Hofmannsthal, Hofmannsthal, true
Hugo von
*
1874-02-011.2.1874
Wien,
†
1929-07-1515.7.1929 Wien.
Schriftsteller und Librettist.
1920 gemeinsam mit
M.
Reinhardt Gründer der
Salzburger
Festspiele. Der unter dem Pseud. Loris publizierende junge H.
galt als die überragende literarische Begabung des
Wiener Fin de siècle (
Moderne). Von Anfang an wiesen seine Werke hohe Sprachmusikalität,
ethische Sensibilität, außerordentliche historische Einfühlungskraft sowie ein
ausgeprägtes Reflexionsniveau zur Ontologie der Sprache auf. Im August 1902 erfolgte mit
dem so genannten „Chandos“-Brief der Ausbruch einer zumindest literarisch gestalteten
massiven Sprachkrise, die H.s Neigung zu nicht logisch-diskursiven
Sinnstiftungsstrategien wie Musik,
Tanz,
Pantomime, Ausstellung und
liturgischen Feiern in der Folge nachhaltig verstärkte. Im berühmten Essay
Die
ägyptische Helena (1928) stellte H. ex post die Notwendigkeit heraus, die
sein Werk seit jeher zur Form der
Oper als
Überwindung von Sprachkrisen tendieren ließ. Ab 1900 Aufnahme der Korrespondenz mit
R. Strauss, der 1906 mit
der Vertonung von H.s
Elektra (1903) begann (UA 1909). Gemeinsam mit R.
Strauss folgten als Opern
Der Rosenkavalier (1911),
Ariadne auf
Naxos (1912/16),
Die Frau ohne Schatten (1919),
Die ägyptische Helena (1928) und
Arabella, deren
UA 1933 H. nicht mehr erlebte. Die Pläne zur
Liebe der Danae wurden
schließlich von
J. Gregor zu
einem endgültigen Libretto verarbeitet, gemeinsam mit Harry Graf Kessler entwarf H. die
Handlung für das 1912 in Paris
uraufgeführte
Ballett
Josephs Legende.
Der 1952 erstmals erschienene Briefwechsel mit R. Strauss gilt als
Kardinaldokument geistigen Austausches zwischen einem Musiker und Dichter genauso wie
ein Exempel humaner Empathie und diskreten Takts. Im Brief von Mitte Juli 1911 an
Strauss gibt H. die prägnanteste Interpretation seines gesamten Werks, das auf dem
künstlerischen Austrag der beiden gegensätzlichen Pole von „Verwandlung“ und „Beharren“
basiert. Auch andere Komponisten schöpften Inspiration aus dem Werk H.s, nämlich
A. Zemlinsky mit
dem Ballett Das gläserne Herz (1900/04) nach der Vorlage von
Der Triumph der Zeit,
E. Wellesz mit der Tragödie
Alkestis (1924), Alexandr Tscherepnin mit der Vertonung des
dramatischen Gedichts Die Hochzeit von Sobeide (1933), Rudolf
Wagner-Régeny mit Das Bergwerk von Falun (1961) sowie das
verlorengegangene Werk Ödipus und die Sphinx (1909/13) von Edgar
Varèse.
In zahlreichen Reden, Aufsätzen und Essays beschäftigte sich H. v. a. in der
Zwischenkriegszeit mit der österreichischen Musiktradition, v. a. die Werke Ch. W. Glucks, J. Haydns und W. A. Mozarts wurden
für H. zu willkommenen Elementen für die Herausarbeitung von ästhetischen Kriterien
einer österreichischen Identität,
aber auch L. v. Beethoven
(Rede 1920), Fr.
Schubert und Rich.
Wagner spielten eine bedeutende Rolle in H.s geistiger Welt. Werkanalyse
und Rezeptionsgeschichte erlauben die Feststellung, dass H.s Gesamtwerk bis in sein
Innerstes in Gehalt und Form so tief und nachhaltig von musikalischen Parametern und
musischen Verfahrensweisen geprägt ist wie kaum ein zweites, das der österreichischen
Kultur der Moderne angehört.
Büste im Foyer des „Hauses für Mozart“/Felsenreitschule
Salzburg (s.
Abb.); Grab ehrenhalber am Friedhof Kalksburg (Wien XXIII).
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21.4.2023
Harald Haslmayr,
Art. „Hofmannsthal, Hugo von“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
21.4.2023, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d1cc
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