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Kaiserstil
Bezeichnung für den (Musik-)Stil am Hof Kaiser Karls VI. 1962 hat Friedrich Wilhelm Riedel den vom Kunsthistoriker Hans Sedlmayr 1938 geprägten Begriff „Reichsstil“ auf die Musik übertragen. Sedlmayr hatte den Stil am Hof Karls VI. als von diesem ausgehend und für das ganze Reich verbindlich (durchaus vergleichbar mit den von den NS-Machthabern angestrebten „Führerstil“) darzustellen versucht. Riedel griff diese These für den Stil der Hofmusikkapelle auf und versuchte, die Verbreitung des Repertoires im gesamten Bereich des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation in umfassenden Quellenstudien als integrative „Staatskunst“ nachzuweisen. Grundvoraussetzung dazu sei ein Kaiser, der (wie Karl VI.) „sowohl Auftraggeber und Widmungsträger als auch selbst Musiker und Komponist von überdurchschnittlicher Begabung“ sei. Die Kunsthistorie ist schon in den 1970er Jahren von der Reichsstil-These abgerückt und hat diesen Begriff als dem Quellenbefund nicht standhaltend verworfen. Auch die Musikgeschichtsschreibung musste die Tatsache, dass der Kaiserhof keineswegs den Musikstil des gesamten Reiches beeinflusste, ab den 1720er Jahren hingegen viele Fürsten eigene Wege gingen und der Hof zunehmend auch in künstlerische Isolation (wenngleich auch auf höchstem Niveau) geriet, zur Kenntnis nehmen. Daher wird anstelle von Reichsstil oder allenfalls Imperialstil der Begriff K. nunmehr deutlich differenzierter und in erster Linie als Bezeichnung für den Stil des Wiener Kaiserhofes ca. 1710–40 und seiner unmittelbaren Einflussbereiche verwendet. Anlässlich des Hofmusikkapelljubiläums 1998 wurde die Problematik in einem Symposion Gibt es einen Stil der Wiener Hofmusikkapelle? diskutiert.
Literatur
Fr. W. Riedel in [Kgr.-Ber.] Internationaler musikwissenschaftlicher Kongress Kassel 1962, 1963; Fr. W. Riedel in A. Edler/Fr. W. Riedel (Hg.), Johann Joseph Fux und seine Zeit. Kultur, Kunst und Musik im Spätbarock 1996; E. Th. Hilscher in StMw 41 (1992); H. Lorenz in Kunsthistoriker 2 (1985), H. 4–5; H. Sedlmayr (Die politische Bedeutung des deutschen Barocks [Der „Reichsstil“]) in Gesamtdeutsche Vergangenheit 1938.

Autor*innen
Elisabeth Th. Hilscher
Letzte inhaltliche Änderung
25.4.2003
Empfohlene Zitierweise
Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Kaiserstil“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.4.2003, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d380
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.