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Fichtl Fichtl true (versch. Schreibweisen), Familie
Aus Füssen stammende Lauten- und Geigenmacher. Bis 1670 sind die Schreibweisen Fichtold, Fichthold oder Vichtold üblich, danach nur mehr Fichtel oder Fichtl. Bletschacher zählt nicht weniger als 30 Träger einer dieser Namensvarianten auf, die im süddeutschen und österreichischen Raum nachweisbar sind (hier nur die in Österreich tätigen).

Martin: * 4.11.1649 Füssen/D, † 23.2.1707 Wien. Wurde lt. Layer als Sohn des Vorsingers Jakob F. und seiner Frau Barbara in Füssen geboren. Es ist anzunehmen, dass er auch dort seine Ausbildung erhalten hat. In Wien ist er erstmals am 9.9.1684 nachweisbar, als er hier das Bürgerrecht erlangte. In den (leider nicht lückenlos erhaltenen) Steuerbüchern ist er 1690–99 eingetragen. 1696 finden wir ihn als Gründungsmitglied der Wiener Lautenmacher Innung. F. starb 1707 im „Moritzischen Haus“ in der Leopoldstadt, als Todesursache ist im Totenprotokoll „Hitz=Steckh Cathar und Frais“angegeben. F.s Tochter Christina heiratete am 15.10.1719 in der Pfarre St. Stephan den Maler Anton Weissenregner. Trauzeuge war der Hoforgelmacher Joseph Renner (Römer; QGW Reg. 7370). Eine weitere Tochter, Regina Gertrud (ca. 1696–1749), ehelichte am 8.2.1728 den Conrad Wörl (Werl, Wörle) aus Vils, damals angehender bürgerlicher Lautenmacher (QGW Reg. 7467). Als Trauzeugen sind vermerkt A. Posch, Hoflautenmacher, und der Bruder der Braut, Martin Mathias F. Martin F.s Witwe Ursula (* ca. 1656) starb am 10.9.1742 in jenem Haus am Judenplatz, das auch Wohnsitz des Schwiegersohns Conrad Wörle war.

Lt. Lütgendorff arbeitete F. nach einem kleinen Stainer-Modell, wobei allerdings seine Arbeit als unansehnlich beschrieben und auch die Lackarbeit negativ beurteilt wird. Sein Sohn

Martin Mathias: * zw. 1682/85, † 23.6.1767 Wien. Er war vermutlich der Schüler seines Vaters. Den Bürgereid legte er am 27.9.1724 ab. Am 9.4.1725 heiratete er in der Pfarre St. Michael Eva Susanna Beer (* ca. 1673, † 22.10.1742), Witwe des Geigenmachers A. Beer (QGW Reg. 8276). Als Trauzeugen zeichneten die Geigenmacher A. Posch und J. Ch. Leidolff. Eva Susanna Beer hatte 1722 von ihrem verstorbenen Mann u. a. ein Haus in der Naglergasse (spätere Adresse: Stadt Nr. 175) geerbt. Dieses ging nach ihrem Tod 1742 in das Eigentum von F. über. Der Geigenmacher verheiratete sich in der Pfarre St. Michael neuerlich am 9.7.1748 (QGW Reg. 8431). Er führte die Drechslerswitwe Maria Anna Rupasch (Kupasch?; * ca. 1717, † 27.10.1791) heim, als Trauzeuge fungierte der Schwager Conrad Wörle. Laut Grundbuch wurde die zweite Gattin 1760 Miteigentümerin des Hauses, welches einen beträchtlichen Wert darstellte. Im Behausten Buch der vorangegangenen Jahre ist ein Zinsertrag von jährlich 220–504 fl angegeben. Trotzdem dürfte es nach 1760 zu finanziellen Schwierigkeiten gekommen sein, da das Haus 1764 gerichtlich exekutiert werden musste. In den Wiener Steuerbüchern scheint F. ab 1726 auf. 1749 liegt er mit 9 fl jährlich im Spitzenfeld der Wiener Geigenmacher. 1765 war die Steuerleistung auf 4 fl zurückgegangen, was sicher mit seinem hohen Alter in Verbindung zu bringen ist. Danach dürfte er kaum mehr gearbeitet haben, und 1768 findet sich der Zusat„ist gestorben, und das gwöerb freyeend.” Tatsächlich starb F. am 23.6.1767 an der „Abzehrung“. Seinen letzten Wohnsitz hatte er „bey denen Fr. Misericordia“, was als weiterer Hinweis auf seine schlechte wirtschaftliche Situation zu werten ist.

Seine Instrumente sind in jeder Hinsicht von hoher Qualität. Er arbeitete nach einem hoch gewölbten Stainer-Modell und verwendete nur erstklassiges Holz. Neben der guten Lackarbeit sind es aber in erster Linie die klanglichen Eigenschaften, die für die große Nachfrage ausschlaggebend sind. Bereits in der Ausgabe von 1922 von Lütgendorffs Nachschlagewerk wird die Seltenheit der Geigen damit erklärt, dass sie „in den letzten 20 Jahren massenhaft nach England und Amerika verkauft wurden, wo sie, mit Stainer- und Albanizetteln versehen, weit besser bezahlt wurden als in Wien.“

Johann Anton: * 3.7.1678 Wien?, erwähnt 1715–1728. Die publizierten Angaben zur Person von J. A. F. sind widersprüchlich. Layer vermutet, er wäre ein Sohn von Martin F. gewesen. Demgegenüber gibt Bletschacher an, er wäre ein Sohn des 1679 in Wien verstorbenen Franz F. gewesen und zum oben mitgeteilten Datum in Wien geboren worden. Als Todesjahr für J. A. gibt er 1742 an, was jedoch in den Totenprotokollen keine Bestätigung findet. Am 22.5.1719 verheiratete sich F. als bürgerlicher Lautenmacher mit Anna Margaretha Klein in der Pfarre St. Stephan. Als Trauzeuge wirkte der Geigenmacher Andreas (Beer; QGW Reg. 7366). Dem Paar wurde wenige Jahre später eine Tochter geboren, die allerdings bereits im Alter von sechs Wochen am 14.10.1723 starb. Als Wohnsitz ist das „Pickische Haus“ in der Leopoldstadt angegeben. Das Bürgerrecht dürfte F. 1715 erlangt haben, da er – entgegen der anders lautenden Mitteilung bei Lütgendorff – ab 1716 in den Wiener Steuerbüchern aufscheint. Bereits 1728 findet sich der Zusatz: „weillen er gänzlich verarmet, dardurch auch seiner profehsion nicht mehr vorstehen können der ausstand auch an ihme nicht zuerhollen gewest, sambt disen in abthuung gebracht worden.”

Magnus Anton:* 1748 Leichbrugg/Schwaben [?, ev. Lechbruck am See/D], † 4.12.1792 Krems/NÖ. Während Biba das Geburtsjahr 1748 angibt, soll F. lt. Bletschacher am 5.1.1736 in Füssen als Sohn des Christoph F. zur Welt gekommen sein. Dieser gibt ferner an, dass der Geigenmacher 1765 in Füssen die Maria Regina Hauser ehelichte. Danach soll er sich in Krems niedergelassen haben, wo er 1775 vom Magistrat eine Befugnis als Lauten- und Geigenmacher erhielt. Drei Jahre später erwarb er in dieser Stadt ein Haus und legte am 12.1.1779 den Bürgereid ab. Biba vermutet, dass es finanzielle Schwierigkeiten waren, die ihn 1780 zum Verkauf des Hauses veranlassten; 1783 war er jedoch neuerlich Hausbesitzer. Falls sich die Angaben Bletschachers tatsächlich auf den hier zu behandelnden Geigenmacher beziehen, muss dieser inzwischen Witwer geworden sein, da er 1784 die Tischlerstochter Maria Stadler ehelichte. Lütgendorff gibt an, er habe ab 1790 das Amt des Stadtkämmerers ausgeübt; lt. Biba trifft das erst ab 1792 zu. Wenig später starb F. an der Abzehrung. Seine Witwe, auf die die Handwerksbefugnis übergegangen war, heiratete bereits am 16.6.1793 den Geigenmacher Johannes Albrecht (1766–1828), der somit Geschäftsnachfolger von F. wurde. F. arbeitete nach dem Stainer-Modell, seine Geigen zeichnen sich durch gute Holzwahl und den schönen, rötlichen Lack aus. Biba weist mehrere Instrumente in historischen Inventaren nach. Dass heute praktisch keines dieser Instrumente bekannt ist, könnte damit zusammenhängen, dass auch seine Geigen für Fälschungszwecke missbraucht wurden.


Literatur
Lütgendorff 1975 u. 1990; O. Biba in [Kat.] 1000 Jahre Kunst in Krems , 1971, 432; O. Biba in Mitt. des Kremser Stadtarchivs 11 (1971); R. Bletschacher, Die Lauten- und Geigenmacher des Füssener Landes 1978; W. Hamma, Geigenbauer der Deutschen Schule des 17. bis 19. Jh.s 1 (1986); P. Harrer, Wien 1/1 (21951), 94; A. Layer, Die Allgäuer Lauten- und Geigenmacher 1978; R. Maunder in The Galpin Society Journal 52 (1999), 33; R. Schaal in StMw 26 (1964), 198; Quellen zur Geschichte der Stadt Wien 16 (1895–1921), Reg. 7366, 7370, 7467, 8276, 8431. – Archivalien: WStLA, Unbehaustes Buch 1690–1699; WStLA, Totenprotokoll 1707, fol. 274; WStLA, Unbehaustes Buch 1715–1735; WStLA, Unbehaustes Catastrum 1749 – 1775; WStLA, Behaustes Buch in der Stadt de Anno 1749 usque ad Annum 1775, fol. 584 v.; WStLA, Totenprotokoll 1753, fol. 35; WStLA, Totenprotokoll 1767, fol. 16.

Autor*innen
Rudolf Hopfner
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Hopfner, Art. „Fichtl (versch. Schreibweisen), Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0002037e
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0002037e
GND
Fichtl Martin: 133802817
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Fichtl Martin Mathias: 133773418
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Fichtl Johann Anton: 133773183
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Fichtl Magnus Anton: 133802612
OBV
Weiterführende Literatur

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