Vor diesem Hintergrund sind zwei einschlägige wissenschaftliche Initiativen in Österreich zu sehen: (1) Die von H. Kaufmann initiierte, Prämissen der Frankfurter Schule (Th. W. Adorno) verpflichtete Gründung des Instituts für Wertungsforschung und kritische Musikästhetik an der Akademie (Hochschule) für Musik und darstellende Kunst Graz (1967); in jährlichen Symposien gelangen dort Voraussetzungen und Formen musikalischer Urteilsbildung zur Diskussion. (2) Die Einrichtung eines Institutes für M. H. an der MHsch. Mozarteum Salzburg (1989). Die hier institutionalisierte Zielsetzung einer zeitgemäßen H.-Debatte auf dem Feld der Musikwissenschaft wird wesentlich von einem von G. Gruber und Siegfried Mauser initiierten Arbeitskreis (1989ff.) verfolgt. Bedeutsame Impulse, den Begriff einer M. H. einer kritischen Revision zu unterziehen, gingen dabei von dem von Carl Dahlhaus herausgegebenen Sammelband M. H. (1975) sowie neueren Methodendiskussionen zum Kunstverstehen in den Geisteswissenschaften aus. Interne sowie öffentlich zugängliche Kolloquien mit Fachkollegen (u. a. mit Hans-Heinrich Eggebrecht, Ludwig Finscher, Constantin Floros) und Vertretern der Nachbardisziplinen (u. a. H.-G. Gadamer, Hans Robert Jauß, Karl Stierle) finden ihren Niederschlag in Einzelpublikationen sowie einer eigenen Schriftenreihe. Dabei sind persönliche Akzentuierungen in der Themen- und Methodenwahl zu bemerken. So erfährt schon der zentrale Begriff des musikalischen Verstehens unterschiedliche Ausprägungen. Kontinuität signalisieren dagegen die ähnlich gelagerten Interessen für Methodenreflexionen im Hinblick auf rezeptionsgeschichtliche Phänomene, zudem die anhaltende Auseinandersetzung mit der Wirkungsgeschichte einzelner Komponisten und der musikalischen Gattungen.
C. Dahlhaus (Hg.), M. H. 1975; G. Gruber/S. Mauser (Hg.), Schriften zur m. H. 1992ff; S. Mauser (Hg.), Hb. der musikalischen Gattungen 1993ff; G. Gruber, Mozart und die Nachwelt 1985; G. Gruber, Mozart verstehen 1990; W. Gratzer, Komponistenkommentare. Beiträge zu einer Gesch. der Eigeninterpretation 2003.