersdorfer-Lied [T: Egon Schubert], Der Wiener Würstelmann [T: L. Einöhrl], Der Wein is lei’wand [T: Erwin Romberg], Bei der Spinnerin am Kreuz [T: E. Romberg], Simmering [T: Charles Berndt/L. K.-E.]; gem. m. B. Uher: Ich hab’ einen Onkel aus Grinzing [T: P. Herz]); Bianca. Valse-Boston f. Kl.
Literatur
Lang 1986; P. Herz in Die Gemeinde 31.7.1964; E. Nyström, Libretto im Progress. Brechts und Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny aus textgeschichtlicher Sicht 2005, 34; M. Kölbel/P. Villwock (Hg.), Bertolt Brecht. Notizbücher 13–15 (1921–1923) 2019, 512f; Neues Wr. Abendbl. 12.2.1914, 4; Neues Wr. Tagbl. 1.12.1921, 9, 19.11.1922, 19f; 17.12.1922, 12, 22.11.1923, 10; Kikeriki 24.12.1922, 6; Die Stunde 1.6.1924, 8, 19.9.1924, 2, 15.9.1927, 6, 3.2.1928, 3; Neues 8 Uhr-Bl. 3.5.1925, 8; Neues Wr. Journal 27.8.1931, 12, 6.5.1934, 23; Der Tag 22.3.1933, 12; Der Morgen 4.12.1933, 6; Ostbahn-Bote 30.12.1934, 14; Komödie 5.4.1924, 14; NFP 15.9.1907, 28; www.klangwege.orpheustrust.at (7/2003); Mitt. Orpheus Trust (7/2003); Geburtsbuch der IKG Wien 1891, RZ 411; Trauungsbuch der IKG Wien Josefstadt 1914, RZ 41; Trauungsbuch der IKG Wien Alsergrund 1927, RZ 41; www.genteam.at (6/2023); www.doew.at (6/2023); eigene Recherchen (www.anno.onb.ac.at); ÖAW, ACDH-CH, Abt. Musikwissenschaft, Teilnachlass L. K.-E.

Autor*innen
Monika Kornberger
Letzte inhaltliche Änderung
1.12.2023
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger, Art. „Krauss-Elka (eig. Krauss), Leopold‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 1.12.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d5d6
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Reisepass 1931
Der Wr. Tag 22.3.1933, 12© ANNO/ÖNB
Reisepass 1958
August 1961

DOI
10.1553/0x0001d5d6
GND
Krauss-Elka(eig. Krauss), Leopold: 139638296
OBV
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