Der aus der Steiermark gebürtige J. A. Stranitzky verhalf der Figur des „Wienerischen H.“ zum Durchbruch; binnen kurzem besaß jede deutschsprachige Theatergesellschaft einen H. Stranitzky, der sich nach Anfängen als Puppenspieler in Bayern seit 1705 in Wien festsetzte und hier bis zu seinem Tod am Kärntnertortheater wirkte, ließ seinen H. ausschließlich in den „Haupt- und Staatsaktionen“ auftreten, wo er die pathos- und affektgeladene Atmosphäre der höfischen Welt mit seinem derb-komischen Spiel kontrastierte. Sein Nachfolger G. Prehauser hingegen trat bereits in der Burleske auf, die sich, getragen von einem weithin gerühmten Stegreifensemble, seit etwa 1730 in Wien nach italo-französischen Vorbildern herausbildete. Die Handlungskomik trat in den Vordergrund; H. wurde aus seiner souveränen Rolle in das Zusammenspiel mit anderen komischen Figuren gedrängt, behielt aber die Führungsrolle.
Seit dieser Zeit bildete auch die Musik ein wichtiges Wirkungselement des komischen Genres. Den neuen Direktoren des Kärntnertortheaters, F. Borosini und F. Jos. Selliers, wurden statt der projektierten öffentlichen Opernaufführungen nur „Comödien mit einigen untermischt gesungenen Intermedien“ gestattet; Intermezzi musicali bzw. in die Haupthandlung eingebaute Musiknummern (Komödienarien) wurden zur Hauptattraktion des Wiener Theaters, die auch sofort im Ausland als „nach Wiener Art eingerichtete Musica Pernesca oder teutsche Operetta“ nachgeahmt wurde.
Neben H., der fortan in beinahe allen Repertoirestücken des Wiener Kärntnertortheaters mit Solo-Arien bzw. in (meist mit Colombina gesungenen) Duetten hervortrat, ist es seit dem Engagement von J. F. v. Kurz (1737) besonders die Figur des Bernardon, der als zweiter Komiker Gesangspartien übernahm. Kurz-Bernardon trat auch als Wanderbühnenprinzipal und Stückeschreiber hervor; für seinen Neuen krummen Teufel komponierte J. Haydn die Musik.
Nach Prehausers Tod und der Abwanderung der Volkskomödie in die Vorstadttheater übernahm der von der „Badener Truppe“ in das Theater in der Leopoldstadt übersiedelte „Kasperl“ Ende der 1760er Jahre die Rolle H.s und Bernardons. Für ihn, der von Johann Laroche (1745–1806) verkörpert wurde, komponierte W. Müller zahlreiche Arien. Auf Kasperl folgten noch als letzte komische Volkstypen „Thaddädl“, den A. Hasenhut kreierte, und schließlich die von A. Bäuerle für I. Schuster geschaffene Figur des „Staberl“, mit der die Typenkomik des Volknarren H. endgültig von der Charakterkomik einer individuellen Bühnenfigur abgelöst wurde.
J. Bolte, Die Singspiele der engl. Komödianten und ihrer Nachfolger 1893; R. Haas in ZfMw 3 (1920); V. Helfert in ZfMw 5 (1922); R. Haas in StMw 12 (1925); H. Hohenemser, Pulcinella, Harlekin, H. 1940; O. Rommel, Die Alt-Wiener Volkskomödie 1952; W. Flemming in Reallex. der dt. Literaturgesch. 2 1958; Dt. Komödienarien 1754–1758, T. 2, veröff. v. C. Schoenbaum u. H. Zeman in DTÖ 121 (1971); H. G. Asper, H.: Studien zum Lustigmacher auf der Berufsschauspielerbühne in Deutschland im 17. und 18. Jh. 1980; P. Csobádi et al. (Hg.), [Kgr.-Ber.] Die lustige Person auf der Bühne. Salzburg 1993, 2 Bde. 1994; J. Hein, Das Wiener Volkstheater31997; Wiener Comödienlieder aus drei Jh.en, hg. u. bearb v. B. Glossy u. R. Haas 1924; Dt. Komödienarien 1754–1758, T. 1, bearb. v. R. Haas in DTÖ 64 (1926); Teutsche Arien, Welche auf dem Kayserlich-privilegirten Wienerischen Theatro in unterschiedlich producirten Comoedien, deren Titul hier jedesmahl beygedrucket, gesungen worden: Cod.ms 12706–12709 der Wiener Nationalbibliothek , hg. v. M. Pirker 1 (1927) u. 2 (1929).