
Femina
Kleinkunstbühne in Wien I, gegründet 1913.
Die anstelle des Kabaretts Fledermaus im Keller des Gebäudes Kärntner Straße 33/Johannesgasse 1 (Wien I) gegründete Revuebühne F. erhielt im Oktober 1913 die Betriebsbewilligung als Revuetheater und Nachtlokal. Zunächst von Moriz Lindner geleitet, übernahm im April 1914 E. Schwarz die Lizenz, der die F. gemeinsam mit seinem Bruder Arthur schon beim ersten Programm als Direktor geleitet hatte. Am 18.10.1913 eröffnete die F. mit der UA der Revue So leben wir mit Einlagen von Richard Hirsch, Harry Waldau und B. Hart unter der musikalischen Leitung von Oskar Steiner, der von der Fledermaus übernommen worden war. Gespielt wurde zweimal täglich um 20 Uhr und 23 Uhr. In der Folge brachte die F. regelmäßig eine neue Revue auf die kleine Bühne, zunächst ein Großteil davon von Steiner komponiert, später etwa von K. M. May oder R. Stolz. Im Herbst 1915 wurde zusätzlich eine Bar mit Musik errichtet. Anlässlich der Wiedereröffnung am 31.10.1917 nach einjähriger Pause präsentierte man die Revue Hallo F.! (F. Lehner, T: F. Grünbaum). Lehner fungierte bis 1924 als Hauskomponist und komponierte rund 20 Revuen für die F. Eine Ausnahme bildete die Operetten-Revue Der große Schlager von W. Engel-Berger (T: A. Rebner), die am 7.2.1920 uraufgeführt wurde. 1922 erfolgte ein Umbau (neue Logen, neue Stiege). Die letzte Revue vor der eineinhalbjährigen Pause aufgrund einer Wirtschaftskrise, die zahlreiche Wiener Theater und Etablissements betraf, So wird’s gemacht (M: F. Lehner, T: K. Farkas), wurde am 10.2.1924 uraufgeführt und lief bis Ende April. Die Wiedereröffnung am 1.12.1925 bestritt das populäre Ensemble Leopoldi-Wiesenthal rund um die Brüder H. und F. Leopoldi und Fritz Wiesenthal (u. a. mit K. Farkas und O. Karlweis) im Rahmen eines zweimonatigen Gastspiels. Danach boten die Brüder Schwarz ein varietéähnliches Programm unter dem Titel Präger fliegt zum Nordpol, in dem u. a. B. Laszky mitwirkte. Daraufhin folgte eine weitere Schließung. 1926 umfasste die F. einen großen Saal mit Parkett (100 Personen), Logen (40 Personen) und Balkon (53 Personen) sowie einen kleinen Saal mit Parkett (50 Personen) und drei Logen (15 Personen). Im Oktober 1926 startete die F. unter dem Barbesitzer und neuen Pächter Wilhelm (Vilmos) Gyimes (* 21.3.1894 Budapest, † 3.3.1977 Los Angeles, CA/USA) zunächst als Tanzbar mit Jazz von The 5 Berhels und dem Ziel, „die billigste Bar Wiens“ (Wr. Allgemeine Ztg. 30.9.1926) zu werden. Auf Revue oder Kabarett wurde anfangs verzichtet, zwei Monate später verband Gyimes Publikumstanz mit Livemusik und Revueeinlagen zu einem „Revuebilderbogen“ und verlegte die fünfköpfige Band von der Bühne in den Tanzbereich. Der Programmwechsel erfolgte vierzehntägig. Im Februar 1927 folgten kurze Revuegastspiele in Kooperation mit den Brüdern Schwarz. Im April erhielt der „Bilderbogen“ erstmals einen Titel (Apropos, ein kleines Eis, Fräulein), für den verbindenden Text zeichnete F. Löhner verantwortlich. Ab September 1927 setzte Gyimes wieder auf Revuen und eröffnete mit Für Sie, meine Herren…! (M: R. Katscher und W. Engel-Berger). Ab 1928 fungierten H. Wiener (auch als Hauspianist) und K. Breuer als Hausautoren für die zahlreichen Revuen, die im ein- bis zweimonatigen Abstand wechselten. Die Musik zu den Revuen stammte u. a. von R. Schwarz, P. Mann, H. Werner, K. M. May). Unter Gyimes erfolgten auch zwei bauliche Änderungen (Einbau einer 1,5 m breiten Drehscheibe 1932 und Errichtung eines zusätzlichen Requisitenraums 1937). Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers (Nationalsozialismus) endete die Ära Gyimes/Wiener/Breuer, und die F. wurde arisiert (s. Abb.). Zunächst unter dem kommissarischen Leiter Hans (Eduard?) Zatlasch geführt, übernahm spätestens 1939 der gelernte Kellner Franz Oetzelt, der davor lange Jahre in der F. gearbeitet hatte, die Bühne. In dieser Zeit lieferten P. Wehle, W. Gibisch und vor allem der musikalische Leiter F. Thurner die Musik zu den Revuen, die nun jeweils mehrere Monate lang liefen. Nach dem Tod Oetzelts im März 1944 übernahm dessen Ehefrau Stefanie die Leitung. Die nachweislich letzte Revue an der F., Hält man das für möglich? (M: F. Thurner), dürfte bis Ende August 1944 gelaufen sein.
Literatur
E. Günther, Geschichte des Varietés 1981, 118, 121; H. Wiener, Zeitensprünge 1977; F. Kothes, Die theatralische Revue in Berlin und Wien 1977; H. Veigl, Lachen im Keller 1986; Neues Wr. Tagbl. 22.10.1913, 16, 1.11.1924, 9, 25.12.1925, 13, 1.4.1927, 10, 21.5.1938, 10 (6-Uhr-Abendbl.), 4.10.1938, 7, 9.7.1941, 5; Wr. Allgemeine Ztg. 30.9.1926, 5, 2.12.1926, 4; Neues Wr. Journal 21.10.1913, 7; Die Stunde 18.10.1924, 1, 3.2.1926, 6, 10.10.1926, 6, 31.10.1926, 6; Neuigkeits-Welt-Bl. 25.10.1924, 3; Neues 8-Uhr-Bl. 1.12.1925, 8; Der Tag 25.8.1927, 7; Dt. Theater-Adreßbuch 7 (1917) u. 8 (1918); www.geschichtewiki.wien.gv.at (11/2024); eigene Recherchen (www.anno.onb.ac.at).
E. Günther, Geschichte des Varietés 1981, 118, 121; H. Wiener, Zeitensprünge 1977; F. Kothes, Die theatralische Revue in Berlin und Wien 1977; H. Veigl, Lachen im Keller 1986; Neues Wr. Tagbl. 22.10.1913, 16, 1.11.1924, 9, 25.12.1925, 13, 1.4.1927, 10, 21.5.1938, 10 (6-Uhr-Abendbl.), 4.10.1938, 7, 9.7.1941, 5; Wr. Allgemeine Ztg. 30.9.1926, 5, 2.12.1926, 4; Neues Wr. Journal 21.10.1913, 7; Die Stunde 18.10.1924, 1, 3.2.1926, 6, 10.10.1926, 6, 31.10.1926, 6; Neuigkeits-Welt-Bl. 25.10.1924, 3; Neues 8-Uhr-Bl. 1.12.1925, 8; Der Tag 25.8.1927, 7; Dt. Theater-Adreßbuch 7 (1917) u. 8 (1918); www.geschichtewiki.wien.gv.at (11/2024); eigene Recherchen (www.anno.onb.ac.at).
Autor*innen
Monika Kornberger
Letzte inhaltliche Änderung
6.2.2025
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger,
Art. „Femina“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
6.2.2025, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x003e3035
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