Favorita
Der weitläufige Komplex der heutigen Theresianischen Akademie (
Wien IV, Favoritenstraße 15), der bis
Karl VI. zu den beliebtesten Sommerresidenzen des Wiener Hofes gehörte; war einer der wichtigsten Aufführungsorte der Wiener Barockoper (
Barock,
Oper). 1614 durch das Kaiserhaus angekauft, diente es zunächst den Frauen bzw. Witwen von Kaiser Matthias, Ferdinand II.
Eleonora Gonzaga [I.] und Ferdinand III. (
Eleonora Gonzaga [II.]) als Sitz. 1642–55 wurde der ehemalige Gutshof durch Giovanni Battista Carlo über Auftrag von Kaiserinwitwe Eleonora (I.) zu einem barocken Lustschloss umgebaut und nach der berühmten Sommerresidenz der Gonzaga
F. benannt (erste Erwähnung des Namens 1642, 1623 schon als „Favoritenhof“). Bereits 1622 veranstaltete hier Eleonora mit ihren Hofdamen zum Geburtstag des Kaisers eine
Invenzione in musica; 1633 wurde für denselben Anlass Lope de Vegas Drama
El Vellocino de Oro aufgeführt. Hören wir in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens nur sporadisch von Aufführungen in der
F., fanden hier unter
Leopold I. von 1659 bis zu dessen Verehelichung im Jahre 1666 regelmäßig die Festopern zu seinem Geburtstag sowie die anderen in die Sommerzeit fallenden Festveranstaltungen statt, welche von ihrer Besitzerin, der Kaiserinwitwe Eleonora II. veranstaltet wurden. Im Türkenjahr 1683 brannte die
F. bis auf die Grundmauern nieder; nach ihrem Wiederaufbau, an dem vermutlich auch der Theaterarchitekt
L. O. Burnacini beteiligt war, fanden hier ab 1691 wieder regelmäßig die Festopern zum Geburtstag des Kaisers und zum Namenstag der Kaiserin statt. Neben dem eigentlichen Theatergebäude, dem auf Georg Matthäus Vischers Topographie von 1672 erkennbaren dreigeschossigen „Comoedi Saal“, werden auch andere Räume des Schlosses als Spielorte herangezogen; besonders beliebt aber waren Aufführungen im Freien, die entweder
„bey der Grotta" (z. B. 1693
La madre degli Dei von
N. Minato und
A. Draghi) oder am Teich (
„sulla Pescheria“, z. B. 1699
L’Euleo festeggiante von
G. Bononcini oder in den beiden Folgejahren
La costanza d’Ulisse von
D. Cupeda und
C. A. Badia bzw.
Gli ossequi della notte von Cupeda und
M. A. Ziani) aufgeführt wurden. Die Dekorationen stammten bis 1707 von L. O. Burnacini, ab 1710 von Mitgliedern der Familie
Galli Bibiena. Von Ferd. und Gius. Galli Bibiena stammte auch die Dekoration für die bekannteste Freilichtaufführung der
F., die am 14.9.1716 aufgeführte Festa teatrale
Angelica, vincitrice di Alcina (
P. Pariati, M:
J. J. Fux). Auch für diese monumentale Inszenierung wurde der Teich als Schauplatz von Seeschlachten herangezogen, transparente Dekorationen – eine Spezialität der Bibienas – fanden erstmals Erwähnung. Lady Montague wohnte dieser Vorstellung bei und bezifferte die Kosten mit 30.000 Pfund Sterling (nach heutigem [2002] Geld ca. 18 Mio Euro). Ebenfalls in der
F. fanden die meisten „Augustini-Opern“ statt, die Karl VI. zum Geburtstag seiner Gattin Elisabeth Christine (28.8.) aufführen ließ. Nachdem Karl in der
F. 1740 verstarb, wurden von seiner Tocher
Maria Theresia fortan alle Feste nach
Schönbrunn verlegt. 1746 wird die
F. an die
Jesuiten verkauft und in die heute noch bestehende Theresianische Akademie umgewandelt.
Nicht verwechselt darf die F. oder auch neue F. mit der sog. alten F. werden, dem heutigen Augarten (Wien II). Diese wurde ebenfalls um 1614 durch Kaiser Matthias erworben. Kaiser Ferdinand III. ließ den Garten anlegen und Leopold I. baute ein bereits bestehendes kleines Palais zu einem Lustschloss um. Ebenfalls 1683 verwüstet, wurden Garten und Schloss in der heute bekannten Form durch Karl VI. wieder aufgebaut – zur Unterscheidung wurde dieses Palais nun als alte F. bezeichnet im Gegensatz zur neuen F., dem späteren Theresianum. Musikgeschichtliche Bedeutung erhielt die alte F. nach der Öffnung des Gartens für die Allgemeinheit 1775 durch die Veranstaltung von Akademien
(„Augartenkonzerte“), bei denen u. a. auch W. A. Mozart auftrat.
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Otto G. Schindler
Elisabeth Th. Hilscher
18.2.2002
Otto G. Schindler/
Elisabeth Th. Hilscher,
Art. „Favorita“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
18.2.2002, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001cd28
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